Leitsatz:
Der Vermieter darf das Abstellen der Fahrräder auf dem Hof jederzeit aus wichtigem Grund widerrufen, wenn er die Erlaubnis seinerzeit aus Gefälligkeit gegeben hat.
LG Berlin vom 26.5.2011 – 67 S 70/11 –
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Der Vermieter hatte der Mieterin mündlich gestattet, dass ihre Kinder Fahrräder auf dem Hof abstellen dürfen, solange sie nicht in der Lage wären, diese in den extra zur Verfügung gestellten Kellerraum zu transportieren. Einige Jahre später, nachdem die Kinder groß und kräftig genug geworden waren, die Fahrräder zu transportieren, widerrief er die Abstellerlaubnis. Die Mutter und Mieterin hielt den Widerruf für vertragswidrig und ignorierte ihn, so dass es zum Prozess kam. Das Landgericht folgte der Ansicht des Vermieters.
Der Vermieter könne von der Mieterin gemäß §§ 1004, 823 Abs. 1, 985 BGB verlangen, das Abstellen von Fahrrädern zu unterlassen. Auf die damalige Vereinbarung der Parteien, dass die Mieterin ein Fahrrad abstellen könne, sei die Regelung eines Leihvertrages gemäß § 598 BGB anzuwenden. Denn das Abstellen der Fahrräder sei unentgeltlich gestattet worden. Ein solches Leihverhältnis sei nach § 604 Absatz 3 BGB jederzeit kündbar.
Wenn der Vermieter einem Mieter gestatte, Gemeinschaftsflächen mitzubenutzen, so begebe er sich damit nicht der Möglichkeit, eine solche Erlaubnis zu widerrufen. Die Erteilung einer solchen Erlaubnis führe nicht dazu, dass das Recht auf Mitbenutzung einer Gemeinschaftsfläche für eigene Zwecke zu einem Bestandteil der Rechte und Pflichten des Mietverhältnisses werde, die der Vermieter nicht einseitig ändern könne. Die Erteilung einer solchen Erlaubnis bedeute keine einvernehmliche Änderung des Mietvertrags. Es handele sich bei einer solchen Erlaubnis in der Regel um eine bloße Gefälligkeit, die der Vermieter dem Mieter erweist, ohne dass sich dies in der Vereinbarung einer gesonderten Vergütung niederschlage.
Eine solche Erlaubnis könne der Vermieter jederzeit aus sachlich gerechtfertigten Gründen widerrufen. Ein solcher Grund liege insbesondere dann vor, wenn der Anlass, der zu der Erteilung der Erlaubnis geführt hat, nicht mehr besteht. Das sei hier der Fall, da die Söhne der Mieterin mittlerweile ein Alter erreicht hätten, in dem es ihnen zuzumuten sei, ihre Fahrräder in den Kellerraum zu transportieren, den der Hausverwalter der Mieterin eigens für das sichere Abstellen von Fahrrädern zur Verfügung gestellt habe.
Urteilstext
Aus den Gründen:
… Das Amtsgericht ist zu Recht zu der Auffassung gelangt, dass die Klägerin von der Beklagten gemäß §§ 1004, 823 Abs. 1, 985 BGB verlangen könne, das Abstellen von Fahrrädern zu unterlassen. Auf die damalige Vereinbarung der Parteien, dass die Beklagte ein Fahrrad abstellen könne, sei die Regelung eines Leihvertrages gemäß § 598 BGB anzuwenden. Denn das Abstellen der Fahrräder sei unentgeltlich gestattet worden. Ein solches Leihverhältnis sei jederzeit kündbar, § 604 Abs. 3 BGB. Dieser Auffassung ist zu folgen.
a) Es kann dahinstehen, ob der Beklagten damals nur für einen begrenzten Zeitraum gestattet worden ist, dass ihre Kinder Fahrräder auf dem Hof abstellen dürfen, solange sie nicht in der Lage waren, diese in den extra zur Verfügung gestellten Kellerraum zu transportieren. Denn auf jeden Fall war die Klägerin berechtigt, aus sachlich gerechtfertigten Gründen die Erlaubnis zu widerrufen. Wenn der Vermieter einem Mieter gestattet, Gemeinschaftsflächen mit zu benutzen, so begibt er sich damit nicht der Möglichkeit, eine solche Erlaubnis zu widerrufen. Die Erteilung einer solchen Erlaubnis führt nicht dazu, dass das Recht auf Mitbenutzung einer Gemeinschaftsfläche für eigene Zwecke zu einem Bestandteil der Rechte und Pflichten des Mietverhältnisses wird, die der Vermieter nicht einseitig ändern kann. Die Erteilung einer solchen Erlaubnis bedeutet keine einvernehmliche Änderung des Mietvertrags. Es handelt sich bei einer solchen Erlaubnis in der Regel um eine bloße Gefälligkeit, die der Vermieter dem Mieter erweist, ohne dass sich dies in der Vereinbarung einer gesonderten Vergütung niederschlägt. Eine solche Erlaubnis kann der Vermieter jederzeit aus sachlich gerechtfertigten Gründen widerrufen. Ein solcher Grund liegt insbesondere dann vor, wenn der Anlass, der zu der Erteilung der Erlaubnis geführt hat, nicht mehr besteht. Das ist hier der Fall, da die Söhne der Beklagten mittlerweile ein Alter erreicht haben, in denen es ihnen zuzumuten ist, ihre Fahrräder in den Kellerraum zu transportieren, den der Hausverwalter der Kläger der Beklagten eigens für das sichere Abstellen von Fahrrädern zu Verfügung gestellt hat.
b) Die Vereinbarung zu § 19 des Mietvertrags hat die Bedeutung, dass eine Nutzung von Flächen außerhalb der Mietwohnung für das Abstellen von Fahrzeugen, wozu auch Fahrräder gehören, grundsätzlich nur mit Genehmigung des Vermieters zulässig ist. Aus dieser Regelung wird deutlich, dass die Erteilung einer Genehmigung nicht dazu bestimmt ist, die Rechte und Pflichten des Mietverhältnisses endgültig zu ändern. Da der Vermieter sich die Erteilung einer Erlaubnis vorbehalten hat, spricht nichts gegen die Annahme, dass er eine solche Erlaubnis auch aus sachlichen Gründen widerrufen kann.
c) Soweit die Beklagte darauf hinweist, dass gemäß § 25 Abs. 3 des Mietvertrags weitere Vereinbarungen, wie zum Beispiel unter anderem über die Unterstellung von Fahrrädern, schriftlich aufzuführen sind, zeigt dies gerade, dass eine nur mündlich ereilte Erlaubnis keinen verbindlichen Charakter auf Dauer haben soll. Von einer schriftlichen Fixierung der damals erteilten Erlaubnis haben die Parteien abgesehen. Daraus folgt gerade, dass eine Regelung innerhalb des Mietverhältnisses nicht getroffen werden sollte. Deswegen war es der Klägerin unbenommen, ihre Erlaubnis zu widerrufen …
31.01.2013