Leitsätze:
1. Ein Nutzungsersatzanspruch nach § 546 a Abs. 1 BGB scheidet aus, wenn der Vermieter die vom Mieter zurückgelassene Wohnung gewaltsam öffnet und sich hierdurch den unmittelbaren Besitz an der Wohnung verschafft.
2. Eine Vorenthaltung der Mietsache kommt auch in Betracht, wenn Einbauten oder Gegenstände des Mieters in einem so erheblichen Ausmaß in der Wohnung zurückbleiben, dass dadurch eine Inbesitznahme durch den Vermieter verhindert wird. Das Zurücklassen von Gegenständen in einem lediglich geringen Umfang reicht aber nicht aus.
3. Eine Klausel, wonach ein Mieter unabhängig von der letztmaligen Durchführung von Renovierungsarbeiten bei Auszug auf jeden Fall verpflichtet sein soll, Schönheitsreparaturen auszuführen, benachteiligt den Mieter in unangemessener Weise, da ihm auch bei einer äußerst kurzen Vertragsdauer die Pflicht zur vollständigen Durchführung von Schönheitsreparaturen obliegt und hierdurch quasi der gleichzeitig vereinbarte Fristenplan außer Kraft gesetzt wird.
LG Frankfurt (Oder), Urteil vom 25.1.02 – 6 (a) S 118/01 –
Mitgeteilt von RA Friedrich-Wilhelm Lohmann
Urteilstext
Aus den Entscheidungsgründen:
… 1. Ein Nutzungsersatzanspruch der Kläger gemäß § 546 a Abs. 1 BGB scheidet vorliegend bereits deshalb aus, weil den Klägern die streitgegenständliche Wohnung in den Monaten Juni und Juli 1999 nicht mehr durch die Beklagte vorenthalten wurde.
Ein Vorenthalten der Mietsache durch den vormaligen Mieter, welches zur Zahlung von Nutzungsersatz verpflichten könnte, liegt nur dann vor, wenn der Mieter diese nach Vertragsbeendigung nicht im Sinne von § 546 BGB zurückgibt, d.h. dem Vermieter nicht den unmittelbaren Besitz an der Mietsache i.S.v. § 854 BGB verschafft, und dies dem Willen des Vermieters widerspricht (vgl. BGH, NJW 1983, 122; OLG Hamm, ZMR 1996, 372; Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Auflage, V A Rnr. 57).
a) Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass nach Vertragsbeendigung am 31.1.1999 eine ordnungsgemäße Rückgabe der Mietsache im Sinne von § 546 BGB zu keinem Zeitpunkt erfolgt ist. Die Beklagte hat vielmehr ohne jegliche Benachrichtigung gegenüber dem Kläger und Mitteilung der neuen Anschrift die Wohnung nach Vertragsbeendigung verlassen.
Gleichwohl ist jedoch vorliegend ein Nutzungsersatzanspruch der Kläger für die Monate Juni und Juli 1999 nicht mehr gegeben, da sich diese durch die gewaltsame Wohnungsöffnung am 24./25.4.1999 selbst den Besitz an der Mietsache zurückverschafft haben, so dass seit diesem Zeitpunkt eine Vorenthaltung der Mietsache durch die Beklagte nicht mehr vorlag.
Da sich die Kläger durch die gewaltsame Wohnungsöffnung selbst den unmittelbaren Besitz an der Wohnung verschafft haben, war der Beklagten jedenfalls ab diesem Zeitpunkt eine Rückgabe der Mietsache nicht mehr möglich, da sie selbst keinerlei unmittelbaren Besitz an der Wohnung mehr ausübte und diesen daher auch nicht mehr den Klägern einräumen konnte. Angesichts der somit eingetretenen Unmöglichkeit der Rückgabe für die Beklagte kam daher eine Vorenthaltung und damit eine Verpflichtung zur Zahlung von Nutzungsersatz nicht mehr in Betracht (vgl. Bub/Treier, a.a.O., V A Rnr. 74 m.w.N.).
b) Auch die Annahme eines über den Zeitpunkt der gewaltsamen Wohnungsöffnung hinausgehenden Vorenthaltens der Mietsache auf Grund zurückgelassener Gegenstände der Beklagten in der Mietwohnung kam vorliegend nicht in Betracht.
Zwar kann ein „Vorenthalten“ der Mietsache nach Vertragsbeendigung auch dann angenommen werden, wenn der Mieter eingebrachte Gegenstände in einem nennenswerten Umfang in der Wohnung zurücklässt und hierdurch die Inbesitznahme durch den Vermieter verhindert. Selbst wenn diese Gegenstände sich nur in einem Teil der Wohnung befinden, führt dies dabei jedoch grundsätzlich zur Verpflichtung zur Zahlung von Nutzungsersatz für die gesamte Wohnung, da eine teilweise Rückgabe der Mietsache als unzulässig anzusehen ist (vgl. BGH, NJW 1988, 2665; LG Köln, NJW-RR 1996, 1480; OLG Hamm, ZMR 1996, 372; OLG Brandenburg, ZMR 1997, 584).
Diese Voraussetzungen werden vorliegend indessen nicht erfüllt.
Es ist bereits fraglich, ob die Kläger den Umfang der zurückgelassenen Gegenstände angesichts des Bestreitens der Beklagten in hinreichend substantiiertem Maße beschrieben haben. Denn allein der Vortrag, dass der Carport „bis unter die Decke mit Gerümpel und anderen Habseligkeiten der Beklagten gefüllt“ gewesen sei, erlaubt der Kammer noch keine konkretere Prüfung dahingehend, ob die Art und der Umfang dieser Gegenstände im Carport bereits ein Vorenthalten hinsichtlich der gesamten Mietwohnung rechtfertigen.
Selbst wenn man den Vortrag der Kläger indessen als ausreichend erachten würde, würde dieser ein Vorenthalten der Wohnung und damit einen Nutzungsersatzanspruch der Kläger nicht begründen.
Eine Vorenthaltung der Mietsache kommt nämlich nur dann in Betracht, wenn Einbauten oder aber Gegenstände in einem so erheblichen Ausmaß in der Wohnung zurückbleiben, dass dadurch eine Inbesitznahme durch den Vermieter verhindert wird (vgl. BGH, NJW 1988, 2265; OLG Brandenburg, ZMR 1997, 584; OLG Hamm, ZMR 1996, 372; LG Köln, NJW-RR 1996, 1480). Das Zurücklassen von Gegenständen in einem lediglich geringen Umfang reicht daher nicht aus.
Selbst wenn man vorliegend unterstellt, dass Gegenstände der Beklagten in einem Umfang zurückgeblieben sind, dass diese den Carport, bei dem es sich um einen lediglich untergeordneten Teil des Mietgegenstandes (Zubehör) handelte, vollständig ausfüllten, vermag dies nicht ein Vorenthalten der gesamten, aus drei Zimmern bestehenden Wohnung zu rechtfertigen. Dass die Kläger trotz der zurückgelassenen Gegenstände nämlich sehr wohl in der Lage waren, nach der gewaltsamen Öffnung der Tür den unmittelbaren Besitz an der Mietwohnung auszuüben, zeigt sich bereits daran, dass von ihnen gerade in der Folgezeit in der Wohnung nach ihrem eigenen Vortrag umfängliche Renovierungsarbeiten durchgeführt worden sind.
2. Auch ein auf Ersatz eines Mietausfallschadens gerichteter Schadensersatzanspruch der Kläger wegen Verzugs mit der Durchführung von Schönheitsreparaturen gemäß § 326 BGB kommt nicht in Betracht.
Der Schadensersatzanspruch der Kläger scheitert vorliegend bereits daran, dass es an einem fälligen und verzugsbegründenden Anspruch der Kläger auf Durchführung von Schönheitsreparaturen fehlt.
Die Beklagte war nämlich auf Grund von § 7 Nr. 5 des Formularmietvertrages nicht zur Durchführung von Schönheitsreparaturen nach Vertragsbeendigung verpflichtet, da sich diese vertragliche Vereinbarung als unwirksam gemäß § 9 AGBG darstellt und die Kläger daher aus dieser Vereinbarung keine Rechte für sich herleiten können.
Gemäß § 7 Nr. 5 des Mietvertrages sollte die Beklagte verpflichtet sein, spätestens bei Ende des Mietverhältnisses alle bis dahin – je nach dem Grad der Abnutzung oder Beschädigung – erforderlichen Arbeiten auszuführen. Diese Verpflichtung sollte nach dem eindeutigen Wortlaut der Vereinbarung unabhängig davon gelten, ob die Fristen des ebenfalls unter § 7 Nr. 5 des Mietvertragsformulars vereinbarten Fristenplans hinsichtlich der Durchführung von Schönheitsreparaturen bereits verstrichen sein sollten. Eine solche Klausel, wonach ein Mieter unabhängig von der letztmaligen Durchführung von Renovierungsarbeiten bei Auszug auf jeden Fall verpflichtet sein soll, Schönheitsreparaturen auszuführen, benachteiligt den Mieter indessen in unangemessener Weise, da ihm auch bei einer äußerst kurzen Vertragsdauer die Pflicht zur vollständigen Durchführung von Schönheitsreparaturen obliegt und hierdurch quasi der gleichzeitig vereinbarte Fristenplan außer Kraft gesetzt wird (vgl. OLG Celle, ZMR 1999, 469; LG Hamburg, NZM 2000, 541; LG Berlin, NZM 2001, 285 f.; LG Berlin, ZMR 1999, 557; Bub/Treier a.a.O., V A Rnr. 207 m.w.N.). …
16.03.2013