Leitsatz:
Das fachgerechte Aufstellen eines Hochbetts bedarf in der Regel nicht der vorherigen Zustimmung durch den Vermieter.
AG Tempelhof-Kreuzberg, Urteil vom 20.12.02 – 2 C 519/02 –
Mitgeteilt von RA Günter Benner
Urteilstext
Aus dem Tatbestand:
Der Kläger ist Eigentümer des Mietshauses Z…-Straße, in dem der Beklagte auf Grund des Mietvertrags vom 3.2.1989 eine Wohnung bewohnt.
§ 14 des Mietvertrags lautet: „Veränderungen an und in den Mieträumen, insbesondere Um- und Einbauten, Installationen und dergleichen, dürfen nur mit schriftlicher Erlaubnis des Vermieters vorgenommen werden. Die Erlaubnis kann davon abhängig gemacht werden, dass der Mieter sich zur völligen oder teilweisen Wiederherstellung des früheren Zustandes im Falle seines Auszuges verpflichtet.“
Nachdem der Kläger in den Mietvertrag eingetreten war und festgestellt hatte, dass der Beklagte ohne Zustimmung des bisherigen Vermieters im Schlafzimmer ein – wie nach der Beweisaufnahme unstreitig geworden ist – Hochbett errichtet hatte, schrieb der Kläger, der davon ausging, es handele sich um einen Galerie-Aufbau, dem Beklagten mit Schreiben vom 7.3.2001, dass er diesbezüglich Bedenken habe. In dem Schreiben heißt es: „Das erste Problem ist Ihre persönliche Sicherheit im Falle eines Brandes, das heißt keine Fluchtmöglichkeit aus der oberen Etage – eine Unbedenklichkeitsbestätigung der Feuerwehr/Brandschutzdirektion muss unbedingt auf Ihre Kosten besorgt werden. Das zweite Problem liegt am Gewicht der gusseisernen Konstruktion, es muss überprüft werden, ob die Deckenbelastung des Gebäudes nicht überschritten ist. Hierzu müssen Sie auf Ihre Kosten eine Abnahme und Unbedenklichkeitsbescheinigung eines staatlich geprüften Statikers für Baustatik besorgen. Ich bitte Sie, mir beide Bestätigungen schnell zukommen zu lassen. Sobald mir diese Bestätigungen vorliegen, werde ich Ihnen nachträglich meine schriftliche Zustimmung zu dem Aufbau im Sinne des § 14 Mietvertrag erteilen. Andernfalls muss ich Sie bitten, den Galerieaufbau unverzüglich zu entfernen.“
Nach zwischenzeitlichem Schriftverkehr zwischen den Parteien teilte der Beklagte, der das Hochbett alleine nutzt, dem Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 7.5.2001 mit, bei dem „Galerie-Aufbau“ handele es sich um ein Hochbett, welches nicht mit der Wand verdübelt oder verschraubt sei. Ihm sei bei einer Inaugenscheinnahme durch einen Bauingenieur bestätigt worden, dass weder die statische Sicherheit gefährdet sei, noch – auf Grund einer fest installierten Leiter – der Fluchtweg fehle. Gleichzeitig teilte er mit, dass er bereit sei, Vertretern des Bauamtes zu Überprüfungszwecken auf Kosten des Klägers Zutritt zum Schlafzimmer zu gewähren.
Der Kläger hat ursprünglich behauptet, auf dem Galerieaufbau könnten sich circa 10 Personen aufhalten. Infolge der punktuell verteilten Lasten könnten die Dielenbalken sowie die darunter liegende Schüttung beziehungsweise Decke infolge Eindrückens und Brechens der Dielen beschädigt werden. Der Kläger hat die Ansicht vertreten, dass von der Beklagten, da mangels erteilter beziehungsweise zu erteilender Genehmigung auch die Voraussetzungen des § 14 des Mietvertrags nicht vorlägen, der Aufbau zu entfernen sei.
Der Kläger hat ursprünglich beantragt, den Beklagten zu verurteilen, den Galerieaufbau im Schlafzimmer der vom Beklagten gemieteten Wohnung des Wohnhauses Z…-Straße in Berlin, 1. OG links, bestehend aus einer Plattform, die auf einem Gerüst aus Stahlrohren ruht, zu entfernen.
Nachdem das Gericht ein Sachverständigengutachten über die Frage der möglichen Beschädigung der Dielen/Decke eingeholt hat, ausweislich dessen das Hochbett bei Nutzung als Liegestatt keine Beschädigungen an den Dielen verursacht, hat der Kläger dem Beklagten am 29.10.2002 die Genehmigung des Hochbetts als Liegestatt erteilt und den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Er vertritt die Ansicht, dass der Nachweis, dass keine Schäden für die Mietsache eintreten, dem Mieter oblägen. Der Beklagte habe ihn überdies mehrfach daran gehindert, die Wohnung zur Besichtigung des Hochbetts zu betreten.
Er beantragt nunmehr, festzustellen, dass die Klage erledigt ist.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat ursprünglich bestritten, dass er verpflichtet sei, das nur circa 300 kg schwere Hochbett zu entfernen, da eine statische Beeinträchtigung durch die freistehende Konstruktion mit einem durchgehenden, auf dem Boden liegenden Stahlrohr mangels punktueller Belastung einzelner Dielen ausgeschlossen sei. Er hat zudem behauptet, das Hochbett, das seit Jahren benutzt werde, habe auch bislang keine Schäden hervorgerufen und könne bei Auszug rückstandslos entfernt werden, wozu der Beklagte auch bereit sei. Eine Gefahr auf Grund fehlender Fluchtmöglichkeit bestehe ebenfalls nicht, schließlich werde das Hochbett nur durch den Beklagten selbst genutzt.
Der Beklagte widerspricht der Erledigungserklärung des Klägers und trägt hierzu vor, es fehle bereits an einem erledigenden Ereignis, da sich ausweislich des Gutachtens eine Gefährdung der Statik nicht ergeben habe.
Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 12.6.2002 durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sachverständigengutachten des Dr. Ing. K… vom 23.9.2002 verwiesen.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die zulässige Feststellungsklage ist unbegründet. Eine Erledigung der Hauptsache ist nicht eingetreten.
Eine Erledigung liegt nur vor, wenn eine ursprünglich zulässige und begründete Klage infolge eines nach Rechtshängigkeit eintretenden Ereignisses unzulässig oder unbegründet wird. Das ist hier nicht der Fall. Denn die Klage war von Anfang an unbegründet.
Der Kläger hat von Anfang an keinen Anspruch auf Entfernung des Hochbetts gehabt. Auf den vor dem 1.9.2001 geschlossenen Mietvertrag finden gemäß Art. 229 § 3 EGBGB die neuen Vorschriften des Mietrechts Anwendung (vgl. Franke, ZMR 2001, 951). Nach § 541 BGB n.F. kann der Vermieter, wenn der Mieter einen vertragswidrigen Gebrauch der Mietsache trotz Abmahnung fortsetzt, auf Unterlassung klagen. Gleichzeitig gewährt die Vorschrift einen Beseitigungsanspruch hinsichtlich eines vertragswidrigen Zustands (vgl. BGH, NJW 2000, 3203). Bauliche Veränderungen oder Einbauten können grundsätzlich einen vertragswidrigen Gebrauch darstellen. Das gilt jedoch nicht, wenn kein Eingriff in die bauliche Substanz erfolgt und die Veränderung nicht endgültig vorgenommen worden ist und wenn die Einheitlichkeit der Wohnanlage nicht beeinträchtigt sowie keine nachteiligen Folgen zu befürchten sind (Kinne/Schach, Miet- und Mietprozessrecht, 3. Auflage, § 541 Rdnr. 10). Ausgehend von dieser Begriffsbestimmung hat hier ein vertragswidriger Gebrauch zu keiner Zeit vorgelegen. Nach dem überzeugenden Sachverständigengutachten des Dr.-Ing. S… vom 23.9.2001 steht fest, dass von dem nicht an den Seitenwänden befestigten Hochbett eine Gefahr für die Dielen nicht ausgeht, sofern dieses als Liegestatt genutzt wird. Vielmehr sei in dem Fall die auf den Dielen liegende Last der eines schweren Bücherschranks vergleichbar. Der Kläger hat jedoch nicht dargetan, dass der Beklagte das Hochbett anders als zu Schlafzwecken genutzt habe bzw. nutzt, noch hat er eine entsprechende Verurteilung begehrt. Auch ist im Übrigen weder eine Veränderung der baulichen Substanz festzustellen, noch hat der Kläger vorgetragen, dass das Hochbett bei einem Auszug nicht entfernt werden könnte. Ein vertragswidriger Gebrauch liegt damit nicht vor.
Ein vertragswidriger Gebrauch ergibt sich auch nicht wegen Verstoßes gegen § 14 des Mietvertrages in Verbindung mit § 541 BGB n.F. Soweit der Kläger geltend macht, der Beklagte habe den Einbau des Hochbetts nicht angezeigt, führt dies allein nicht zu dem mit der Klage ursprünglich geltend gemachten Entfernungsanspruch. Denn das Aufstellen eines Hochbetts fällt bereits nicht unter § 14 des Mietvertrages. Nach dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens ist unstreitig, dass das Hochbett ohne seitliche Befestigung zu den das Schlafzimmer angrenzenden Wänden oder Decken aufgestellt ist. Hieraus folgt aber, dass es sich nicht um Veränderungen an und in den Mieträumen im Sinne des § 14 handelt. Aus den beispielhaft in § 14 S. 2 aufgeführten „Um- und Einbauten, Installationen und dergleichen“ folgt, dass die Regelung nur für Veränderungen der Mietsache selbst, d.h. für Eingriffe in deren Substanz gilt, die nicht nur zu einem vorübergehenden Zweck vorgenommen und jederzeit wieder entfernbar sind (vgl. LG Berlin, GE 1990, 868: transportable Duschkabine).
Soweit der Kläger schließlich geltend macht, die Klage sei schon deshalb ursprünglich begründet gewesen, weil der Beklagte ihm den Zugang zur Wohnung zwecks Besichtigung des Hochbetts verweigert habe, ist dies schon deshalb unerheblich, weil es bei dem zu entscheidenden Rechtsstreit nicht um die – gesondert einklagbare – Nebenpflicht der Gewährung des Zutritts zur Wohnung geht (vgl. dazu AG Tiergarten, GE 1990, 547 f.), sondern ausschließlich um die Beseitigung des von dem Beklagten aufgebauten Hochbetts. Die Klage war daher abzuweisen. …
Anmerkung der Redaktion:
vgl. auch AG Köln WM 87, 51; AG Schöneberg GE 92, 1159
15.03.2013