Die GEWOBAG hat 383 Wohnungen in Spandau unter Verwendung einer eigenartigen Vertragskonstruktion veräußert. Offenbar sollen die Mieter davon abgehalten werden, ihr Vorkaufsrecht auszuüben.
Wie üblich bei solchen Verkäufen wurde dem Käufer ein so genannter Paketabschlag gewährt. Das Ungewöhnliche: Dieser Rabatt wurde nur für die 222 Wohneinheiten vereinbart, die nicht mit einem Vorkaufsrecht seitens der Mieter „belastetet“ sind. Dazu muss man wissen, dass Mieter nur dann ein Vorkaufsrecht haben, wenn eine umgewandelte Eigentumswohnung zum ersten Mal verkauft wird. Einem Mieter aus dem Lüdenscheider Weg wurde seine Wohnung zu einem Quadratmeterpreis von 1100 Euro angeboten – der Käufer sollte lediglich 734,77 Euro bezahlen. Bei einer reinen Paketpreislösung, das heißt einem einzigen Kaufpreis für alle Eigentumswohnungen, wäre die Rechtslage eindeutig gewesen: Der Preisnachlass muss an die Mieter weitergegeben werden. In diesem Fall wurde jedoch für jede einzelne Einheit ein gesonderter Preis aufgelistet. „Eine eigentümliche Konstruktion, die nur deshalb gewählt wurde, um den Mietern nicht den Rabatt zu gewähren“, meint dazu Dr. Michael Häberle, Rechtsberater beim Berliner Mieterverein. Dennoch, so Dr. Häberle, haben die Mieter Anspruch auf den Rabatt. Zu diesem Schluss war der Bundesgerichtshof in einem ähnlichen Fall gekommen (BGH, Wohnungswirtschaft und Mietrecht 2005, Seite 660/661). Außerdem sind Geschäfte, die Vorkaufsrechte umgehen oder vereiteln wollen, unwirksam. „Die vertragliche Regelung dient ja nur dazu, die Hürde für die Mieter möglichst hoch zu legen und sie von der Ausübung des Vorkaufsrechts abzuhalten“, erklärt Dr. Häberle. Das widerspricht Sinn und Zweck der Vorkaufsregelungen. Ein Tritt ans Bein also, mit dem sich die GEWOBAG von ihren Mietern verabschiedet.
bl
MieterMagazin 6/06
Lüdenscheider Weg in Spandau: Mit einem speziellen Trick versucht die GEWOBAG Mieter um ihr Vorkaufsrecht zu bringen
Foto: Kerstin Zillmer
30.07.2013