Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) will das Quartiersmanagement (QM) „strategisch neu ausrichten“. Drei QM-Gebiete der östlichen Innenstadt werden aufgelöst, dafür sollen weitere Viertel im Westteil der Stadt in ein neues, abgestuftes Verfahren des Stadtteilmanagements aufgenommen werden.
Die Quartiersmanagements am Falkplatz und am Helmholtzplatz in Prenzlauer Berg sowie am Boxhagener Platz in Friedrichshain werden nicht fortgeführt. Die Sozialstruktur habe sich in diesen Gebieten so positiv entwickelt, dass ein Quartiersmanagement nicht mehr benötigt werde, so die Begründung der Senatsverwaltung. Inwieweit dies ein Erfolg der QMs ist, ist allerdings umstritten. „Prenzlberg“ und „Simon-Dach-Kiez“ waren schon vor Beginn des QMs beliebte Trendviertel mit aufstrebender Tendenz. Im Zuge der umfassenden Sanierung hat sich die Bewohnerschaft dieser Altbauviertel stark verändert: Einkommensschwache sind durch die Mietsteigerungen verdrängt worden, Gutverdiener zogen neu hinzu.
Die drei genannten QM-Gebiete sollen nun in ein „neues bewohnergetragenes Verfahren“ unter Federführung der Bezirksverwaltungen übergeleitet werden. Wie dies aussehen kann, ist noch unklar. Die betroffenen Quartiersmanager erarbeiten zurzeit Aktionspläne, wie die laufenden Projekte weitergeführt werden sollen und wie die Stadtteilentwicklung künftig in die Hände der vor Ort engagierten Gruppen, Verbände und Initiativen gelegt werden kann. Spätestens zum Ende des Jahres werden die QM-Teams am Falk-, Helmholtz- und Boxhagener Platz aufgelöst. Schon seit Jahresbeginn haben sie ihre Arbeit deutlich eingeschränkt.
Abgestuftes Verfahren
Von Anfang an war das Quartiersmanagement als eine Einrichtung auf Zeit gedacht. In den 17 seit 1999 eingerichteten QM-Gebieten sollen die Quartiersmanager den Abwärtstrend aufhalten, indem sie Entwicklungsimpulse setzen, Fördermittel einwerben und die Kiezbewohner so weit aktivieren, dass diese selbst in der Lage sind, die Geschicke des Stadtteils in die Hand zu nehmen. Ein „Empowerment“ – so heißt Hilfe zur Selbsthilfe im QM-Deutsch – war aber gerade in den östlichen Innenstadtbezirken gar nicht nötig. In Prenzlauer Berg und Friedrichshain gab es eine Vielzahl von Bürgerinitiativen, die sich sehr wohl zu helfen wussten. Dass die sozialen Probleme in anderen Gebieten viel größer sind, bestreitet heute niemand mehr.
Vor allem die Großsiedlungen der 60er und 70er Jahre fallen inzwischen mit steigenden Sozialhilfeempfänger- und Arbeitslosenzahlen auf. Solchen „Quartieren mit Präventionsbedarf“ gilt nun die besondere Aufmerksamkeit der Senatorin. Je nach Problemlage sollen künftig nach Intensität abgestufte Verfahren des Stadtteilmanagements zum Einsatz kommen. „Mit Maßnahmen unterhalb des klassischen Quartiersmanagements wollen wir gemeinsam mit unseren Partnern der Tendenz zur sozialen Entmischung begegnen“, erklärt Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer. „Zwei Gebiete in Spandau und in der Gropiusstadt werden künftig in diese Kategorie fallen.“ Weitere Gebiete sind im Gespräch – alle liegen im Westteil der Stadt. Dazu zählen etwa im Wedding das Brunnenviertel mit 13.000 Einwohnern und die Ackerstraße mit 7000 Einwohnern sowie die Moabiter Heinrich-Zille-Siedlung mit rund 2500 Einwohnern. Welche Stadtteile ausgewählt wurden, gab die Senatsverwaltung erst nach Redaktionsschluss bekannt. Über die finanzielle Ausstattung war auch noch nichts zu erfahren. Die Senatorin will sich bei dem neuen Verfahren „starke Partner ins Boot holen“: Bezirke, Wohnungsbaugesellschaften, Schulen, Kirchen und Vereine sollen eingebunden werden. In den 14 bestehenden Quartiersmanagementgebieten, die weitergeführt werden, bleiben die erprobten Instrumente im Einsatz. Künftig sollen aber mehr Entscheidungen direkt von den Bewohnern vor Ort getroffen werden.
Jens Sethmann
MieterMagazin 4/05
Ziel erreicht: Drei Gebiete werden aus dem Quartiersmanagement entlassen (hier: Kletterfelsen des QM Falkplatz)
Foto: Christian Muhrbeck
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QM in der Kritik
An der Arbeit der Quartiersmanagements scheiden sich die Geister. Die Ursachen für die sozialen Probleme – Arbeitslosigkeit, Ausgrenzung, Bildungsnotstand – können die QMs nicht beseitigen. Viele Fördergelder wurden in mehr oder weniger sinnvolle bauliche Maßnahmen gesteckt: Schulhofumgestaltungen werden allgemein begrüßt, hingegen musste beispielsweise das QM Falkplatz für den Bau eines Kletterfelsens herbe Kritik einstecken. Auch dass viel Zeit und Geld in den Kampf gegen den Hundekot und in Imagekampagnen investiert werden, trifft nicht überall auf Zustimmung.
js
03.08.2013