Leitsatz:
Bei dem Berliner Mietspiegel 2013 handelt es sich um einen qualifizierten Mietspiegel im Sinne von § 558 d Abs. 1 BGB, da er nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt worden ist und vom Land Berlin sowie Interessenvertretern der Vermieter und Mieter anerkannt worden ist.
LG Berlin vom 20.4.2015 – 18 S 411/13 –
Mitgeteilt von RA Christian Emmerich
Urteilstext
Aus den Gründen:
… Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Amtsgericht die Klage abgewiesen.
… Bei dem Berliner Mietspiegel 2013 handelt es sich um einen qualifizierten Mietspiegel im Sinne von § 558 d Abs. 1 BGB, da er nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt worden ist und vom Land Berlin sowie Interessenvertretern der Vermieter und Mieter anerkannt worden ist. Hiervon geht das Gericht entsprechend der Veröffentlichung des Mietspiegels als qualifizierter Mietspiegel sowie des Methodenberichts betreffend die Dokumentation der Arbeitsschritte und Ergebnisse dieses Mietspiegels aus, da substanziierte Einwände gegen das Vorliegen eines qualifizierten Mietspiegels nicht vorgebracht worden sind. Denn von der Partei, die das Vorliegen eines qualifizierten Mietspiegels in Abrede stellt, ist zu verlangen, dass sie im Rahmen des Möglichen substanziierte Angriffe gegen den Mietspiegel vorbringt, sofern die Erstellung des Mietspiegels – wie dies vorliegend der Fall ist – in allgemein zugänglichen Quellen dokumentiert ist. Dabei muss sie sich mit dem Inhalt der Dokumentation substanziiert auseinandersetzen, soweit dies ohne Fachkenntnisse möglich ist (BGH NJW 2014, 79). Dies ist vorliegend nicht geschehen.
Soweit der Kläger meint, die unterschiedliche Einordnung der Grundstücke Stuttgarter Platz X. und Y. bei der Wohnlage sei fehlerhaft und auch nicht begründet worden oder sachlich begründbar, ist nicht erkennbar, weshalb dies gegen die Erstellung des Mietspiegels nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen sprechen sollte. Selbst unterstellt, der Mietspiegel enthielte insoweit einen Fehler, ist nicht erkennbar, weshalb durch einen solchen Einzelfall die Erstellung nach wissenschaftlichen Grundsätzen in Frage zu stellen wäre. Hinzu kommt, dass es für die Lagebestimmung nach den Bewertungskriterien entsprechend dem Methodenbericht maßgeblich auch auf das Straßenbild ankommt, welches bei einem Eckhaus anders sein kann, als bei dessen Nachbarhaus, worauf das Amtsgericht zutreffend hingewiesen hat.
Auch der pauschale Hinweis, dass es im Gegensatz zum Münchener Mietspiegel in Berlin an einer Dokumentation von den drei Wohnlagen fehle, ist nicht nachvollziehbar. Die Definition der Wohnlagen sowie die Bewertungskriterien für die Zuordnung der Wohnungen zu diesen Wohnlagen finden sich auf den Seiten 65 ff. des Methodenberichts. Unklar bleibt auch, weshalb der Umstand, dass es im Gegensatz zu „München, wo es vier Wohnlagen gebe, an einer besten Lage fehle“, gegen die Annahme der Erstellung des Mietspiegels nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen sprechen sollte (vgl. auch Schmidt-Futterer/Börstinghaus, Mietrecht, 11. Auflage, §§ 558 c, 558 d BGB Rn. 103). Auch die von dem Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen herausgegebenen Hinweise zur Erstellung von Mietspiegeln 2002 (abgedruckt bei Schmidt-Futterer/Börstinghaus, a.a.O., Anhang zu §§ 558 c, 558 d 8GB) stellen ausdrücklich fest, dass sich in der Praxis die Unterteilung in zwei oder drei Wohnlagen (zum Beispiel einfach, mittel, gut) bewährt habe. Auch der Einwand des Klägers, bei den Grundlagendaten handele es sich um reine Zufallsstichproben, welche besonders beliebte Quartierswohnlagen außer Acht ließen, ist nicht stichhaltig. Bereits auf Seite 10 in Ziffer 4.3 des Methodenberichts wird ausdrücklich klargestellt, dass es sich bei der Neuerhebung um eine disproportionale Zufallsstichprobe handelt, also eine Differenzierung nach der Wohnlage erfolgte und die Stichprobengröße so angelegt werde, dass für alle Wohnlagen eine ausreichende Auswahl von Mietpreisangaben erzielt werden konnte. Entgegen der Behauptung des Klägers ist auch nicht erkennbar, dass sich die Datenpanne, die es bei der Erstellung des Berliner Mietspiegels 2011 gegeben hat, auf die nachfolgenden Jahrgänge auswirkt, da die Mieter- und Vermieterbefragungen erneut erfolgten und nicht lediglich die Ergebnisse für 2013 fortgeschrieben wurden. Unklar bleibt schließlich, weshalb der Umstand, dass Wohnungsbaugesellschaften bei rund 60 000 Wohnungen Mieterhöhungserklärungen nicht hätten „verschicken dürfen“, auf die Wissenschaftlichkeit der Erstellung des Mietspiegels irgendeinen Einfluss haben sollte. Wenn sich bei 60 000 Wohnungen die Miete nicht verändert, hat dies offensichtlich auch Einfluss auf das Mietenbild, welches durch den Mietspiegel wiedergegeben werden soll.
Schließlich hat der Kläger substanziierte Einwände gegen die Vermutungswirkung des Berliner Mietspiegels 2013 im Sinne von § 558 d Abs. 3 BGB nicht vorgebracht. Soweit er darauf verweist, dass sich die fehlerhafte Einordnung der Wohnung Stuttgarter Platz X. aus dem Vergleich zur Einordnung der Wohnung Stuttgarter Platz Y. ergebe, spricht gerade der Vergleich dieser beiden Häuser für eine unterschiedliche Einordnung betreffend die Wohnlage. Bei dem Grundstück Stuttgarter Platz Y. handelt es sich um ein Eckhaus, dessen eine Seite zur Windscheidstraße liegt, deren Wohnungen sich durchweg in guter Wohnlage befinden, so dass die Abgrenzung zum Nachbargrundstück mit der Hausnummer X. sachlich gerechtfertigt erscheint. Im Übrigen fehlt es auch an einem Beweisantritt des Klägers für seine Behauptung, dass die verlangte Miete ortsüblich sei. Die benannten fünf Wohnungen stellen eine zu geringe Datengrundlage dar, um die ortsübliche Miete zu beweisen. …
22.06.2015