Leitsätze:
a) Der generalklauselartige Kündigungstatbestand in § 573 Absatz 1 Satz 1 BGB ist gleichgewichtig mit den in § 573 Absatz 2 BGB genannten Kündigungsgründen.
b) § 573 Absatz 1 Satz 1 BGB verwehrt es dem Vermieter nicht, auch Umstände aus dem Interessenbereich dritter Personen insoweit zu berücksichtigen, als sich aus ihnen aufgrund eines familiären, wirtschaftlichen oder rechtlichen Zusammenhangs auch ein eigenes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses ergibt.
c) Auch bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts kann ein dem Kündigungsgrund des § 573 Absatz 2 Nummer 2 BGB „artverwandtes“ Interesse vorhanden sein.
BGH v. 9.5.2012 – VIII ZR 238/11 –
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Anmerkungen des Berliner Mietervereins
In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall beanspruchte der Vermieter, der als Körperschaft des öffentlichen Rechts organisierte Evangelische Kirchenkreis Düsseldorf, die Räumung einer von dem Mieter innegehaltenen Mietwohnung in einem Mehrfamilienhaus.
Die Kündigung wurde darauf gestützt, dass das gesamte Anwesen, einschließlich der vom Beklagten genutzten Wohnung, für die Unterbringung der von der Diakonie Düsseldorf e.V. betriebenen Beratungsstelle für Erziehungs-, Ehe-, und Lebensfragen benötigt werde.
Der Bundesgerichtshof hielt die Kündigung für gerechtfertigt. Die Kündigung des Mietverhältnisses diene hier nicht nur der Verwirklichung fremder Interessen, sondern auch der Durchsetzung eigener Interessen des Evangelischen Kirchenkreises. Die Diakonie Düsseldorf e.V. erfülle für die Düsseldorfer Kirchengemeinden diakonische Aufgaben, unter anderem durch die Unterhaltung von Beratungsstellen. Es handele sich daher bei ihr um eine dem Vermieter „nahestehende“ juristische Person, deren Tätigkeit der Erfüllung öffentlicher Aufgaben auch des Vermieters diene.
13.01.2013