Vor 14 Jahren hat Berlin seine Wasserversorgung teilprivatisiert. Auf Druck der Öffentlichkeit und im Zuge der allgemeinen Rekommunalisierung hat der Senat 2012 die Anteile des Versorgungsunternehmens RWE an den Berliner Wasserbetrieben (BWB) zurückgekauft. Jetzt liegt auch ein Rückkaufvertrag für die restlichen 24,95 Prozent der Anteile vor, die der französische Konzern Veolia Environnement hält. Der Berliner Senat hat den Rückkauf beschlossen – wenn das Abgeordnetenhaus und die EU-Wettbewerbsbehörde zustimmen, gehören die Wasserbetriebe wieder dem Land Berlin.
Der komplette Rückkauf soll noch in diesem Jahr abgeschlossen werden, weil Veolia sonst Rücktrittsoptionen geltend machen kann. Die für den Kauf notwendigen Kredite in Höhe von fast 650 Millionen Euro muss das Land Berlin innerhalb von 30 Jahren zurückzahlen. Die Kaufsumme will Finanzsenator Ulrich Nußbaum mit den künftigen Gewinnen der BWB gegenfinanzieren. Die Gewinne der Berliner Wasserbetriebe kommen dem Land also erst 2043 in voller Höhe wieder zugute.
Als die Berliner vor zwei Jahren für den Volksentscheid zur Offenlegung der BWB-Privatisierungsverträge stimmten, hofften sie auch auf eine Senkung der Wasserpreise, die in Berlin weit höher als in anderen deutschen Großstädten sind. Senator Nußbaum dagegen wollte im Kaufvertrag eine Senkung des Wasserpreises in den nächsten 30 Jahren generell ausschließen. Die Opposition im Abgeordnetenhaus setzte immerhin durch, dass Preissenkungen möglich sind, wenn es die wirtschaftliche Situation des Unternehmens erlaubt. Statt 116 Millionen Euro wie in diesem Jahr erwarten die BWB für 2014 allerdings nur noch 74 Millionen Euro Gewinn. Eine Ursache: Der Wasserverbrauch geht kontinuierlich zurück, er hat sich seit 1990 nahezu halbiert. Auch die Preissenkungsverfügung des Bundeskartellamts schmälert den Gewinn. 2015 könnte er allerdings wieder steigen.
Der Berliner Wassertisch hält die im Vertrag vereinbarte Kaufsumme für überhöht und warnt aufgrund des Refinanzierungsplans des Senats vor weiterhin hohen Wasserpreisen, auch wenn die Transaktion selbst keinen unmittelbaren Einfluss auf die Wasserpreise hat, da Kredit und Zinsen nicht in die Preiskalkulation eingehen dürfen.
Jens Metzger, Pressesprecher der Senatsverwaltung für Finanzen: „Die Tarife der Berliner Wasserbetriebe (BWB) werden auf Grundlage von gesetzlichen Vorschriften kalkuliert und festgesetzt. Dieses Verfahren wird unabhängig von der aktuellen Gesellschafterstruktur der BWB durchgeführt, steht also nicht im Zusammenhang mit dem Rückkauf der Veolia-Anteile. Der Rückkaufvertrag regelt dieses Thema nicht.“ Wasser wird immer gebraucht und ist deshalb ein risikofreies Geschäft. Auch für den Berliner Senat.
Rainer Bratfisch
MieterMagazin 11/13
Berlins Wasserbetriebe demnächst wieder komplett in öffentlichen Händen?
Foto: Christian Muhrbeck
Weitere Informationen:
www.berliner-wassertisch.info
28.11.2013