Nachdem die tschechische Umweltinspektion wegen illegaler Mülltransporte aus Deutschland um Hilfe rief, sah sich Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) zum Handeln gezwungen. Stärkere Grenzkontrollen und schärfere EU-Richtlinien sollen her.
Rund 20.000 Tonnen Abfälle seien in den letzten Monaten aus Deutschland illegal nach Tschechien transportiert worden, schätzt die tschechische Umweltinspektion. Auch nach Polen und in die Niederlande wird Müll unerlaubterweise ausgeführt. Hintergrund sind die in der Regel deutlich niedrigeren Entsorgungskosten vor allem in Osteuropa. Schlägt die Entsorgung in Deutschland mit durchschnittlich 200 Euro je Tonne zu Buche, so fallen in Tschechien oder Polen höchstens die Hälfte dieser Kosten an – die Transportkosten schon eingerechnet. Auch eine Studie des Bundeskriminalamtes bestätigt, dass Müll in verstärktem Maße nach Osteuropa transportiert und dort in nicht zugelassenen Abfallentsorgungsanlagen „verwertet“ wird.
Bundesumweltminister Gabriel will in Anbetracht dieser Entwicklung schärfere EU-Richtlinien für den Müllhandel. Das Ziel sei, so äußerte er sich gegenüber der „Welt am Sonntag“, die Verwertung von Müll im Ausland gänzlich zu verbieten. Außerdem sollen strengere Kontrollen an den Grenzen die illegale Ausfuhr so genannter Verwertungsabfälle stoppen. Das aber erscheint ausgesprochen schwierig. Beim Hauptzollamt in Frankfurt/ Oder sieht man keine Handhabe, den Müllhandel zu stoppen. Seit Mai 2005 ist Polen Mitglied in der EU und damit sei der Warenverkehr nach Polen und aus Polen nicht mehr zu kontrollieren, erklärte die Pressestelle gegenüber dem MieterMagazin. Der Zoll sei zuständig für den Warenverkehr aus Nicht-EU-Ländern. An der Grenze gäbe es nur noch Personenprüfungen, durchgeführt von der Bundespolizei. Kontrollen von Mülltransporten finden im Bereich des Hauptzollamtes Frankfurt/Oder zumindest von der Zollbehörde nicht statt. Dass bestimmte Abfälle nicht ausgeführt werden dürfen, war der Pressestelle nicht bekannt.
rw
MieterMagazin 5/06
On Tour: Deutscher Müll wird preiswert, aber illegal ins Ausland verbracht
Foto: Maik Jespersen
30.07.2013