Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) ist entschlossen, steuerbegünstigte Immobilienaktiengesellschaften in Deutschland zuzulassen. Wenn diese „Real Estate Investment Trusts“ (REITs) an den deutschen Börsen gehandelt werden, wird mit Wohnraum spekuliert. Der Deutsche Mieterbund (DMB) lehnt REITs strikt ab.
Noch bevor die Diskussion um den Sinn und die Risiken von REITs abgeschlossen war, legte Steinbrück Ende September einen Referentenentwurf zur Einführung solcher Immobilienaktiengesellschaften in Deutschland vor. Danach müssen REITs zwingend an der Börse notiert sein und mindestens 75 Prozent ihres Vermögens in Immobilien anlegen. Ein Anleger darf höchstens zehn Prozent der Aktien halten. An die Anleger muss die Aktiengesellschaft 90 Prozent ihres Gewinns ausschütten. Der Fiskus besteuert lediglich die Gewinne der einzelnen Anleger, der REIT selbst ist von der Körperschafts- und der Gewerbesteuer befreit. Möglichst zum 1. Januar 2007 soll das Gesetz in Kraft treten.
Steinbrück will mit diesen Immobilien-Trusts verhindern, dass deutsche Gewerbe- und Wohnimmobilien im Ausland an die Börse gebracht werden und ihm dadurch Steuereinnahmen entgehen. REITs nach dem Vorbild der USA gibt es mittlerweile in 20 Staaten. Mit ihrer Hilfe will Steinbrück auch die „Private Equity Fonds“, die seit einigen Jahren große öffentliche Wohnungsbestände in Deutschland aufkaufen, zurückdrängen. Die von Franz Müntefering (SPD) „Heuschrecken“ getauften Investmentfirmen wie Cerberus, Fortress, Terra Firma oder Apellas wollen aus den Wohnungen den maximalen Profit herausholen und die Bestände nach nur fünf bis zehn Jahren wieder verkaufen. Die REITs sollen hingegen durch ihre rechtliche Konstruktion dazu gebracht werden, ihren Immobilienbestand langfristig zu bewirtschaften. Zudem könnten die Städte Anteilseigner bleiben und so Einfluss auf den Umgang mit den ehemals kommunalen Wohnungen nehmen.
Der Deutsche Mieterbund hält von dieser Argumentation gar nichts. „REITs schaden dem Wohnstandort Deutschland“, erklärt DMB-Direktor Dr. Franz-Georg Rips. „Hier sollten keine neuen Optionen für Renditejäger und Finanzjongleure geschaffen werden.“ Der DMB befürchtet bei den börsennotierten Wohnungs-Trusts ebenso wie bei den Private Equity Fonds deutliche Mehrbelastungen der Mieter durch Ausnutzung aller Mieterhöhungsspielräume, die Zurückstellung von Instandsetzungen und ausschließlich renditeorientierte Einzelprivatisierungen. Nach dem Prinzip des „Shareholder Value“ werden hohe Ausschüttungen an die Anteilseigner vorrangiges Ziel der Immobiliengesellschaften sein – was zu Lasten der betroffenen Mieter gehe, so der DMB. Deshalb fordert der Mieterbund, auf REITs zu verzichten. Auch innerhalb der SPD gibt es Widerstände gegen deren Einführung.
Jens Sethmann
MieterMagazin 11/06
Mit der Einführung von REITs wird der Wohnraumspekulation Tür und Tor geöffnet
Foto: Jens Sethmann
23.04.2013