Ein kühler Raum bei warmen Außentemperaturen, eine Kirche in Friedrichshain als Rahmen für ein Ereignis mit 152 stimmberechtigten Delegierten in „heiligen Hallen“ (BMV-Vorsitzender Edwin Massalsky) und dazu als Hauptreferent Dr. Franz-Georg Rips, der Bundesdirektor des Deutschen Mieterbundes (DMB) – kein Zweifel, man war unter sich.
Das Gefühl, an einer fast familiären Veranstaltung teilzunehmen, mag dazu beigetragen haben, dass der Verlauf der diesjährigen Delegiertenversammlung des Berliner Mietervereins so harmonisch und glatt wie eine große Familienfeier war.
Vielleicht war es auch die Erfolgsmeldung, die Edwin Massalsky mit seinem wohnungspolitischen Bericht in den Vordergrund gestellt hatte, die so stimmungsprägend wirkte. Während 9 von 14 Landesverbänden im DMB rückläufige Mitgliederzahlen haben, hat der Berliner Mieterverein im vergangenen Geschäftsjahr zugelegt. Es sind mehr neue Mitglieder eingetreten und weniger alte ausgetreten als im Vorjahr. Diese Meldung sei – so Massalsky – besonders zu würdigen, weil Berlin eine schwache wirtschaftliche Situation erlebe und die Geldnot der vielen privaten Haushalte immer noch den wichtigsten Grund darstellt, warum Mitglieder den Verein verlassen. Alle anderen wachsenden Vereine liegen in wirtschaftsstarken Regionen mit großer Wohnungsknappheit. Der Dank dafür ging an die Ehrenamtlichen, die Berater und die Geschäftsstelle.
Unharmonischer, wenn nicht gar alarmierend, fiel die Privatisierungsbilanz des Bundesdirektors aus. Still und leise, aber sehr kontinuierlich haben sich internationale Anleger, „Privat-Equity-Gesellschaften“ und andere internationale Investoren am deutschen Wohnungsmarkt eingekauft. Die Deutsche Annington ist mit mittlerweile 233.000 Wohnungen der größte deutsche Einzelvermieter. Die im europäischen Vergleich vorhandene Unterbewertung des deutschen Wohnungsbestands, die niedrigen Zinsen und die Finanznöte der öffentlichen Haushalte, die zum Verkauf motivieren, seien die Hauptgründe dafür, dass es einen Verkaufsboom gegeben hat. Der Anlagestandort Deutschland verspricht auf Grund seiner Rahmenbedingungen hohe Renditen.
Auch wenn es noch wenig empirisch Nachweisbares über die Folgen dieser Umwälzung bei den Wohnungsanbietern gibt, sieht Rips Gefahr im Verzug. Alles spreche dagegen, dass die neuen Investoren – wie die vormals städtischen Unternehmen – als Partner für die stadtentwicklungspolitisch wichtigen Programme und Maßnahmen zur Verfügung stünden. In der Vergangenheit aber waren, etwa bei der Umsetzung der Stadtumbauprogramme, die städtischen Gesellschaften die eigentlichen Partnerunternehmen. Der Bundesdirektor weiter: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass Unternehmen, für die das Hinausdrängen von Haushalten, die sich nicht selbst versorgen können und auf staatliche Hilfe angewiesen sind, Programm ist, sich um die zahlreichen sozialen Aufgaben kümmern werden.“ Eine Einschätzung, die der Berliner Mieterverein mit seinem jüngst herausgegebenen „Schwarzbuch Privatisierung“ untermauert hat.
Mögen auch wohnungspolitische Rahmenbedingungen schwarz aussehen, die Stimmung bei den Delegierten, die nach einer wenig kontroversen Abstimmung über den Leitantrag zur Privatisierung pünktlich entlassen wurden, war es nicht.
ah
MieterMagazin 6/06
‚Gefahr in Verzug durch internationale Investoren‘: DMB-Bundesdirektor Dr. Franz-Georg Rips auf der BMV-Delegiertenversammlung
Foto: Rolf Schulten
30.07.2013