Mit einer umfangreichen Modernisierung der Bruno-Taut-Siedlung an der Argentinischen Allee sorgt die GEHAG für viel Unmut unter den Mietern. Doch die Bewohner haben sich nicht klein kriegen lassen. Der Modernisierungszug gerät ins Stocken.
Als Anfang 2005 das einstige kommunale Wohnungsunternehmen GEHAG von der HSH Nordbank an das Investmenthaus Oaktree Capital Management verkauft wurde, hatten die Mieter schon eine lange Privatisierungsodyssee hinter sich. Doch für die Siedlung war der Besitzwechsel vom Land Berlin zur WCM und zur HSH ohne größere Bedeutung geblieben. Die Siedlung selbst ist ein Beispiel für hervorragende Stadtbaukunst in den 20er Jahren (lesen Sie hierzu auch unsere Titelgeschichte auf Seite 14: „Zeitlose Moderne: Das Neue Bauen der 20er Jahre“).
Offensichtlich aber haben die neuen Vermieter nicht mit einer so großen Zahl von Mietern gerechnet, die aus finanziellen Gründen der Modernisierung widersprechen würden, auch hatten sie die Verwurzelung der Bewohner in ihrem Quartier unterschätzt. Bei den geplanten Modernisierungsmaßnahmen handelt es sich vor allem um die Umstellung von Gasetagenheizungen auf Fernwärme. Ergänzend sind eine Badsanierung, der Einbau einer Gegensprechanlage und die Verstärkung der elektrischen Steigeleitung vorgesehen. Die Maßnahmen sollen zu einer Mieterhöhung von 1,53 Euro pro Quadratmeter monatlich führen, was einer Steigerung von mehr als 30 Prozent entspricht. Zukünftig wäre außerdem mit höheren Kosten für Heizung und Warmwasser zu rechnen. Viele der 438 Mietparteien lehnen dieses Vorhaben ab. Allerdings: „Je länger der Nervenkrieg dauert, desto mehr gibt es Mieter, die dem Druck nicht standhalten“, bedauert Barbara Boroviczény, Mietersprecherin aus der Siedlung. Letztendlich sieht es so schlecht für die Mieter aber nicht aus. In mehr als 50 Fällen muss die GEHAG die Zustimmung zur Modernisierung nun gerichtlich erzwingen. Ob sie damit durchkommt, ist zweifelhaft, denn dass die Umstellung von Gasetagenheizungen auf Fernwärme in vollem Umfange mietwirksam sein soll, ist nicht nachvollziehbar.
Für die Mieter ist die Umstellung außerdem mit einer Verschlechterung des Wohnkomforts verbunden, weil Gasetagenheizungen flexibler zu handhaben sind. Ebenso wenig einsehbar ist für viele Mieter, warum die Bäder modernisiert werden sollen – etliche haben mit Erlaubnis des Vermieters vor Jahren ihr Bad in Eigenregie modernisiert.
Die angepeilten Modernisierungsmaßnahmen zeigen wieder einmal, welche negativen Konsequenzen für die Mieter mit einer Privatisierung verbunden sein können.
Reiner Wild
MieterMagazin 4/06
‚Die Mieter halten dem Druck nicht mehr stand‘: Mietersprecherin Barbara Boroviczény
Foto: Rolf Schulten
18.04.2013