Von den 3,4 Millionen Einwohnern Berlins sind über 221.000 zwischen 20 und 25 Jahre alt. Mehr als drei Viertel der Zuzügler sind junge Leute. Sie kommen wegen der guten Arbeits-, Verdienst- und Ausbildungsmöglichkeiten und der zahlreichen Kultur- und Freizeitangebote. Und sie wissen auch genau, wo und wie sie wohnen wollen: zentral, preiswert, komfortabel, verkehrsgünstig.
Der Berliner Projektentwickler GBI AG hat in Berlin 96 Stadtteile untersucht, um die aktuellen und künftigen Wohnbedürfnisse junger Menschen möglichst genau analysieren zu können. Die Basis für das Ranking bildeten jeweils 15 Kriterien, unter anderem zur demografischen Struktur, zur Verkehrsanbindung und zu den Einkaufs-, Sport- und Freizeitmöglichkeiten im Kiez. Forschungsleiter Dr. Stefan Brauckmann zur Methodik: „Wir haben die Stadtteile in sehr attraktiv, attraktiv und weniger attraktiv unterteilt und dann in den attraktiven Stadtteilen über den Faktor WG-Angebote beliebte Quartiere ausgewiesen.“
Dass junge Menschen in Berlin vor allem in den Szene-Bezirken Friedrichshain-Kreuzberg und Mitte-Tiergarten wohnen wollen, wenn sie es sich leisten können, ist nicht neu. Die Studie belegt, dass in Kreuzberg (Scoring-Wert 97) besonders die Quartiere Bergmannstraße/Chamissoplatz und Görlitzer Park gefragt sind. In Friedrichshain (92 Punkte) sind es unter anderem der Bersarinplatz, der Boxhagener Platz und die Gegend um das Frankfurter Tor, in Mitte (95 Punkte) der Kiez um den Volkspark Am Weinberg. Aber auch Schöneberg liegt mit 87 von 100 möglichen Punkten mit der Bülowstraße und dem Kiez um den Gasometer noch gut im Rennen. Überraschend, dass auch Wedding mit Brunnen- und Leopoldplatz und den Kiezen um die U-Bahnhöfe Osloer Straße, Pankstraße und Seestraße noch relativ gut abschneidet.
Die GBI will als Projektentwickler wissen, wo sie künftig Studenten-Apartments oder Wohnungen für die junge Klientel baut. Dr. Stefan Brauckmann: „Daher suchen wir gezielt in den sogenannten Übergangslagen, die vielleicht administrativ nicht zu einem Topstadtteil zählen, sich aber in fußläufiger Entfernung zu einem beliebten Quartier befinden.“ Bleibt zu hoffen, dass im Ergebnis der Studie das Wohnen in den bisher noch „preiswerten“ Berliner Kiezen nicht ebenso unbezahlbar wird wie anderswo.
Rainer Bratfisch
MieterMagazin 10/14
30.10.2014