Die Stärkung des Genossenschaftsgedankens im Stadtteil hat sich das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung auf die Fahnen geschrieben: Im Rahmen des „Experimentellen Wohnungs- und Städtebaus“ (ExWoSt) wurden dazu bundesweit 22 Modellprojekte gestartet – eines davon in Wedding. Die Ziele im Gebiet rund um die Liebenwalder Straße: Die Bewohner sollen ihre Häuser in genossenschaftlicher Form übernehmen, ein kooperatives lokales Wirtschaftsnetzwerk soll das Wohnquartier stabilisieren.
Nach der Entlassung aus der Sanierungssatzung stehen sieben unsanierte Altbauten im früheren Sanierungsgebiet Schulstraße zur Privatisierung an. Weil in Wedding die Investoren nicht gerade Schlange stehen, stünden die Chancen, die Häuser an die Bewohner abzugeben, an sich nicht schlecht. Doch haben viele der Häuser einen hohen Instandsetzungs- und Modernisierungsbedarf. Kauf und Sanierung der Häuser auf herkömmlichem Wege würde die geringe Finanzkraft der Bewohner hoffnungslos überfordern. „Die Leute in Wedding haben nicht genug Eigenkapital, und Fördermittel gibt es nicht mehr“, beschreibt Volker Devermann, Geschäftsführer des bisherigen Sanierungsträgers, dem Verbund Nordberliner Wohnungsbaugenossenschaften (Nordverbund), das Dilemma. Um dies unter einem genossenschaftlichen oder ähnlichen gemeinschaftlichen Dach dennoch zu ermöglichen, will das Forschungsprojekt ein „innovatives Ressourcen- und Finanzierungsmodell zur Privatisierung, Modernisierung und Instandsetzung ohne erheblichen Einsatz öffentlicher Mittel“ entwickeln. „Wir suchen für jedes Haus die passende Lösung.“ So könnten einige unter die Fittiche einer bestehenden Genossenschaft genommen werden, andere eine neue gründen, ein weiteres Haus könnte von einem Träger übernommen werden, der dort eine Form gemeinschaftlichen Wohnens realisiert.
Eine große Rolle spielt dabei die Stadtteilgenossenschaft Wedding. Das genossenschaftlich organisierte Wirtschaftsnetzwerk soll die lokalen Unternehmer, insbesondere Handwerks- und Baufirmen sowie die vielen türkischen Familienunternehmen, in die Stadtteilentwicklung mit einbinden. Das ExWoSt-Projekt läuft noch bis Herbst 2006, doch nach Senatsvorgaben soll die Privatisierung der Häuser schon Ende 2005 unter Dach und Fach sein.
Ein ähnliches ExWoSt-Vorhaben gibt es auch in Kreuzberg. Drei Häuser im Waldekiez im ehemaligen Sanierungsgebiet Kottbusser Tor sollen an eine von Bewohnern zu gründende eigentumsorientierte Genossenschaft verkauft werden. Der besondere Schwerpunkt hier: Die überwiegend ausländischen Bewohner sollen als Genossenschaftsmitglieder gewonnen werden. Im Waldekiez steht das ExWoSt-Projekt allerdings in Konkurrenz zu einem Stiftungsmodell, das schon lange von einer Bewohnerinitiative verfolgt wird. Sie will alle 23 noch von der Wohnungsbaugesellschaft Bewoge zu privatisierenden Häuser als Stiftung übernehmen. Ohne die Häuser aus dem ExWoSt-Modell ist jedoch die Stiftungslösung möglicherweise gefährdet.
Jens Sethmann
MieterMagazin 11/05
„ExWoSt“-Modell eröffnet Genossenschafts-
perspektiven: zur Privatisierung anstehende Häuser in der Weddinger Schererstraße
Foto: Jens Sethmann
27.04.2013