Leitsatz:
Ein Mietvertrag, der als Mieter beide Eheleute aufführt, kommt grundsätzlich erst zustande, wenn beide Ehegatten ihre Unterschrift geleistet haben. Ohne weiteres ist nicht von einer Vertretung des einen Ehegatten durch den anderen auszugehen.
LG Berlin, Urteil vom 3.9.07 – 67 S 391/06 –
Mitgeteilt von RA Burchard Greiner
Urteilstext
Aus den Entscheidungsgründen:
… Ein Anspruch des Klägers auf Zahlung der geltend gemachten Mieten für die Monate November 2005 bis Januar 2006 in Höhe von insgesamt 1.596,- Euro gemäß § 535 Abs. 2 BGB besteht nicht, weil zwischen den Parteien kein wirksames Mietverhältnis zustande gekommen ist.
Entgegen der Auffassung des Klägers kann aus den erteilten „Zusagen“ vor Unterzeichnung des schriftlichen Mietvertrages sowie den Absprachen im Zusammenhang mit dem Einbau der Küche nicht auf den Abschluss eines Mietverhältnisses geschlossen werden.
Dies folgt aus der Anwendung des § 154 Abs. 2 BGB. Nach dieser Norm ist, wenn eine Beurkundung des beabsichtigten Vertrages verabredet ist, der Vertrag im Zweifel so lange nicht geschlossen, bis die Beurkundung erfolgt ist.
So liegt es hier. Der Kläger selbst hat in seinem Schreiben vom 1.10.2005 den Beklagten mitgeteilt, dass der Mietvertrag in der 40. Woche geschlossen und der Termin noch abgestimmt werde. Damit hat der Kläger zum Ausdruck gebracht, dass aus seiner Sicht auch in Ansehung der im selben Schreiben bestätigten Annahme ein Mietvertrag zwischen den Parteien eben noch nicht zustande gekommen sein soll. Dies ist auch nachvollziehbar vor dem Hintergrund, dass ein Mietvertrag neben der Regelung der essentialia ein vielschichtiges Vertragswerk mit zahlreichen Verpflichtungen ist. So stellt etwa die Regelung der Übernahme von Schönheitsreparaturen eine Verpflichtung dar, deren Vereinbarung kompliziert und unübersichtlich sein kann. Ohne diesbezügliche Absprachen kann nicht vom Abschluss eines Vertrages ausgegangen werden, zumal dann ohne eine Einigung hierüber etwa der Vermieter nach der gesetzlichen Regelung diese Dekorationsarbeiten selbst tragen würde, was hier nach dem Inhalt des vorgelegten Vertrages offensichtlich nicht gewollt war.
Eine vertragliche Einigung ist auch nicht durch die seitens der Beklagten zu 1. erfolgte Unterzeichnung des Mietvertrages am 7.10.2005 zustande gekommen.
Unterzeichnet ist dieser Vertrag, der entsprechend dem Vertragsrubrum von den beiden Eheleuten R. als Mieter ausgeht, nur von der Beklagten zu 1. .
Der Kläger selbst trägt schon nicht vor, dass die Beklagte zu 1. allein habe Mieterin werden sollen. Dies belegten auch die aus der Zeit vor Vertragsschluss datierenden Unterlagen, wie etwa der von beiden Beklagten unterzeichnete Bewerbungsbogen und das vermieterseits an beide Beklagten gerichtete Schreiben vom 1.10.2005, in dem auf den noch ausstehenden Mietvertragsabschluss verwiesen wird. Demgemäß ist auch der Mietvertrag vermieterseits entsprechend ausgefertigt, dass beide Beklagten als Mietpartei im Vertragskopf aufgenommen sind. Dies zusammen genommen kann nur so aufgefasst werden, dass nur beide Beklagten zusammen die einheitliche Mietpartei bilden sollten.
Dies hat zur Folge, dass das Vertragsangebot nur von beiden Beklagten einheitlich angenommen werden kann (BGH VIII ZR 72/63, MDR 1965, 572).
Eine Annahme des Beklagten zu 2. persönlich ist nicht erfolgt.
Es könnte mithin nur dann von einer wirksamen Annahme der Beklagten insgesamt ausgegangen werden, wenn die Beklagte zu 1. den Beklagten zu 2. wirksam vertreten hätte. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Ein Tätigwerden der Beklagten zu 1. auch für den Beklagten zu 2. lässt sich hier der Vertragsurkunde nicht entnehmen. Dies ist aber erforderlich etwa durch einen entsprechenden Zusatz „i.V.“ (Schmidt-Futterer-Blank, vor § 535 Rn 227) oder durch eine zweite Unterschrift auf der für den Beklagten zu 2. vorgesehenen Unterschriftszeile, weil ansonsten keine Klarheit darüber besteht, wer Vertragspartner geworden ist und ohne Offenlegung der Vertretung nach den Vertretungsgrundsätzen sonst ein Eigengeschäft vorliegt (§ 164 II BGB).
Der Kläger behauptet eine Vertretung, in dem er vorträgt, die Beklagte zu 1. habe geäußert, sie handele für ihren Ehemann. Beweis hat der insoweit darlegungs- und beweispflichtige Kläger für diese bestrittene Behauptung nicht angeboten.
Die Beklagten bestreiten dies, in dem sie behaupten, die Beklagte zu 1. sei von ihrem Ehemann gerade nicht bevollmächtigt gewesen; sie habe die vom Vermieter unterzeichneten Exemplare dem Ehemann zur Prüfung und Unterzeichnung mitbringen sollen; der Kläger habe aber das andere Exemplar nicht wieder ausgehändigt.
Entgegen der Entscheidung des Amtsgerichts lässt sich hier aus den Grundsätzen der Duldungsvollmacht keine Bevollmächtigung ableiten.
Eine Duldungsvollmacht liegt vor, wenn der Vertretene es wissentlich geschehen lässt, dass ein anderer für ihn wie ein Vertreter auftritt und der Geschäftsgegner dieses Dulden nach Treu und Glauben dahin verstehen darf, dass der als Vertreter Handelnde bevollmächtigt ist.
Dies setzt bezogen auf den Mietvertragsabschluss voraus, dass der Vermieter die Unterzeichnung des Mietvertrages durch einen der Eheleute dahingehend werten durfte, dass dieser zugleich für den anderen mit unterschrieben habe. Diese Annahme ist aber in der Regel dann nicht gerechtfertigt, wenn sich bei der Unterschrift kein Zusatz befindet. Die Stellvertretung beim Mietvertragsabschluss ist nämlich nicht die Regel, sondern die Ausnahme. Darüber hinaus steht dem auch der Sinn und Zweck des schriftlichen Vertrages entgegen, der gerade darin besteht, beweiskräftig festzustellen, was vereinbart wurde. Zudem soll die Schriftform aber auch dokumentieren, wer Vertragspartner geworden ist (so LG Mannheim, ZMR 1993, 415 [416]).
Selbst die teilweise angenommene und vom Amtsgericht angeführte Annahme der Vertretungsmacht aus bestimmten Umständen (vgl. Kinne in: Kinne/Schach/Bieber, Miet- und Mietprozessrecht, 4. Aufl. 2005 zu § 535 Rn 20 jeweils m.w.N.; a.A. Blank in Schmidt-Futterer, 9. Aufl. 2007, vor § 535 Rn 255), die auf eine typische Vertretungssituation hindeuten, liegen hier jedenfalls deshalb nicht vor, weil der Beklagte zu 2. mindestens gleichberechtigt an den Vertragsverhandlungen beteiligt war. Dies spricht gegen eine Vertretungssituation, weil bei gleichwertiger Beteiligung an den Vertragsverhandlungen regelmäßig davon auszugehen ist, dass dann auch eine eigenständige Unterschrift erfolgt.
Zudem ist hier schon nach dem Klägervortrag nicht ersichtlich, dass er das Auftreten der Beklagten zu 1. als Bevollmächtigung für den Beklagten zu 2. verstanden hat, wenn er selbst vorträgt, die Beklagte zu 1. habe die Unterzeichnung des Beklagten zu 2. auf dem von der Beklagten zu 1. unterschriebenen Exemplar zugesagt.
Zwar trägt der Kläger – in Widerspruch dazu – auch vor, die Beklagte zu 1. habe erklärt, sie handele auch für den Beklagten zu 2. Angesichts dieses widersprüchlichen Vortrags ohne konkrete Schilderung des tatsächlichen Geschehensablaufs ist weder das Handeln der Beklagten zu 1. für den Beklagten zu 2. dargetan noch ersichtlich, dass der Kläger berechtigterweise das Handeln der Beklagten zu 1. als Vertretung des Beklagten zu 2. auffassen durfte. Dies geht – da die Behauptung zudem bestritten ist – zu Lasten des darlegungspflichtigen Klägers.
Eine Vertretungsmacht kann auch nicht aus § 1357 BGB hergeleitet werden, weil diese Norm die Geschäfte des täglichen Lebens betrifft und nicht den Mietvertrag über die Ehewohnung, weil es sich dabei um ein „Grundlagengeschäft“ handelt. …
23.02.2013