Jetzt wird auch West-Berlin umgebaut: Der Senat hat beschlossen, sich um Mittel aus dem Bund-Länder-Programm „Stadtumbau West“ zu bemühen. Dazu werden jetzt vorbereitende Untersuchungen in fünf Stadtgebieten durchgeführt. Anders als beim Stadtumbau Ost, wo es vor allem um die Wohnsituation geht, soll sich der Stadtumbau im Westen mehr um die Gewerbestruktur kümmern.
Die Gebiete, die die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung ausgewählt hat, sind Neukölln-Südring, Kreuzberg-Spreeufer, Schöneberg-Südkreuz, Tiergarten-Nordring/Heidestraße und Spandau-Falkenhagener Feld. „Das sind Flächen, wo der Wirtschaftsstrukturwandel und der demografische Wandel besonders stark zugeschlagen haben“, sagt Petra Rohland, Sprecherin der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Es sind Planungsbüros damit beauftragt, zusammen mit den Bezirken, Anwohnern und ansässigen Betrieben zu erörtern, ob sich das Gebiet für das Stadtumbau-Programm eignet und welche Umbaumaßnahmen in Betracht kommen. Auf Grundlage dieser Voruntersuchungen entscheidet der Senat, mit welchen Gebieten und in welcher finanziellen Größenordnung sich Berlin an dem Programm beteiligen wird.
Im Juni 2004 hat der Bundestag das Programm Stadtumbau West ins Leben gerufen. Bereits seit 2002 gibt es den Stadtumbau Ost. Wirtschaftlicher Strukturwandel, Bevölkerungsverluste, Wohn- und Gewerberaumleerstand und eine hohe Arbeitslosigkeit stellen aber auch im Westen einige Regionen vor Probleme, die sie nicht allein bewältigen können.
Beim Stadtumbau West soll aber nicht wie im Osten die „Bereinigung des Wohnungsmarktes“, also Wohnungsabrisse, im Vordergrund stehen. Einer Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und Ländern zufolge soll mit den Stadtumbaumaßnahmen „die Siedlungsstruktur den Erfordernissen der Entwicklung von Bevölkerung und Wirtschaft angepasst werden“. Diese wolkigen Richtlinien lassen einen großen Interpretationsspielraum. Für Franziska Eichstädt-Bohlig, baupolitische Sprecherin der Bündnis-Grünen im Bundestag, sind „qualitative Defizite der Wohnungsbestände aus den 50er, 60er und 70er Jahren“ das Hauptproblem. Dabei müsse es auch um die „Bewältigung erheblicher sozialer Probleme, vor allem bei der Integration von Migranten“ gehen.
Dem Berliner Senat hingegen geht es in erster Linie darum, Gewerbeflächen zu entwickeln und Brachen zu beseitigen. Von den ins Auge gefassten Gebieten ist nur das Falkenhagener Feld ein Wohngebiet. Die anderen vier Areale sind Gewerbegebiete – zum Teil mit Wohnungen durchmischt -, aufgegebene Bahngrundstücke, von Verkehrstrassen durchschnittene Flächen oder Brachen.
Wohnungsabrisse kein Thema
„Die Korrektur des Wohnungsmarktes ist beim Stadtumbau West kein Thema“, erklärt Dieter Geffers, Referatsleiter in der Stadtentwicklungsverwaltung. Wohnungsabrisse wie in Marzahn soll es etwa auf dem Falkenhagener Feld nicht geben.
Der Bund stellt für den Stadtumbau West 40 Millionen Euro im Jahr zur Verfügung. Es ist geplant, das Programm bis 2009 auf jährlich 86 Millionen Euro aufzustocken. Zunächst erhält Berlin laut Verteilschlüssel 2,67 Millionen Euro aus dem Bundestopf. Der Senat muss aber das Doppelte aus eigener Tasche drauflegen. Der Finanzsenator und das Abgeordnetenhaus müssen dieser Kofinanzierung allerdings noch zustimmen. Der Senat hofft, dass die Stadtumbaumaßnahmen in Form eines „Public Private Partnership“ realisiert werden.
Jens Sethmann
MieterMagazin 5/05
Im Visier des „Stadtumbau West“: Bahnflächen am S-Bahnhof Westhafen
Foto: Kerstin Zillmer
Im Fadenkreuz
Neukölln-Südring: Gewerbegebiete südlich der Ringbahn zwischen Karl-Marx-Straße, Grenzallee und Kiefholzstraße
Kreuzberg-Spreeufer: gemischt genutzter Streifen zwischen Spree und Wrangelstraße
Schöneberg-Südkreuz: Bahn- und Gewerbeflächen zwischen Autobahnkreuz Schöneberg, Bahnhof Papestraße und den Yorckbrücken
Tiergarten-Nordring/ Heidestraße: Bereich nördlich des Hauptbahnhofs/ Lehrter Bahnhofs zwischen Lehrter Straße und Schifffahrtskanal, Bahnflächen zwischen Quitzow-/Siemensstraße und Westhafenkanal sowie die Gewerbegebiete um die Huttenstraße
Spandau-Falkenhagener Feld: Wohnsiedlung der 60er/70er Jahre an der Falkenseer Chaussee
03.08.2013