Neben dem individuellen Schutz ist ein wesentliches Betätigungsfeld des Berliner Mieterverein (BMV) die Vertretung der Interessen der Mieter auf politischer Ebene. Ohne die langjährige politische Lobbyarbeit des BMV wäre die Position der Berliner Mieter deutlich schlechter als sie es heute ist.
Bei seiner politischen Arbeit agiert der BMV auf zahlreichen Ebenen. Eine herausragende Rolle spielt dabei die Öffentlichkeitsarbeit. Bei zahlreichen wohnungs-, bau- und mietenpolitischen Streitfragen sind die Experten des BMV oft gefragte Ansprechpartner der Medien. Es gibt wahrscheinlich nur wenige Berliner, die BMV-Hauptgeschäftsführer Hartmann Vetter noch nicht als Interviewgast in der „Abendschau“ gesehen haben. Große öffentliche Beachtung finden häufig auch Kolumnen und Fachbeiträge von BMV-Experten in Tageszeitungen und Fachzeitschriften. Die oftmals zähe Mitarbeit in Gremien und auf Veranstaltungen wird von der Öffentlichkeit hingegen bestenfalls am Rande wahrgenommen, ebenso die formelle und informelle Kontaktpflege zu politischen Parteien und deren Mietrechtsexperten.
Über Presseerklärungen, die an sämtliche wichtige Zeitungen, Fernsehstationen und Radiosender verschickt werden, bringt der BMV Mieterthemen in die Medien. Das können beispielsweise mieterrelevante Gerichtsurteile und skandalöse Vermietermethoden sein. Zu manchen Themen organisiert der BMV eigens Pressekonferenzen und Vor-Ort-Termine, zu denen Journalisten eingeladen werden.
Ein wesentlicher Schwerpunkt der mietenpolitischen Auseinandersetzung im vergangenen Jahr war die Privatisierung von Wohnungsunternehmen und Wohnanlagen aus öffentlichem Eigentum. Zwar konnte auch der BMV den Verkauf der städtischen Wohnungsbaugesellschaft GSW an die amerikanische Investmentgesellschaft „Cerberus“ nicht verhindern – immerhin konnte der BMV jedoch einen recht umfangreichen Mieterschutz (zum Beispiel Ausschluss von Kündigungen wegen Eigenbedarfs, Schutz vor Luxusmodernisierung) als Zusatzvereinbarung zum Mietvertrag erstreiten.
Gemeinsam am gleichen Strang ziehen
In der Praxis der politischen Interessenvertretung fällt auf, dass althergebrachte Feindbilder seit geraumer Zeit mehr und mehr verschwinden. So hat der BMV im vergangenen Jahr gemeinsam mit „Haus und Grund“ eine Tagung durchgeführt und dabei „10 Bausteine für eine Qualitätsoffensive im Mietwohnungsbau“ vorgestellt. Der Berliner Senat hat diese Initiative inzwischen aufgegriffen: In einer Veranstaltungsreihe wird mit den Verbänden der Wohnungswirtschaft, dem BMV und anderen Experten über zukünftige Schwerpunkte des Stadtumbaus und der Stadterneuerung debattiert.
Die Kooperationsbereitschaft des BMV trägt auch auf einer weiteren Ebene erste Früchte: In Zusammenarbeit mit dem Türkischen Bund Berlin (TBB) ist seit kurzem eine Mietrechtsberatung in türkischer Sprache möglich. Weiteres Ziel ist eine gemeinsame Interessenvertretung mit dem TBB zu Fragen der Mieten- und Wohnungspolitik sowie der Stadtentwicklung.
In das zunehmende verbraucherpolitische Engagement des Berliner Senats ist auch der BMV eingebunden. Gemeinsam mit anderen Organisationen wurde der Weltverbrauchertag am 15. März 2004 genutzt, um mit zahlreichen Veranstaltungen in den Kiezen mit besonderem Handlungsbedarf über die Angebote des Berliner Mieterverein zu informieren.
Auch der Kampf gegen dubiose Wohnungsvermittler und Miethaie gehört zur üblichen Arbeit des Mietervereins. So konnte auf Initiative des BMV der Firma „Home-Info“ inzwischen das Handwerk gelegt werden. Das Berliner Kammergericht hat dieser Firma untersagt, eine so genannte Abonnementsgebühr von 185 Euro unabhängig vom Abschluss eines Mietvertrages zu verlangen.
Nicht zu unterschätzen ist die Bedeutung der Aktivitäten der ehrenamtlichen BMV-Bezirksgruppen, die in sämtlichen Berliner Bezirken aktiv sind. Meist sind es kleine Gruppen, die sich in ihren Kiezen vor Ort für die Belange von Mietern einsetzen. Sie organisieren beispielsweise Mieterversammlungen im Fall von umstrittenen Modernisierungsvorhaben oder unangemessen hohen Betriebskostenabrechnungen. Die Bezirksgruppen unterstützen auch die Bildung und Arbeit von Mieterbeiräten. Manche BMV-Bezirksgruppen wie beispielsweise die in Friedrichshain-Kreuzberg treffen sich regelmäßig und bieten sogar wöchentlich Sprechstunden an.
Der BMV ist in Berlin zwar nicht die einzige Interessenvertretung von Mietern, aber mit ihren mehr als 150.000 Mitgliedern deutlich die stärkste. In einigen Bereichen arbeitet der BMV mit den anderen Mieterorganisationen zusammen, beispielsweise in der Arbeitsgruppe Mietspiegel. In der Regel findet der BMV jedoch mehr Gehör in der Politik und in der Öffentlichkeit als seine kleineren Konkurrenten und ist dadurch deutlich einflussreicher.
Volker Wartmann
MieterMagazin 1+2/05
03.12.2023