Wer eine kleine Wohnung hat, ist bei der Innengestaltung besonders gefordert. Eingehende Überlegungen schon vor dem Einzug, wie der knappe Raum am besten genutzt werden kann, zahlen sich aus. Mit durchdachter Raumaufteilung, der richtigen Möblierung und geschickt gesetzten Akzenten lässt sich auch auf wenigen Quadratmetern eine angenehme Wohnatmosphäre schaffen.
Mit Gästen gemeinsam essen oder in gemütlicher Runde beieinander sitzen, ein paar Dinge für den Job am Computer erledigen – und schließlich schlafen: Solche Dinge macht David in einem Raum, der knapp 20 Quadratmeter groß ist. Obwohl er sein Zimmer vielfältig nutzt, wirkt es geräumig. Einer der Gründe dafür: „Ich habe keine massiven Möbel“, so David. Seine Bücher und Kleider bringt er auf Regalbrettern unter, die an der Wand befestigt sind. Seiten- oder Rückwände gibt es nicht. Der Tisch, an dem gegessen und geplauscht wird, hat schlanke Metallbeine und eine Glasplatte. Die transparenten Möbel lassen den Blick weitgehend ungehindert durchs Zimmer gleiten.
Viel Platz spart auch das Hochbett. Da David in einem Altbau mit 3,20 Meter hoher Decke wohnt, ist nach oben hin genügend Platz für solch eine zweite Ebene: Man stößt sich weder stehend unter dem Bett noch liegend obenauf so schnell den Kopf. Wie in so manchem Berliner Altbau gibt es hier nicht nur hohe Räume, sondern auch noch eine Ofenheizung. Um einen unangenehmen Hitzestau unter dem Bett zu vermeiden, hat David einen Deckenventilator angebracht. Er verteilt die warme Luft gleichmäßig im gesamten Zimmer.
Die Nischen nutzen
Die Berliner Innenarchitektin Britta Weißer rät zu einer anderen Art, die hohen Räume in Altbauten zu nutzen: „Eine zweite Ebene einziehen und als Stauraum verwenden – das spart nicht nur Heizkosten“. Wer einen Großteil seines Hausrats weggepackt habe, müsse sich nicht mehr mit Platzsorgen herumschlagen. Wer nach oben hin keinen Spielraum hat, kann auch Nischen in seiner Wohnung nutzen. In einer Dachgeschosswohnung bieten sich die Schrägen an. Wer einen doppelten Boden einzieht und Falltüren einbaut, kann darunter Dinge verstauen. Es geht aber auch einfacher: Mit Regalen und Stangen kann in Nischen ein Ablagesystem gestaltet werden – hinter einem Vorhang oder einer Schiebepaneele verborgen, die von der Decke bis zum Boden reichen. Der Vorteil solcher Konstruktionen: Sie wirken nicht so wuchtig wie ein Einbauschrank. Außerdem benötigen sie nach vorne weniger Platz als normale Schranktüren.
Platz spart auch Benjamins großzügiges Bett. Es befindet sich auf einem selbst gebauten Podest. Der gesamte Raum darunter dient als Stauraum, der dezent hinter stoffbezogenen Türen verborgen ist. „So habe ich trotz großem Bett noch immer genügend Platz in meiner Einzimmerwohnung“, erzählt Benjamin. Wer sich eine aufwändige Konstruktion ersparen will, kann auch Bananenkisten zu einem Podest stapeln und mit einer Holzplatte abdecken. Sachen verstauen, Klappe runter, Bett drauf – und fertig.
Das entspricht ganz der Philosophie von Stefan Pernthaller: „Ein großes Möbel schafft Platz im Rest der Wohnung“, sagt der Architekt, der sich auf Inneneinrichtung spezialisiert hat. Schränke sollten wie „Setzkästen“ aufgebaut sein. Das heißt: Statt schwerer wuchtiger Möbel kann im Gerüst einer leichten (Holz-)Konstruktion viel verstaut werden. Soweit möglich: offen. „Mit 60 Zentimetern sind Kleiderschränke zu tief“, sagt Pernthaller. Seine Lösung: Die Kleider quer aufhängen. Indem der „Setzkasten“ bis unter die Decke gebaut wird, bietet er zum einen genügend Raum, wirkt andererseits aber weniger massiv, da er als Wand erscheint. Nach diesem Prinzip hat der Architekt bereits Kleiderschränke und Küchenzeilen gebaut: mit Regalelementen, verschlossenen Boxen – und mit Bananenkisten. Auch Regale dürfen schlank sein: 15 oder 18 Zentimeter tiefe Bretter reichen in der Regel aus, damit Bücher Platz finden. Durch die geringere Tiefe der Regale wird Wohnfläche gewonnen.
Wer in einem Zimmer wohnt, arbeitet, schläft und isst, kann sich durch Raumteiler mehrere Bereiche schaffen. Transparente Tücher oder Vorhänge, die von der Decke bis auf den Boden hängen, teilen den Raum ohne großen Aufwand. Sie haben den Vorteil, dass sie weiterhin Licht durchlassen und den Raum dadurch nicht dunkler machen. Sollen die Raumteiler auch als Stauraum dienen, sind dagegen Regale eine gute Lösung. Am besten eignen sich solche, die man von beiden Seiten aus bestücken kann.
Ein großer Tisch ist besser als zwei kleine
Für Einzimmerwohnungen rät Pernthaller: „Ein Tisch als Essplatz, Kommunikationsort und Arbeitsplatz reicht.“ Er muss groß genug sein, nimmt dann aber immer noch weniger Platz ein als zwei kleine Tische. Auch für andere Fälle hat Pernthaller einen eigenen Entwurf parat – einen rollenden Kubus, der als Wohnzimmertisch sowie als Computertisch fürs Notebook mit integriertem Kleinbüro dienen kann. In verschließbaren Fächern unter der Tischplatte lassen sich Ordner, Drucker und Kabel verstauen. Dank Rollen lässt sich das Möbel einfach in der Wohnung verschieben – je nachdem, als was der Tisch gerade dienen soll. Möbel mit mehreren Funktionen können viele Gesichter haben: Eine Sitzgelegenheit wird mit Tablett obenauf zum Tisch. Dank „Büroschränken“ verschwinden Computer hinter einer Tür. Der Klassiker ist das Bettsofa. Aber hier ist Vorsicht angesagt: Wer beim Kauf spart, spart oft auf Kosten seines Rückens. Schaumstoffmatratzen sind schnell durchgelegen. Und ohne gründlichen Test, wie es sich auf dem ins Auge gefassten Sofa liegt, sollte ohnehin keine Entscheidung fallen. Wichtig ist auch ein integrierter Bettkasten – sonst muss man wieder einen Platz für das Bettzeug finden.
Licht schafft Raum
Minimalismus ist an anderen Stellen ratsamer: Wozu ein Garderobenschrank im Flur, wenn ein paar Haken für Mäntel und Jacken reichen? Und auch in der Küche darf gespart werden: „An Sitzplätzen lässt sich bei genauerem Hinsehen oft noch etwas reduzieren“, sagt Doris Haselmann. Die Einrichtungsexpertin hat für die Stiftung Warentest einen Ratgeber zum Möbelkauf geschrieben. „Klapptisch und -stühle können bei Bedarf in der Küche den nötigen Platz freimachen.“ Auf etwas andere Weise hat Tanja sich in ihrer Küche zusätzlichen Platz verschafft: Die Wand zu einer ehemaligen Kammer wurde herausgebrochen, nun befindet sich dort eine gemütliche Sitzecke. Für solch einen Umbau ist allerdings die Erlaubnis des Vermieters nötig.
Auch richtige Beleuchtung ist für ein gutes Raumgefühl wichtig. Kleine Räume sollten hell ausgeleuchtet sein, um die ganze Größe des Zimmers darzustellen. Wenn die Decke angestrahlt wird, gewinnt der Raum optisch an Höhe. Werden mehrere Lichtquellen verwendet, bringe das Abwechslung und kennzeichnet gleichzeitig die einzelnen Bereiche. So wird aus einem einzigen Raum eine kleine Wohnung.
Generell gilt: Damit es in einem Wohn- und Schlafzimmer nicht durch allzu viele Gegenstände ungemütlich wird, sollte man sparsam möblieren und nur wirklich notwendige Teile aufstellen. Der Architekt Pernthaller rät: „Beim Einrichten einer kleinen Wohnung muss man großzügig und einfach denken.“
Lars Klaaßen
Räume öffnen: Kleine Zimmer wirken weitläufiger, wenn die Türen ausgehängt werden. Wer zumindest auf akustische Abgrenzung nicht verzichten möchte, kann eine Glastür einbauen.
Außenwelt hereinholen: Große Spiegel in kleinen Räumen irritieren oft. Aber ein Spiegel, der den Blick aus dem Fenster wiedergibt, weitet den Raum nach draußen. Und ein schmaler Spiegel über die ganze Länge der Wand macht das Bad größer.
Den richtigen Ton finden: Kräftige Farben machen einen kleinen Raum nicht unbedingt kleiner. Wichtig ist nur, dass man sie mit Weiß und Naturtönen kombiniert, um einen Ausgleich zu schaffen. Dunkle Kontrastfarben sind in kleinen Räumen problematisch. Besser sind helle Farbtöne für Wände, Decke, Boden und Möbel – etwa Weiß oder Hellblau. Textilien wie Gardinen, Teppiche und Polster sollten in einem kleinen Raum Ton in Ton aufeinander abgestimmt sein, so dass sie fein harmonieren.
Lichte Akzente setzen: Helligkeit, richtig eingesetzt, gibt Weite. Die Lichtquellen sollten indirekt platziert oder eingebaut sein. Beleuchtete Regalrückwände – aus hellen Metallflächen oder glänzend lackiert – reflektieren das Licht, wirken transparent und geben dem Raum Tiefe. Leuchten mit großen Schirmen sollten gemieden werden.
Boden gewinnen: Große Fliesen in schwarz und weiß, diagonal verlegt, lassen jede Mini-Diele oder jede kleine Küche gleich ein wenig großzügiger erscheinen. Auch ein durchgehender Fußboden – etwa aus Holz oder Laminat, mit Sisal oder Kokos ausgelegt – vergrößert eine kleine Wohnung optisch beträchtlich.
Richtig klotzen: Selbst winzige Räume müssen nicht unbedingt mit ausschließlich zierlichen Möbeln eingerichtet werden. Auch in einem kleinen Zimmer kann sich etwa ein großes Korbsofa sehr gut machen. Der Trick: In der gleichen Farbe wie der Boden wirkt es wie eine zweite Ebene im Raum.
Nest bauen: Kleine Räume müssen nicht immer größer scheinen als sie sind. Ein kleines Schlafzimmer darf ruhig etwas dramatisch eingerichtet sein, etwa in sattem Rot mit vielen Bildern und schönen Stoffen.
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„Der Wunsch, die eigenen vier Wände individuell zu gestalten, ist heute größer als in früheren Jahren“, sagt Ursula Geismann vom Verband der Deutschen Möbelindustrie. „Das liegt wahrscheinlich auch daran, dass die Gestaltungsmöglichkeiten im Job und anderen Lebensbereichen kleiner werden – da wird der private Rückzugsraum wichtiger.“ In der Summe, die die Deutschen jährlich für Möbel ausgeben, schlägt sich das allerdings nicht nieder. Im Jahr 2000 sind es noch 420 Euro pro Person gewesen, 2004 nur noch 369 Euro. Das heißt aber nicht, dass nicht munter gekauft würde: „Während die Menschen sich früher dreimal im Leben neu einrichteten, investieren die Leute heute im Schnitt alle fünf Jahre viel Geld in ihr Mobiliar.“ Die Ausgaben sinken dennoch – weil die Möbel auch nicht mehr so lange halten müssen. Angebote für den kleinen Geldbeutel, oft aus Osteuropa und Asien, boomen. Aber nicht nur Billigware wird stark nachgefragt. Auch edles Interieur findet nach wie vor Käufer. „Doch das mittlere Segment“, so Geismann, „ist größtenteils weggebrochen.“
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MieterMagazin 11/06
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Zum Weiterlesen:
Doris Haselmann: Möbel kaufen.
Qualität erkennen. Sicher einkaufen.
Stiftung Warentest, broschiert, 200 Seiten, 12,90 Euro.
Die 2. Auflage ist ab November 2006 im Buchhandel erhältlich.
Beratung:
Stefan Pernthaller:
www.derhausfreund.info,
Britta Weißer:
www.brittaweisser.de
28.11.2015