Leitsätze:
Gemäß der Definition der Orientierungshilfe zum Mietspiegel 2011 liegt eine „bevorzugte Citylage“ dann vor, wenn eine Lage „nahe repräsentativen, überregional ausstrahlenden Einkaufs-, Dienstleistungs- und Wohnstandorten“ gegeben ist. Für die bevorzugte Citylage ist daher nicht eine Lage direkt in diesen Standorten notwendig, sondern nur nahe den genannten Standorten. Diese Einschränkung gab es im Mietspiegel 2009 noch nicht.
Bei der Schillerstraße in Charlottenburg ist deshalb das Wohnwertmerkmal „bevorzugte Citylage“ gegeben, will sie nahe einem entsprechenden Gebiet, dem Kurfürstendamm, liegt.
AG Charlottenburg vom 29.8.2012 – 231 C 156/12 –
Urteilstext
Tatbestand
Zwischen den Parteien besteht ein Mietverhältnis über die Wohnung … Berlin, Seitenflügel, 2. Obergeschoss rechts. Die Beklagte ist bereits seit 01.06.1986 Mieterin. Es ist eine Bruttokaltmiete vereinbart. Zum 01.01.2009 betrug diese 244,17 Euro.
Mit Schreiben vom 17.10.2011 bat die Klägerin die Beklagte um Zustimmung zur Erhöhung der Bruttokaltmiete um 48,83 Euro auf 293,00 Euro ab dem 01.01.2012. Eine Zustimmung wurde nicht erklärt.
Die Wohnung hat eine Fläche von 38,58 qm. Sie ist in das Mietspiegelfeld C2 des Berliner Mietspiegels 2011 einzuordnen.
Die Merkmalsgruppen 1 – Bad – und 3 – Wohnung – der Orientierungshilfe zum Berliner Mietspiegel 2011 sind negativ. Die Merkmalsgruppen 2 – Küche – und 4 – Gebäude – sind neutral.
Die Klägerin behauptet, die auf die Wohnung entfallenden Betriebskosten würden 1,57 Euro/m² betragen, sowie, dass die Wohnung in bevorzugter Citylage liege.
Die Klägerin hatte zunächst die Erhöhung auf 293,00 Euro begehrt und hat die Klage dann mit Schriftsatz vom 19.06.2012 über einen Erhöhungsbetrag von 5,58 Euro zurück genommen.
Die Klägerin beantragt nunmehr, wie erkannt.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht, dass die Ermittlung des Betriebskostenanteils unzutreffend sei. Die Wohnfläche betrage nicht wie angegeben 1.868,46 m², sondern nur 1.732,11 m². Es sei zudem erhebliches Gewerbe vorhanden, so dass ein Vorwegabzug nötig sei. Eine bevorzugte Citylage liege nicht vor.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist in dem nach der teilweisen Klagerücknahme noch geltend gemachten Umfang begründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zustimmung zur Mieterhöhung gemäß §§ 558, 558b BGB auf 287,42 Euro ab dem 01.01.2012.
Denn die von der Klägerin noch begehrte Miete übersteigt die ortsübliche Vergleichsmiete nicht, sondern entspricht dieser vielmehr.
Die verlangte Miete entspricht einer solchen von 20% unter dem Mittelwert des unstreitig einschlägigen Mietspiegelfeldes C2.
Zwei Merkmalsgruppen sind unstreitig negativ, zwei Merkmalsgruppen unstreitig neutral, streitig ist allein die Merkmalsgruppe 5 – Wohnumfeld -. Insoweit liegt aber das Positivmerkmal der bevorzugten Citylage gemäß der Definition der Orientierungshilfe zum Mietspiegel 2011 vor. Dort heißt es ausdrücklich, eine bevorzugte Citylage liege dann vor, wenn eine Lage „nahe repräsentativen, überregional ausstrahlenden Einkaufs-, Dienstleistungs- und Wohnstandorten“ gegeben ist. Für die bevorzugte Citylage ist daher nicht eine Lage direkt in diesen Standorten notwendig, sondern nur nahe den genannten Standorten. Diese Einschränkung gab es im Mietspiegel 2009 noch nicht. Daher sind nach hiesiger Auffassung die von der Beklagten zitierte Entscheidung des AG Mitte (Urteil vom 29.11.2011, Az. 8 C 226/11, zitiert nach juris) und auch die ganz ähnlich lautende des LG Berlin vom 24.01.2012 (Az. 63 S 239/11, zitiert nach juris) angesichts der ausdrücklichen Änderung der Formulierung schlicht falsch, zumal das Landgericht Berlin eigene Rechtsprechung fortführt, welche sich auf die älteren Mietspiegel bezieht und daher eine Lage in den genannten Bereichen fordert. Nach dem neuen Mietspiegel reicht aber gerade eine Lage nahe diesen. Ohne Zweifel befindet sich die Wohnung der Beklagten aber, wenn auch nicht in, so doch nahe einem zentral gelegenen Teilraum der Großstadt Berlin, der sich durch eine besondere Dichte von Einkaufsmöglichkeiten, Kultureinrichtungen und Restaurants sowie anderen Einrichtungen auszeichnet, die eine über die typische Infrastruktur eines Wohngebietes hinausgehende Bedeutung und Anziehungskraft insbesondere auch für in- und ausländische Besucher und Touristen haben, nämlich dem Kurfürstendamm und den um diesen herum gelegenen Straßen.
Auch der von der Klägerin in der Erhöhungserklärung angegebene Betriebskostenanteil ist der Entscheidung zugrunde zu legen. Dass die Klägerin bei der Berechnung nicht von der von der Beklagten angesetzten reinen Wohnfläche, also einer geringeren Fläche ausgegangen ist, sondern die gesamte, auch die gewerblich genutzte Fläche angesetzt hat, ist, wie die Klägerin zutreffend vorträgt, zunächst für die Beklagte günstig, da sich aus einer geringeren angesetzten Gesamtfläche ein höherer Quadratmeteranteil ergäbe und damit eine geringere fiktive Nettomiete. Die Behauptung der Beklagten, es hätte für das im Haus vorhandene Gewerbe ein Vorwegabzug erfolgen müssen, ist zwar verspätet, führt aber nicht zu einer Verzögerung des Rechtsstreits, so dass nicht nach § 296 Abs. 1 ZPO zu entscheiden war, denn dieser Vortrag ist unzureichend und damit nicht erheblich. Die Beklagte behauptet nur ins Blaue hinein, dass ein Vorwegabzug nötig sei. Sie führt weder im Einzelnen aus, welches Gewerbe vorhanden ist, noch auf welche Positionen der Betriebskostenabrechnung sich der von ihr geforderte Vorwegabzug bezüglich welchen Gewerbes beziehen soll. Die Mieterin ist aber darlegungspflichtig für die Notwendigkeit des Vorwegabzugs (stRspr. vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 13.10.2010, Az. VIII ZR 46/10, zitiert nach juris). Hiervon mag es Ausnahmen geben, wenn dies ganz ausnahmsweise (z.B. bei einen Schnellrestaurant hinsichtlich des Wasserverbrauchs und Mülls) auf der Hand liegt. Hierzu fehlt aber jeglicher Vortrag der Beklagten.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
16.08.2013