Die seit 1. Juli geltende Neuregelung zur Mietübernahme bei Arbeitslosengeld II und Grundsicherung wird von Mieterschützern und Sozialverbänden als völlig unzureichend kritisiert. Der Senat sei offenbar nicht zu einer wirklichen Reform bereit, bemängelte der Berliner Mieterverein (BMV).
Wichtigste Änderung der neuen AV (Ausführungsvorschrift) Wohnen: Die Bruttokaltmiete und die Aufwendungen für Heizung und Warmwasser werden künftig getrennt voneinander betrachtet. Grundlage für die Angemessenheit der Heiz- und Warmwasserkosten ist eine Tabelle, die nach Energieträger, Gebäudefläche und Haushaltsgröße differenziert. Bei extrem hohen Heizkosten soll der Einzelfall geprüft werden. Für einen Alleinstehenden werden insgesamt zwischen 438 und 463 Euro übernommen.
Die bisherige Berliner Wohnaufwendungenverordnung (WAV) war vom Bundessozialgericht im Jahre 2013 gekippt worden. Die nun von Sozialsenator Mario Czaja (CDU) vorgelegte neue AV Wohnen berücksichtigt den aktuellen Berliner Mietspiegel. Gegenüber 2012 wurden die erstattungsfähigen Richtwerte je nach Haushaltsgröße um 9 bis 11 Prozent angehoben. Damit werde zwar im Wesentlichen der tatsächliche Mietanstieg abgedeckt, heißt es in einer Stellungnahme des Forschungsinstituts TOPOS. Doch weil die Richtwerte bereits vorher viel zu niedrig waren, habe sich die Zahl der Bedarfsgemeinschaften, die einen Teil der Miete aus eigener Tasche zahlen müssen, kaum verringert.
„Die zugrunde gelegten Nettokaltmieten sind zu niedrig, weil der Senat ausschließlich die einfache Wohnlage des Mietspiegels berücksichtigt und offenbar nur Richtwerte unterhalb des Mittelwertes für angemessen betrachtet“, kritisiert Reiner Wild vom Berliner Mieterverein. Es sei unzumutbar, dass Arbeitslose und Rentner gezwungen werden, aus dem ohnehin schon knappen Regelsatz auch noch die Miete mitzufinanzieren. Nach wie vor haben Empfänger von Arbeitslosengeld II und Grundsicherung praktisch keine Chance, eine neue Wohnung zu finden, denn die Angebotsmieten liegen oft 20 bis 30 Prozent über den Richtwerten, trotz Mietpreisbremse. Der Mieterverein hatte daher einen Wiedervermietungszuschlag vorgeschlagen. Zudem solle bei energetischer Sanierung ein sogenannter Klimabonus eingeführt werden.
Birgit Leiß
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26.01.2020