Seit September 2013 engagiert sich im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg die AG Barrierefrei Wohnen dafür, dass Mieter auch im Alter und mit körperlichen Einschränkungen selbstständig in der eigenen Wohnung bleiben können. Unterstützt wird die AG von dem Handwerker-Netzwerk „Die Rampenleger“.
Im Andreaskiez zwischen Andreasstraße und Krautstraße wohnen etwa 40 Prozent ältere Menschen. Aber die Plattenbauten sind alles andere als barrierefrei: Die Fahrstühle beginnen im Hochparterre und sind nur über eine Treppe erreichbar, in den Wohnungen gibt es Schwellen, die Türen sind zu schmal für Rollstuhlbenutzer. Die Bürgersteige vor den Häusern sind in einem desolaten Zustand, Poller stehen im Weg. Diverse DIN-Normen, die Bauordnung Berlin und andere Richtlinien regeln zwar das barrierefreie Bauen, aber niemand kontrolliert deren Einhaltung, insbesondere nicht beim Umbau.
Seit März 2014 arbeitet Wolfgang Saegebarth von der Friedrichshain-Kreuzberger Bezirksgruppe des Berliner Mietervereins in der AG Barrierefrei Wohnen mit. Die AG verlangt, dass Bauherren bei Bauanträgen analog zum Brandschutznachweis zukünftig auch die Barrierefreiheit ihres Gebäudes nachweisen müssen.
Im Oktober 2014 haben die Architektin Luna Christine Weineck, die seit 2013 das Experten-Netzwerk „Die Rampenleger“ aufgebaut hat, Wolfgang Saegebarth und andere Mitglieder der AG einen fünfseitigen Fragebogen an Wohnungsbaugenossenschaften und städtische Wohnungsbaugesellschaften im Bezirk verschickt, um den Bestand an barrierefreien und -armen Wohnungen und die Wohnsituation von Mietern mit körperlichen Einschränkungen zu erfassen. Denn selbst die Behindertenbeauftragte Ulrike Ehrlichmann und die Seniorenvertretung des Bezirks verfügen über keine Zahlen zu barrierefreien Wohnungen.
Wolfgang Saegebarth, Luna Christine Weineck und ihre Mitstreiter sehen für Friedrichshain-Kreuzberg dringenden Handlungsbedarf, weil die Zahl der Betroffenen steigt. Bevorzugte Vermietung von Erdgeschosswohnungen an Menschen mit körperlichen Einschränkungen, Mini-Aufzüge für die erste Etage, Rampen für die Erdgeschosswohnungen und eine Laubengangerschließung mit kleinen Hebebühnen könnten erste Maßnahmen sein. Ihre Fragebogen-Aktion könnte auch anderen Bezirken als Beispiel dienen.
Rainer Bratfisch
29.11.2015