Was kann Berlin von Kairo, Toronto oder Rio de Janeiro lernen? Und was können sich diese Großstädte von der deutschen Hauptstadt in punkto Abfallentsorgung, Nahverkehr oder Armutsbekämpfung abschauen? Der 8. internationale Kongress „Metropolis“, der dieses Jahr in Berlin stattfindet, will darauf eine Antwort geben.
Die Metropolen der Welt stehen vor großen Herausforderungen. Nach Berechnungen der Vereinten Nationen wird im Jahre 2007 über die Hälfte der Weltbevölkerung in urbanen Regionen leben – Tendenz steigend. Während es 1950 nur zwei Mega-Städte mit mehr als 10 Millionen Einwohnern gab, ist ihre Zahl mittlerweile auf 20 gestiegen. So viele Menschen mit Wohnung und Wasser zu versorgen, ein vernünftiges Nahverkehrssystem für sie bereitzustellen und dabei die Umweltbelastung zu verringern, stellt die Verantwortlichen vor riesige Probleme. Um gemeinsam nach Lösungen für diese globalen Herausforderungen zu suchen, haben sich im Netzwerk „Metropolis“ 84 Millionenstädte aus aller Welt zusammengeschlossen. Das Motto des diesjährigen Kongresses, der vom 11. bis 15. Mai in Berlin stattfindet, lautet „Tradition und Transformation – die Zukunft der Stadt“. Organisiert wird das Treffen von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Dort will man die deutsche Hauptstadt als vorbildliche Metropole präsentieren, „mit hervorragendem Nahverkehr, funktionierender Abfallentsorgung, durchdachtem Gewässerschutz und sehr hohem Freizeitwert“, so die Senatorin für Stadtentwicklung, Ingeborg Junge-Reyer. In Seminaren und Exkursionen sollen sich die Teilnehmer unter anderem über die Aufwertung benachteiligter Wohnviertel, städtisches Wassermanagement sowie Energieversorgung austauschen. Profilieren will sich Berlin insbesondere mit dem Thema Mobilität. „Beim Verkehr steht Berlin unserer Ansicht nach sehr gut da“, sagt Klaus Stahns von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, zum Beispiel was die Verknüpfung der verschiedenen Transportmittel betrifft. Vorzeigeprojekt ist auch die Verkehrsmanagementzentrale, die per SMS-Stauwarner, ständig aktualisierten Info-Tafeln und Internetdiensten die Verkehrslenkung verbessern soll.
Thema Mobilität
Mit High-Tech gegen den Stau – ob das Sao Paulo oder Kalkutta weiterhilft? Es gebe sicherlich große Unterschiede zu den Dritte-Welt-Ländern, räumt Klaus Stahns ein. Auch müsse natürlich über die Finanzierungsmöglichkeiten nachgedacht werden. „Gerade der Aufbau eines öffentlichen Verkehrssystems spielt für diese Städte aber eine ganz wichtige Rolle, die ersticken förmlich im Verkehr“, so Stahns. Daher würden innovative Beispiele anderer Länder auf großes Interesse stoßen.
Also doch wieder eine Einbahnstraße, bei der nur die armen Regionen des Südens von den reichen Industrieländern lernen können, und nicht etwa umgekehrt? „Es gibt Bereiche, in denen Berlin eine Menge lernen kann, vielleicht nicht gerade von Kairo, aber zum Beispiel von Barcelona“, meint Klaus Stahns. Wie aus einer vergammelten Hafenmetropole eine attraktive Mittelmeerstadt entstand, sei sehr beeindruckend. Über internationale Events wie Kulturveranstaltungen habe die Stadt ihre Wirtschaftskraft erheblich verbessert. Auch die Erfahrungen mit der City-Maut in London seien für Berlin ein spannendes Thema, über das man sich austauschen will.
Auch beim diesjährigen Kongress sollen wieder herausragende Projekte ausgezeichnet werden. Beim letzten Mal in Seoul wurden unter anderem Istanbul für sein Umweltschutzprogramm „Goldenes Horn“ sowie Havanna für die Restaurierung der Altstadt prämiert.
Birgit Leiß
MieterMagazin 5/05
Vorbild für Kalkutta? Berliner Vorzeigeprojekt Verkehrslenkung
Foto: Kerstin Zillmer
Metropolis
Austausch und Transfer im Dreijahresrhythmus
Das Netzwerk Metropolis wurde 1985 gegründet. Mittlerweile sind 84 Städte mit mehr als einer Million Einwohnern Mitglied. Berlin schloss sich 1991 an. Die Hauptaufgabe ist, durch Erfahrungsaustausch und Wissenstransfer auf allen relevanten Gebieten die Metropolenentwicklung so zu steuern, dass die Lebensbedingungen der Einwohner verbessert werden. Der Weltverband arbeitet mit vielen internationalen Organisationen und Gremien zusammen. Alle drei Jahre findet ein Weltkongress statt, auf dem ein Aktionsplan vereinbart wird.
bl
03.08.2013