Nach zähen Verhandlungen haben die Initiatoren des Mietenvolksbegehrens und die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt im August einen Kompromiss gefunden. Damit könnte der Urnengang zum Volksentscheid überflüssig werden. Der Berliner Mieterverein (BMV) begrüßt die Einigung, sieht aber noch Handlungsbedarf.
Das Volksbegehren hat im Mai die erste Hürde mit über 40.000 statt der benötigten 20.000 Unterschriften spielend genommen und setzte so den Senat unter Zugzwang. Nachdem es zunächst nach mehreren Gesprächen nur wenig Annäherung gab, kam es nun zu einer vorläufigen Einigung über den Umgang mit den 126.000 Sozialwohnungen und den knapp 300.000 städtischen Wohnungen.
Demnach sollen die Sozialmieter künftig nicht mehr als 30 Prozent ihres Nettoeinkommens für die Nettokaltmiete ausgeben. Die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften müssen bei Wiedervermietungen mindestens 55 Prozent an Mieter mit Wohnberechtigungsschein vergeben. Bei Neubauten werden mindestens 30 Prozent als Sozialwohnungen gefördert. Der Senat stockt die Neubauförderung so auf, dass sie 2016 für 2500 Wohnungen, ab 2017 jährlich für 3000 Wohnungen ausreicht. Zudem soll die Modernisierung von 1000 Wohnungen pro Jahr gefördert werden. Die Wohnungsbaugesellschaften kaufen gezielt Sozialwohnungen zum Verkehrswert an, vorrangig im Innenstadtbereich. Sie werden allerdings nicht wie vom Volksbegehren gefordert in Anstalten öffentlichen Rechts umgewandelt. Zur demokratischen Mitbestimmung werden Mieterräte gebildet, Mieter erhalten außerdem in jeder der sechs Gesellschaften einen Sitz im Aufsichtsrat. Die Kosten für das Land Berlin durch diesen Kompromiss werden auf 1,4 Milliarden Euro im Fünfjahreszeitraum geschätzt.
„In vielen Punkten der Einigung sehen wir ein gutes Verhandlungsergebnis“, erklärt BMV-Geschäftsführer Reiner Wild. Allerdings sind damit die Probleme des Sozialen Wohnungsbaus noch nicht behoben. Er kritisiert, dass es keine generelle Begrenzung der Sozialmieten gibt. Problematisch ist auch, die Nettokaltmiete als Maßstab für die 30-Prozent-Kappung zu verwenden, denn mit den teilweise sehr hohen Betriebskosten könnten viele Mieter trotzdem überfordert sein.
Sollte das Abgeordnetenhaus zustimmen, kann das Gesetz schon Anfang 2016 in Kraft treten.
Jens Sethmann
16.12.2015