Leitsatz:
Während des Mietverhältnisses kann der Vermieter die Beseitigung auch von nicht genehmigten Umbauten nur verlangen, wenn er hierfür ein berechtigtes Interesse hat. Darüber hinaus kann sich das Verlangen des Vermieters auch als treuwidrig darstellen, wenn er die ihm bekannten baulichen Veränderungen über Jahre hinweg geduldet hat.
LG Berlin vom 20.4.2015 – 18 S 92/14 –
Mitgeteilt von RA Ludger Freienhofer
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Der Hausverwaltung des Vermieters waren die vom Mieter vorgenommenen Umbauarbeiten bereits seit Anfang 2008 bekannt. Wenn der Vermieter diese dann über mehr als fünf Jahre widerspruchslos hingenommen hat und dem Mieter erstmals mit Schreiben vom 23.7.2013 zum Rückbau auffordern lässt, sei sein Verhalten treuwidrig, so das Gericht. Ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beseitigung der Umbauarbeiten bereits während des Mietverhältnisses konnte das Gericht nicht erkennen. Dagegen spreche bereits, dass der Vermieter über Jahre hinweg den Zustand der Wohnung des Mieters geduldet habe. Bei einem angeblich für ihn drohenden erheblichen Nachteil infolge der Umbauarbeiten sei ein solches Verhalten nicht plausibel. Er widerlege sich damit selbst.
Urteilstext
Gründe:
I.
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO ab- gesehen.
II.
Die gemäß §§ 511 ff. ZPO zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg.
Der Klägerin steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf Rückbau der vorgenommenen Umbauarbeiten zu. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin die von dem Beklagten vorgenommenen Umbauarbeiten genehmigt hat. Denn während des Mietverhältnisses kann der Vermieter die Beseitigung auch von nicht genehmigten Umbauten nur verlangen, wenn er hierfür ein berechtigtes Interesse hat (LG Berlin GE 1994, 53).
Darüber hinaus kann sich das Verlangen des Vermieters auch als treuwidrig darstellen, wenn er die ihm bekannten baulichen Veränderungen über Jahre hinweg geduldet hat (LG Lüneburg, WuM 2013, 223).
Vorliegend hatte der Beklagte unbestritten vorgetragen, dass es bereits im Februar/März 2008 einen Besichtigungstermin in seiner Wohnung mit dem Mitarbeiter der Hausverwaltung von Herrn K. gegeben habe und damit zu einem Zeitpunkt, als sowohl das Bad umgebaut und die Fliesen im Flur bereits verlegt waren. Der gleiche Mitarbeiter der Hausverwaltung hatte bereits zuvor mit Schreiben vom 29.06.2006, 29.01.2008 und 19.02.2008 auf die von dem Beklagten vorgenommenen Umbauarbeiten Bezug genommen. ln den beiden letztgenannten Schreiben wurde auch im Hinblick auf eingegangene Beschwerden wegen der Umbauarbeiten und deren Abschluss um einen entsprechenden Besichtigungstermin gebeten. Daher ist davon auszugehen, dass die Hausverwaltung der Klägerin die vom Beklagten vorgenommenen Umbauarbeiten bereits seit Februar/März 2008 bekannt waren. Wenn die Klägerin diese dann über mehr als fünf Jahre widerspruchslos hingenommen hat und dem Beklagten erstmals mit Schreiben vom 23.07.2013 zum Rückbau auffordern lässt, erscheint ihr Verhalten treuwidrig. Ein berechtigtes Interesse der Klägerin an der Beseitigung der Umbauarbeiten bereits während des Mietverhältnisses ist nicht zu erkennen. Dagegen spricht bereits, dass sie über Jahre hinweg den Zustand der Wohnung des Beklagten geduldet hat. Bei einem angeblich für sie drohenden erheblichen Nachteil infolge der Umbauarbeiten ist ein solches Verhalten nicht plausibel. Sie widerlegt sich damit selbst.
Soweit der Prozessbevollmächtigte der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung am 20.04.2015 erklärt hat, dass er gar nichts dazu sagen könne, ob zum Zeitpunkt der Besichtigung der Wohnung durch Herrn K. die Umbauarbeiten auch schon bereits durchgeführt gewesen seien, handelt es sich bereits um eine unzulässige Erklärung mit Nichtwissen im Sinne von § 138 Abs. 4 ZPO, da es sich bei der Besichtigung im Jahre 2008 durch einen Mitarbeiter der Hausverwaltung um einen Vorgang im eigenen Verantwortungsbereich der Klägerin handelt. Darüber hinaus ist dieser neue Vortrag – ebenso wie der erstmals in der Berufung angeführte Beweisantritt, betreffend die Vernehmung des Zeugen K. – auch verspätet im Sinne von §§ 529, 531 ZPO.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht gegeben sind. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Es ist auch nicht erforderlich, die Revision zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen.
13.05.2015