Die „share economy“ liegt voll im Trend. Auch die Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM) möchte ihre Mieter zum Tauschen und Teilen in der Nachbarschaft anregen. Ende November hat sie in einer Wohnanlage in Mitte das Pilotprojekt „Pumpipumpe“ gestartet. Stellt sich nur die Frage: Machen die Bewohner auch mit?
Auf den Briefkästen im Wohnkomplex entlang der Rosenthaler Straße kleben Sticker mit verschiedenen Symbolen. So weiß Frau Schmidt vom ersten Stock, dass es bei Herrn Müller im fünften Stock ein Fondue-Set und eine Stichsäge zu leihen gibt. Herr Müller wiederum hat zwar schon gesehen, dass die neu hinzugezogene Familie einen Fahrradanhänger besitzt – dass sie ihn auch ausleihen würde, weiß er nun dank des Aufklebers. Insgesamt 30 Motive gibt es, vom Waffeleisen über die Kabeltrommel bis hin zum Schlauchboot. Viele dieser Dinge braucht man nur selten. Den Rest des Jahres stauben sie vor sich hin und nehmen unnötig Platz weg. Außerdem: Jede Neuanschaffung weniger spart Ressourcen und vermeidet Abfall. Auch das Zeitungsabo oder der Internetzugang können nachbarschaftlich geteilt werden. Verteilt wurden die Aufkleber Ende November in Kooperation mit der Berliner Stadtreinigung (BSR). „Das Projekt wurde so gut angenommen, dass es bereits auf andere Häuser ausgeweitet wurde“, erklärt die Pressesprecherin der WBM, Steffi Pianka. Nach und nach soll das Prinzip im gesamten Wohnungsbestand eingeführt werden.
Die Idee stammt vom Schweizer Verein „Pumpipumpe“. Dort können auch die Stickerbogen bestellt werden. Dem Verein geht es nicht nur um einen bewussten Umgang mit Konsumgütern, sondern auch um die Förderung der Nachbarschaft. Daher wird das Ausleihen und Tauschen bewusst nicht im Internet organisiert, sondern über die kleinen Aufkleber am Briefkasten.
Bleibt abzuwarten, ob sich der Gedanke wirklich durchsetzt. Untersuchungen belegen, dass eine Mehrheit der Deutschen wenig mit der share economy anfangen kann. So waren bei einer Umfrage der Gesellschaft für Konsum-, Markt- und Absatzforschung für „Spiegel Online“ nur 42,9 Prozent der Befragten bereit, anderen etwas leihweise zu überlassen. Nur 46 Prozent konnten sich vorstellen, etwas von ihren Mitmenschen zu borgen. Besonders skeptisch sind Senioren und untere Einkommensschichten.
Birgit Leiß
27.10.2020