Das Leben wird immer teurer, aber im Durchschnitt verdienten die Berliner im vergangenen Jahr kaum einen Euro mehr als vier Jahre zuvor: Das so genannte durchschnittliche monatliche Pro-Kopf-Nettoeinkommen lag im Jahr 2004 wie bereits im Jahr 2000 bei 875 Euro. Auch das durchschnittliche Haushaltsnettoeinkommen stagnierte zwischen 2000 und 2004: bei 1475 Euro pro Monat. Das geht aus der neuesten Mikrozensus-Erhebung des Statistischen Landesamtes Berlin hervor. Für diese Erhebung wird in einer repräsentativen Stichprobe ein Prozent aller Berliner Haushalte befragt.
Auf den zweiten Blick zeigen die aktuellen Zahlen eine weitere bedenkliche Entwicklung: „Bei gleichbleibendem Durchschnittswert verschiebt sich die Verteilung der Einkommen“, sagt Karsten Wenzel, Referent für den Mikrozensus beim Statistischen Landesamt Berlin. „Der Anteil derjenigen, die deutlich weniger Geld als der Durchschnitt zur Verfügung haben, nimmt zu.“ Im Vergleich der Bezirke ist das Pro-Kopf-Einkommen in Neukölln mit 750 Euro sowie in Friedrichshain-Kreuzberg und Mitte mit 775 Euro am Geringsten. Auch beim Vergleich der durchschnittlichen Haushaltsnettoeinkommen stehen diese drei Bezirke am Ende der Tabelle.
Ost-Berliner Einkommen sind höher
In Friedrichshain-Kreuzberg muss ein Haushalt im Schnitt mit 1200 Euro pro Monat klarkommen, in Mitte mit 1275 Euro und in Neukölln mit 1325 Euro. Ein Haushalt in Steglitz-Zehlendorf hat im Durchschnitt deutlich mehr im Portmonee: immerhin 1800 Euro pro Monat. Steglitz-Zehlendorf ist auch der einzige Bezirk, der noch ein durchschnittliches monatliches Pro-Kopf-Einkommen von mehr als 1000 Euro aufweisen kann. Und während dort immerhin jeder fünfte Einwohner mehr als 2000 Euro monatlich verdient, ist es in Friedrichshain-Kreuzberg gerade einmal jeder 15te, in Treptow-Köpenick jeder 20ste und in Lichtenberg lediglich jeder 32ste. Beim Vergleich der durchschnittlichen Pro-Kopf-Einkommen liegen die zwei letztgenannten Bezirke jedoch nicht unter dem Gesamt-Berliner Durchschnitt von 875 Euro. Das heißt, in diesen beiden Bezirken sind die Einkommen verhältnismäßig gleichmäßig verteilt. Seit 2001 übrigens ist das Pro-Kopf-Einkommen laut Mikrozensus im Ostteil der Stadt höher als im Westteil.
Angesichts der stagnierenden Einkommensentwicklung und der daraus resultierenden „schwachen Wirtschaftskraft“ fordert Reiner Wild, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Berliner Mieterverein (BMV), eine Senkung der so genannten Kappungsgrenze im Sozialen Wohnungsbau. „Wenn man die Sozialmieter auf Dauer halten will, muss die Kappungsgrenze von bisher 5,50 Euro pro Quadratmeter deutlich gesenkt werden. 5 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter sollten das Maximum sein, das Sozialmieter bezahlen müssen“, so Wild. Zudem müsse verhindert werden, dass im frei finanzierten Wohnungsbau durch eine Ausweitung der Mietspiegelspannen weitere Mieterhöhungen ermöglicht werden. Von den Vermietern fordert Wild, bei Mieterhöhungen infolge von Investitionen in Modernisierungs- und Energiesparmaßnahmen „mit Augenmaß“ vorzugehen. „Die Vermieter sollten nicht sämtliche rechtlich zulässigen Umlagemöglichkeiten ausschöpfen.“
„Die Vermieter haben sich an die Marktsituation bereits seit längerer Zeit angepasst und halten sich mit Mieterhöhungen sehr zurück“, sagt Dieter Blümmel, Sprecher von „Haus und Grund“ in Berlin. „Die wollen schließlich nicht, dass ihre Kundschaft wegen zu hoher Mieten auszieht.“
Volker Wartmann
MieterMagazin 4/05
Schlusslicht: Im Bezirk Neukölln ist das Pro-Kopf-Einkommen am niedrigsten
Foto: Volker Wartmann
In Zahlen
Berliner Einkommen
Laut Mikrozensus verfügen 16,3 Prozent aller Berliner über kein eigenes Einkommen (Hausfrauen und Kinder). Rund 25 Prozent müssen sich mit einer Summe von weniger als 700 Euro pro Monat bescheiden. 20,5 Prozent haben 700 bis 1100 Euro zur Verfügung, 17 Prozent 1100 bis 1500 Euro. Rund 10,2 Prozent aller Berliner stehen monatlich zwischen 1500 und 2000 Euro zur Verfügung, annähernd 11 Prozent mehr als 2000 Euro. Im Mikrozensus werden Sozialhilfe und Arbeitslosengeld als Einkommen berücksichtigt.
vw
03.08.2013