Leitsätze:
Das wohnwerterhöhende Merkmal der modernen, gesteuerten Entlüftung des innenliegenden Badezimmers liegt nicht vor, wenn die Entlüftung lediglich durch einen automatischen Ventilator durch den Entlüftungsschacht erfolgt. Eine einfache automatische Entlüftung mittels Ventilators, welche bereits seit über 30 Jahren eine übliche bzw. durchschnittliche Entlüftungsmethode innenliegender Bäder darstellt, ist keine moderne Entlüftung. Für eine solche bedarf es, ähnlich der beispielhaft angegebenen Vergleichsentlüftung des Feuchtigkeitssensors, einer höheren technischen Anforderungen genügenden Entlüftung.
AG Charlottenburg vom 22.8.2012 – 212 C 56/12 –
Urteilstext
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Erhöhung der monatlichen Nettokaltmiete für die streitgegenständliche Wohnung.
Die Beklagten sind Mieter, der Kläger Vermieter der Wohnung in der … Berlin, 3 OG rechts. Die Wohnung ist 78,68 qm groß, das Haus wurde zwischen den Jahren 1950 und 1955 bezugsfertig. Die Wohnung ist mit einer Sammelheizung, einem Bad und einem Innen-WC ausgestattet. Die monatliche Nettokaltmiete beträgt derzeit 520,51 Euro bzw. 6,62 Euro/qm. Seit dem Mietbeginn am 1. April 2010 ist die Miete unverändert.
Mit Schreiben vom 18. Oktober 2011 begehrte der Kläger von den Beklagten die Zustimmung zur Anhebung der Nettokaltmiete um 38,12 Euro auf 558,63 Euro monatlich ab dem 1. Januar 2012. Die Beklagten stimmten der Mieterhöhung nicht zu.
In der Wohnung der Beklagten ist in den Wohnräumen sowie im Flur Laminat verlegt. Sie ist mit einem Bad ausgestattet, welches die Kriterien für das Sondermerkmal „modernes Bad“ des Mietspiegels erfüllt. Das Bad mit WC verfügt nicht über ein Fenster. Die Entlüftung erfolgt über einen automatisch betriebenen Ventilator durch einen Entlüftungsschacht.
Der Kläger behauptet, dass es sich bei dem Laminat um ein höherwertiges, strukturveredeltes Laminat handelt.
Er meint, dass dies ein hochwertiger Bodenbelag sei und der automatische Ventilator im Bad eine moderne Entlüftungsanlage im Sinne des Mietspiegels sei.
Der Kläger beantragt,
die Beklagten zu verurteilen, der Erhöhung der Nettokaltmiete für die von ihnen innegehaltene Wohnung in der … Berlin, 3. OG rechts, von zurzeit 520,51 Euro um 38,12 Euro auf 558,63 Euro mit Wirkung zum 01.01.2012 zuzustimmen.
Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.
Die Beklagten sind der Meinung, dass aufgrund formaler Mängel aus dem Mieterhöhungverlangen keine Zustimmung verlangt werden könne.
Hinsichtlich des weiteren Vortrages der Parteien bezüglich der wohnwerterhöhenden und wohnwertmindernden Merkmale der Merkmalsgruppen des Mietspiegels wird auf die Schriftsätze der Parteien verwiesen.
Entscheidungsgründe
1. Die Klage ist zulässig aber unbegründet. Ein Anspruch auf Zustimmung zur Mieterhöhung gemäß § 558 b BGB besteht nicht. Die aktuelle Miete der Beklagten übersteigt den Betrag dessen, bis zu dem die Klägerin Anspruch auf Zustimmung zu einer Mieterhöhung hat. Hinsichtlich dessen kann dahinstehen, ob die Mieterhöhung bereits auf formellen Gründen unwirksam war.
Die Kläger können die Zustimmung zu einer Mieterhöhung gemäß § 558 BGB nur bis zur Höhe der üblichen Entgelte verlangen. Das Gericht zieht zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete den Berliner Mietspiegel 2011 heran. Der Mietspiegel kann dabei, auch wenn er in der ZPO nicht als Beweismittel vorgesehen ist, zur Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete herangezogen werden. Der Gesetzgeber selbst sieht ausweislich von §§ 558a Abs. 2 Nr. 1, 558c, 558d BGB den Mietspiegel als das beste Mittel zum Nachweis des üblichen Entgelts im Sinne von § 558 BGB an (vgl. BverfG, Beschluss v. 03.04.1990, Az. 1 BvR 268/90). Die Orientierungshilfe für die Spanneneinordnung kann für den Rechtsstreit ebenfalls herangezogen werden. Zwar ist die Orientierungshilfe nicht Bestandteil des qualifizierten Mietspiegels. Bei der Orientierungshilfe handelt es sich aber nach der Erläuterung zum Mietspiegel um Aussagen, die vom umfassenden Sachverstand der an der Mietspiegelerstellung beteiligten Experten getragen werden. Sie bietet damit ein objektives, berechenbares und nachvollziehbares Schema, mit der die ortsübliche Miete der streitgegenständlichen Wohnung unter Zugrundelegung von § 287 Abs. 2 ZPO ermittelt werden kann (vgl. LG Berlin, Urt. v. 03.06.2003, Az. 65 S 17/03).
Ausgehend von dem für die Wohnung einschlägigen Feld des Mietspiegels I 5, unter Erhöhung der Werte aufgrund des unstreitig vorliegenden Sondermerkmals „modernes Bad“ um 0,11 Euro/qm, liegt der Mittelwert bei 5,65 Euro/qm, der Unterwert bei 4,79 Euro/qm und der Oberwert bei 7,21 Euro/qm. Die monatliche Nettokaltmiete des Beklagten beträgt 6,62 Euro/qm.
Das Sondermerkmal eines hochwertigen Bodenbelages liegt entgegen der Ansicht des Klägers nicht vor. Laminat stellt keinen hochwertigen Bodenbelag dar. Ein Bodenbelag muss zur Erfüllung des Kriteriums hochwertig sein. Dabei ist im Vergleich mit den genannten Beispielen wie Parkett oder Naturstein eine entsprechende Hochwertigkeit zu fordern. Gerade im Hinblick auf die Langlebigkeit von Parkett und Naturstein ist Laminat kein gleichwertiger Bodenbelag. Im Gegensatz zu Parkett lässt sich dieses nicht nach einer Zeit abschleifen und wieder aufbereiten. Die seitens des Klägers zitierte Rechtsprechung hinsichtlich der Einordnung von Laminat als hochwertigem Bodenbelag bezieht sich auf Rechtsprechung zum Mietspiegel 2007 bzw. 2005. Der Mietspiegel hat sich jedoch in Hinsicht auf das Sondermerkmal „hochwertiger Bodenbelag“ verändert. Im Rahmen des Mietspiegels 2007 war Laminat ausdrücklich als hochwertiger Bodenbelag ausgewiesen. Zudem war bereits „hochwertiger Teppichboden (besser als Nadelfilz)“ als hochwertiger Bodenbelag anzusehen. Im Mietspiegel 2011 ist jedoch weder Laminat noch Teppichboden, welcher „besser“ als Nadelfilz ist, als ein hochwertiger Bodenbelag anzusehen. Die im Mietspiegel genannten Beispiele stellen auf einen höherwertigen Bodenbelag als Laminat ab, welches auch aufgrund geänderter Anschauung nicht mehr als hochwertiger Bodenbelag zu qualifizieren ist.
Unter Zugrundelegung dessen war eine Erhöhung der Miete nur zulässig, wenn im Saldo mindestens 4 Merkmalsgruppen als wohnwerterhöhend zu bewerten sind. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Bereits die Merkmalsgruppe 1 (Bad/WC) ist vorliegend als wohnwertmindernd zu berücksichtigen. Unstreitig liegt das wohnwertmindernde Merkmal eines Bads mit WC ohne Fenster vor. Entgegen der Ansicht des Klägers ist das wohnwerterhöhende Merkmal des innenliegenden Badezimmers mit moderner, gesteuerter Entlüftung (z. B. mittels Feuchtigkeitssensor) nicht gegeben. Unstreitig erfolgt die Entlüftung lediglich durch einen automatischen Ventilator durch den Entlüftungsschacht. Dies stellt jedoch keine moderne gesteuerte Entlüftung dar, die mit einer solchen durch Steuerung mittels eines Feuchtigkeitssensors vergleichbar wäre. Dies ist jedoch erforderlich, da ein solcher oder vergleichbarer Sensor dem wohnwerterhöhenden Merkmal zugrunde liegt. Eine einfache automatische Entlüftung mittels Ventilators, welche bereits seit über 30 Jahren eine übliche bzw. durchschnittliche Entlüftungsmethode innenliegender Bäder darstellt, ist keine moderne Entlüftung. Für eine solche bedarf es, ähnlich der beispielhaft angegebenen Vergleichsentlüftung des Feuchtigkeitssensors, einer höheren technischen Anforderungen genügenden Entlüftung.
Aufgrund der als negativ zu bewertenden Merkmalsgruppe 1 (Bad/WC) kann dahinstehen, ob die übrigen Merkmalsgruppen, so wie von dem Kläger vorgetragen, wohnwerterhöhend sind. Selbst wenn dies der Fall wäre, woran hinsichtlich des unsubstantiierten Vortrags zur Hochwertigkeit des Bodenbelags in der Küche Zweifel bestehen, wäre der Mittelwert unter Berücksichtigung der Merkmalsgruppe 1 maximal um 3/5 der Differenz des mittleren zum oberen Spannenwert, mithin um 0,94 Euro/qm auf 6,59 Euro/qm zu erhöhen. Die dadurch erreichte Vergleichsmiete von 6,59 Euro/qm liegt jedoch unterhalb der von den Beklagten gezahlten Miete von 6,62 Euro/qm.
2. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 Satz1, Satz 1 i. V. m. 709 Satz 2 ZPO.
16.08.2013