Leitsatz:
Im Sozialen Wohnungsbau ist eine Heizkostenabrechnung wegen formeller Unwirksamkeit nicht fällig, wenn die dem unterschriebenen Anschreiben beigefügten Anlagen des Wärmemessdienstes ihrerseits nicht unterschrieben sind.
AG Neukölln, Urteil vom 12.10.06 – 12 C 235/04 –
Mitgeteilt von RA Ulrich Krampe
Urteilstext
Aus den Entscheidungsgründen:
Die zulässige Klage war abzuweisen, da sie unbegründet ist. Der Klägerin steht gegen den Beklagten der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung der Nachforderungsbeträge aus den Heizkostenabrechnungen für die Jahre 2000, 2001 und 2002 in Höhe von insgesamt 1086,65 Euro nicht zu.
Der Anspruch scheitert daran, dass die streitgegenständlichen Heizkostenabrechnungen nicht fällig sind, da sie formell nicht wirksam sind. Das erforderliche Schriftformerfordernis ist bei allen Abrechnungen nicht ausreichend gewahrt.
Vorliegend gelten für Anforderungen an eine wirksame Nebenkostenabrechnungen gemäß § 20 Absatz 4 Satz 1 Neubaumietenverordnung (NMV) die § 4 Absatz 7 und § 8 NMV, die ihrerseits auf § 10 Wohnungsbindungsgesetz (WoBindG) verweisen, entsprechend, da es sich um eine Wohnung im sozialen Wohnungsbau handelt. Danach ist im Falle der Nachforderung von Nebenkosten eine schriftliche Erklärung des Vermieters erforderlich in der die Forderung berechnet und erläutert ist, § 10 Absatz 1 Satz 1 und 2 WoBindG. Der Umfang der Schriftform ergibt sich aus § 126 BGB. Danach muss die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig unterschrieben sein. Bei einer aus mehreren Blättern bestehenden Urkunde ist die erforderliche Schriftform nur dann gewahrt, wenn die Zusammengehörigkeit der Urkunde entweder durch körperliche Verbindung oder sonst in geeigneter Weise, zum Beispiel durch fortlaufende Nummerierung der Blätter, einheitliche grafische Gestaltung oder inhaltlicher Zusammenhang des Textes, erkennbar gemacht worden ist. Besteht die Urkunde aus einem Anschreiben und Anlagen, so müssen die Anlagen in der Haupturkunde so genau bezeichnet sein, dass eine zweifelsfreie Zuordnung möglich ist. In diesem Fall ist eine Unterzeichnung der beigefügten Anlagen nicht erforderlich (BGH a.a.O.; BGH, NJW 2003, 1248).
Die Heizkostenabrechnung für das Jahr 2000 erfüllt das Schriftformerfordernis nicht. Zwar ist das Anschreiben der Klägerin vom 5. Juli 2001 unterschrieben. Die als Anlage mit zugesandte Abrechnung der Firma T… und die Erläuterungen hingegen sind nicht unterschrieben. Eine körperliche Verbindung zwischen dem Anschreiben und der Erläuterung besteht zweifelsohne nicht. Auch ist eine Zusammengehörigkeit nicht dadurch erkennbar, dass die einzelnen Blätter fortlaufend nummeriert sind. Lediglich die zwei Seiten der Erläuterung sind nummeriert. Die Einheitlichkeit der Urkunde ergibt sich auch nicht durch einen inhaltlichen Zusammenhang, der eine zweifelsfreie Zuordnung der Abrechnung zu dem Anschreiben ermöglicht. Zwar verweist das Anschreiben der Klägerin auf die Anlagen. Eine konkrete Inhaltliche Bezugnahme fehlt jedoch völlig. So wird weder das Datum der Abrechnung der Firma T… noch die Nachforderung der Höhe nach erwähnt. Entgegen der Ansicht der Klägerin reicht es auch nicht aus, dass in dem Anschreiben die Abrechnungsfirma namentlich erwähnt ist, da hierdurch keine Bezugnahme auf eine konkrete, den Beklagten betreffende Abrechnung verwiesen wird. Auch der Umstand, dass in der Abrechnung der Firma T… der Beklagte als Adressat und die Klägerin als Auftraggeberin genannt sind, reicht nicht aus, um einen ausreichenden inhaltlichen Zusammenhang zwischen dem Anschreiben und dieser Abrechnung herzustellen.
Auch die Heizkostenabrechnung für das Jahr 2001 und 2002 erfüllen nicht das Schriftformerfordernis. Zwar sind nunmehr die Anschreiben der Klägerin vom 20. August 2002 und vom 5. September 2003 und die jeweiligen Erläuterung inhaltlich verbunden, da die Blätter fortlaufend nummeriert wurden. Es kann auch dahin stehen, ob die Abrechnung für das Jahr 2001 schon wegen des Fehlens einer eigenhängigen Unterschrift auf dem Anschreiben unwirksam ist, da die wieder als Anlage mit zugesandten Abrechnungen der Firma T… jeweils nicht unterschrieben ist. Eine Unterschrift war auch nicht entbehrlich, da eine ausreichende inhaltliche Bezugnahme auf diese Abrechnungen in den jeweiligen Anschreiben fehlt, so dass eine zweifelsfreie Zuordnung der Abrechnungen zu den Anschreiben nicht gegeben ist.
Entgegen der Ansicht der Klägerin ist die Einwendung der mangelnden Wahrung des Schriftformerfordernisses gegen die Abrechnungen für die Jahre 2000 und 2001 des Beklagten auch nicht gemäß § 556 Absatz 3 BGB ausgeschlossen, da diese Vorschrift durch den spezielleren § 20 NMV verdrängt wird. § 20 NMV enthält keine Ausschlussfrist für Einwendungen des Mieters. …
23.02.2013