Müssen ARD und ZDF den privaten Netzanbietern noch immer Zuschüsse für die Einspeisung öffentlich-rechtlicher Programme zahlen? Nein – sagten die Landesrundfunkanstalten und drehten den Geldhahn zu. „Das ist nicht richtig, denn wir sind Grundversorger“, behaupten Anbieter wie „Kabel Deutschland“ und reduzierten ihr Programmangebot. Für Berliner Kabelkunden bedeutet das: keine Dritten Programme mehr in Hochauflösung (HD). Wie der Streit ausgeht, ist noch ungewiss. Derzeit gucken die Zuschauer erstmal in die Röhre.
Der Ärger kam mit dem Wechsel des Kabelanbieters: „Als unser Vermieter einen Vertrag mit Kabel Deutschland schloss, habe ich mit einem Mal den RBB und andere dritte Programme des öffentlich rechtlichen Fernsehens nicht mehr in HD-Qualität empfangen können“, beklagt sich Henry Baumfelder, der Bezirksleiter Treptow-Köpenick des Berliner Mietervereins. Er recherchierte und stieß auf einen Rechtsstreit, der seit über einem Jahr andauert – und ganz offensichtlich auf dem Rücken der Zuschauer ausgetragen wird. Dabei geht es um Einspeisegebühren, die Kabelprogramm-Versorger lange Zeit von den öffentlich-rechtlichen Sendern kassierten – insgesamt rund 60 Millionen Euro waren das pro Jahr.
Gedacht waren die gewaltigen Zuschüsse einmal als Beitrag zur Verkabelung des Landes. Seinerzeit steckte diese mediale Verbreitung von TV und Hörfunk noch in den Kinderschuhen. Ausgebaut und unterhalten wurden die Kabelnetze anfangs von der Deutschen Bundespost, später der Deutschen Telekom. Dann wurden die Netze verkauft. Die größten Betreiber am deutschen Markt sind heute Kabel Deutschland, Unitymedia Kabel BW und Tele Columbus.
„Einspeisevergütungen“ der öffentlich-rechtlichen Sender an die privaten Kabelanbieter muten inzwischen anachronistisch an. Zum 31. Dezember 2012 kündigten daher ARD und ZDF die entsprechenden Verträge mit den Kabelfirmen und stellten die Zahlungen auch mit der Begründung ein, dass eine Vertreibung der Sender über Kabel heute längst nicht mehr als Grundversorgung angesehen werden könne. Viele Kunden empfangen TV via Satellit oder auch per Internet-Stream.
Dem widerspricht der größte Netzbetreiber, Kabel Deutschland, vehement: Immerhin würden noch knapp 50 Prozent der Haushalte ihr Fernsehen über das Kabel beziehen. Sollte dies tatsächlich keine Grundversorgung mehr sein, so brauchte es doch auch die sogenannte Must-Carry-Regelung nicht länger, die alle Kabelbetreiber verpflichtet, die wichtigsten öffentlich-rechtlichen Programme zugänglich zu machen: ARD, ZDF, die regionalen Dritten sowie die Sparten- und Kulturkanäle Kika, 3Sat, Arte und Phoenix.
Die Kabelanbieter üben Druck aus
Mit der Entscheidung der Kabelbetreiber, die Dritten wie in Berlin nicht mehr in HD auszustrahlen – und in einigen Bundesländern einzelne Programme sogar ganz vom Netz zu nehmen – soll Druck auf ARD und ZDF ausgeübt werden. „Das ist aus unserer Sicht ein klarer Vertragsbruch der Netzbetreiber gegenüber den Kunden“, erklärt Andrea Frank, Juristin bei der Verbraucherzentrale Berlin-Brandenburg. Dabei sei egal, ob es sich um Zuschauer mit einem Einzelvertrag oder die Mieter eines ganzen Hauses handelt, bei dem der Vermieter den Kabelanbieter aussucht.
Andrea Frank rät allen Kabelkunden, die einen eigenen Vertrag haben, vom Anbieter die vereinbarte Leistung schriftlich einzufordern und dafür eine Frist von 14 Tagen zu setzen. „Mieter, die von einem Kabelanbieter im Haus abhängig sind“, so ergänzt Henry Baumfelder, „sollten sich auf jeden Fall an ihren Vermieter wenden und verlangen, dass der tätig wird – schließlich sind die Gebühren fürs Kabelnetz ja ein Teil der Betriebskosten.“
Rosemarie Mieder
MieterMagazin 3/14
Verbraucherschützer fordern dazu auf, sich die Einbußen beim Kabelprogramm nicht bieten zu lassen
Foto: Fotolia/roxcon
Zum Thema
Fortgesetzte Niederlage vor Gericht
Vor allem Kabel Deutschland streitet inzwischen auch auf juristischer Ebene immer verbissener um die Einspeisegebühren und zog dazu gegen mehrere Landesrundfunkanstalten vor Gericht. Aber wie schon gegen den WDR, den SWR und den BR verlor der Monopolist 2013 auch einen Prozess gegen den RBB. Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass die Einspeisung des Programms RBB zu den gesetzlichen Pflichten des Netzbetreibers zählt. Da sich die Kläger aber mit diesen Niederlagen nicht zufrieden geben dürften, ist der Gang zum Bundesgerichtshof und damit eine Grundsatzentscheidung im Kabelstreit wohl nur noch eine Frage der Zeit.
rm
06.05.2014