Die letzten sechs Mieter der Beermannstraße 20 und 22 in Treptow mussten Ende Februar ausziehen. Die Häuser sollen für die umstrittene Verlängerung der Autobahn A 100 abgerissen werden. Die Mieter erhalten aber Entschädigungszahlungen – möglicherweise fast 16 Jahre lang.
Die Enteignungsbehörde des Senats hat die sechs Wohnungen den Mietern per „Besitzeinweisung“ entzogen, sprach den Bewohnern aber gleichzeitig eine Entschädigung zu: Bis zu 191 Monate lang bekommen sie die Differenz zwischen ihrer bisherigen Miete und der höheren Miete in ihrer neuen Wohnung ersetzt. Diese Zahlungen stehen ihnen zumindest so lange zu, bis gerichtlich über die Rechtmäßigkeit der 2013 ausgesprochenen Kündigung entschieden ist. Sollte sie sich als unrechtmäßig erweisen, laufen die Zahlungen fast 16 Jahre lang. Im Fall eines Mieters würde sich das auf über 26.000 Euro summieren.
Verglichen mit den „Auszugsprämien“, mit denen private Immobilienverwerter Mieter aus ihren Wohnungen „rauskaufen“, ist das nicht besonders viel. Die 40 Mietparteien, die ihre Wohnungen in der Beermannstraße zuvor verlassen haben, erhielten vom Senat allerdings viel geringere Beträge, die gerade mal die Umzugskosten decken. Für die lautet die bittere Erkenntnis: Wer sich nicht wehrt, ist der Dumme.
Bei der geplanten nächsten Ausbaustufe der A 100 zur Frankfurter Allee müssten noch deutlich mehr Wohnhäuser abgerissen werden, unter anderem auch die Beermannstraße 16 und 18. Angesichts der enormen Gesamtkosten fallen die Entschädigungszahlungen an die Mieter da kaum ins Gewicht. Schon der aktuelle Bauabschnitt vom Dreieck Neukölln zum Treptower Park gilt mit geschätzten 500 Millionen Euro als die teuerste Autobahn Deutschlands. In der Beermannstraße soll noch in diesem Jahr der Abrissbagger anrollen.
Jens Sethmann
25.03.2015