In Berlin verwalten über 80 Genossenschaften mehr als 180.000 Wohnungen, das sind über 10 Prozent des gesamten Wohnungsbestandes der Stadt. Die Zukunftssicherung der Wohnungsgenossenschaften ist Ziel eines neuen Forschungsprogramms des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen.
Im Rahmen des Forschungsprogramms „Experimenteller Wohnungs- und Städtebau“ und auf der Grundlage des Bundestagsbeschlusses zur Stabilisierung und Weiterentwicklung des genossenschaftlichen Wohnens vom Januar 2005 arbeiten Ministerium und das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) seit November 2004 an den Forschungsfeldern „Altersvorsorge und Wohnungsgenossenschaften“ und „Erschließen von Genossenschaftspotenzialen“.
Grundidee des ersten Forschungsfeldes: Genossenschaftsmitglieder erwerben neben den Pflicht- zusätzliche Anteile und sparen so ein Vermögen an, das dann im Alter für eine Reduzierung der Mieten eingesetzt wird. Für die Genossenschaften ist diese Eigenkapitalfinanzierung wesentlich günstiger als eine Finanzierung über den Kapitalmarkt.
Das Forschungsfeld „Erschließen von Genossenschaftspotenzialen“ umfasst 22 Projekte und läuft bis November 2006. Hauptziel ist die „Weiterentwicklung des genossenschaftlichen Wohnens als dritte tragende Säule neben dem Wohnen zur Miete und dem Wohneigentum“. Von Mietmodellen sollten sie die Flexibilität übernehmen, vom selbstgenutzten Wohneigentum die Sicherheit, so Jürgen Steinert, Vorsitzender der Expertenkommission Wohnungsgenossenschaften. Genossenschaften sieht er als „Marktmodell zwischen legitimem Eigennutz der Mitglieder und Solidarität“. Er plädiert sogar für eine Übernahme kommunaler Wohnungsunternehmen durch professionell geführte Genossenschaften – bei entsprechender Förderung. Fusionen lehnt er ab, besser seien Kooperationen und ökonomische Netzwerke.
Erste Ansätze sind zum Beispiel Trägerstrukturen in Hamburg und Schleswig-Holstein, die sich als Dach für unterschiedliche, vernetzte Wohnprojekte verstehen. In München entwickelt die „Wogeno“ neue nachbarschaftliche Wohnformen auf der Basis solidarischer Netzwerke. Über die Wogeno-Struktur vernetzte Hausgemeinschaften übernehmen gemeinsam die Verantwortung für das Haus und die Nachbarschaft sowie eine ökologische und soziale Hausbewirtschaftung.
Rainer Bratfisch
MieterMagazin 6+7/05
„Dritte Säule der Wohnungsversorgung“: Deutschlands Genossenschaften (hier: „Bremer Höhe“ in Berlin)
Foto: Jens Sethmann
Literatur:Bericht der Expertenkommission „Wohnungsgenossenschaften – Potenziale und Perspektiven“, Berlin: Verlag Duncker & Humblot 2004, 751 Seiten, ISBN 3-428-11581-3, 48 Euro
26.01.2017