Wo die Stadtplaner in Berlins Mitte ihren „Zukunftstraum“ verorten, packen die Experten fürs Vergangene gerade ihre Gerätschaften zusammen. In den zurückliegenden Jahren haben Archäologen unter anderem auf dem Schlossplatz Schicht für Schicht einer erstaunlichen Vergangenheit bloßgelegt: So entdeckten sie endlich die lang gesuchte Cöllner Stadtmauer und fanden heraus, dass sich die Mönche eines Dominikanerklosters und die Besucher des kurfürstlichen Lustgartens im späten Mittelalter gegenseitig über den Zaun schauen konnten.
Wer den kürzlich erschienenen 18. Band „Archäologie in Berlin und Brandenburg 2011“ durchblättert, der kann den Ausgräbern noch einmal über die Schulter sehen. Er findet in den unterschiedlichen Beiträgen über Grabungen zwischen Uckermark und Lausitz Geschichte und Geschichten, die weit bis in die Altsteinzeit zurückreichen: Ein Sanddorn-Ästchen vom Tagebaurand in Jänschwalde dürfte mit circa 135.000 Jahren das älteste Fundstück sein. Die Grabungen auf dem Schlossplatz dagegen decken vor allem Bausubstanz und damit auch Lebensumstände der letzten 400 Jahre in Berlin auf.
Schließlich nimmt das Buch seine Leser mit in die neueste Vergangenheit: Bei Glienicke/Nordbahn wurde der Ausgang eines fast 43 Meter langen Fluchttunnels wiedergefunden und freigelegt. Zweieinhalb bis drei Meter unter der Erde gegraben führte er 13 Menschen im März 1963 von Ost- nach West-Berlin in die Freiheit.
Rosemarie Mieder
MieterMagazin 5/13
Archäologie in Berlin und Brandenburg, Stuttgart, Theiss, 2013, 170 Seiten, 26,50 Euro
06.06.2013