Nach Angaben des Mikrozensus lebten im Jahr 2012 in Berlin 700.800 Menschen im Alter von 65 und mehr Jahren. Das sind fast 20 Prozent der Gesamtbevölkerung der Stadt. Ihre durchschnittliche Altersrente beträgt in Berlin 756 Euro. Für immer mehr Rentner reicht deshalb die Rente nicht mehr zum Leben. Sie sind akut von Altersarmut bedroht.
Karl B. wohnt am Oranienplatz in Kreuzberg. Er ist 68, alleinstehend, hat sein Leben lang gearbeitet und verfügt über keine finanziellen Rücklagen. Von seinen 560 Euro Rente im Monat kann er noch nicht einmal Miete und Heizung bezahlen. Wie viele andere im Kiez – das Bezirksamt geht von 25 Prozent der Bewohner aus – bezieht er deshalb die staatliche Grundsicherung – einen Regelsatz von 382 Euro (ab Januar 2014: 391 Euro) plus Wohn- und Heizkosten.
Die Grundsicherung nach § 44 SGB XII wird in der Regel für zwölf Monate bewilligt und muss dann beim Sozialamt oder Grundsicherungsamt neu beantragt werden. Seit Einführung der Grundsicherung im Jahr 2003 hat sich die Zahl der Empfänger bundesweit mehr als verdoppelt, allein 2012 ist ihr Anteil um 6,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen.
In Berlin nehmen zurzeit mehr als 35.000 Rentner die Grundsicherung in Anspruch, weil ihre Rente zum Leben und Wohnen nicht ausreicht. Das sind 5,2 Prozent der Einwohner über 65 Jahre – im Bundesdurchschnitt sind es „nur“ 2,7 Prozent. Berlin liegt damit hinter den Stadtstaaten Hamburg und Bremen auf dem dritten Platz.
Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg belegt in Berlin mit 11,1 Prozent armer Senioren den ersten Platz, gefolgt von Mitte und Neukölln. Der Umfang der „verschämten Altersarmut“ (Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales) ist tatsächlich noch weit höher, denn viele scheuen den Gang zu den Ämtern oder kennen die Möglichkeiten der Grundsicherung gar nicht.
Rainer Bratfisch
MieterMagazin 12/13
Die Alten werden mehr – und sie werden ärmer
Foto: Nils Richter
05.12.2013