Leitsatz:
Begehrt der Mieter, dem gemäß § 537 Abs. 1 BGB das Verwendungsrisiko der Mietsache zugewiesen ist, wegen besonderer Umstände des Einzelfalls mit Rücksicht auf Treu und Glauben die vorzeitige Entlassung aus einem längerfristigen Mietverhältnis gegen Stellung eines Nachmieters, obliegt es allein ihm, einen geeigneten Nachmieter zu suchen, den Vermieter über dessen Person aufzuklären und ihm sämtliche Informationen zu geben, die dieser benötigt, um sich ein hinreichendes Bild über die persönliche Zuverlässigkeit und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Nachmieters machen zu können.
BGH vom 7.10.2015 – VIII ZR 247/14 –
Langfassung: www.bundesgerichtshof.de [PDF, 12 Seiten]
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Die Parteien hatten einen bis zum 1.5.2015 unkündbaren Mietvertrag abgeschlossen. Im März 2013 wechselte der Mieter den Arbeitgeber und nahm eine neue Stelle in einem anderen Bundesland an. Mit Schreiben vom 27.3.2013 erklärte er mit Blick auf die geänderten Lebensumstände die „fristgerechte Kündigung“ des Mietvertrages zum 30.6.2013. Zu diesem Zeitpunkt stellte er die Mietzahlungen ein, räumte das Anwesen und gab dem Vermieter die Schlüssel zurück. Der Vermieter akzeptierte die vorzeitige Kündigung des Mieters nicht, erklärte sich aber bereit, ihn bei Stellung eines geeigneten Nachmieters aus dem Mietvertrag zu entlassen. Der Nachmieter müsse allerdings – ebenso wie der Mieter vor Vertragsschluss – eine kurze schriftliche Erklärung zu den Familienverhältnissen, eine Selbstauskunft nebst Verdienstbescheinigung, den bisherigen Mietvertrag, Personalausweiskopien, eine Bonitätsauskunft sowie eine Bescheinigung vorlegen, dass er den Mietvertrag vorbehaltlos unterschreiben werde. Mit der Einschaltung eines Maklers durch den Mieter sei er grundsätzlich einverstanden, er sei aber nicht bereit, die ihm übersandte Provisionsvereinbarung mit dem von dem Mieter eingeschalteten Maklerbüro zu unterzeichnen. Im Januar 2014 bat der Mieter um Mitteilung eines Besichtigungstermins für einen zwischenzeitlich gefundenen Mietinteressenten. Der Vermieter, der in 120 Kilometern Entfernung vom Mietobjekt lebt, verwies darauf, dass er erst nach Eingang und Prüfung der von den Mietinteressenten vorzulegenden Unterlagen zur Vereinbarung eines Besichtigungstermins bereit sei. Der Interessent lehnte die Erteilung der geforderten Auskünfte ab. Der BGH hatte zu entscheiden, ob der Mieter durch Nachmieterstellung vorzeitig aus dem Mietverhältnis ausgeschieden war.
Grundsätzlich hätte der Mieter bei Stellung eines geeigneten und zumutbaren Nachmieters die vorzeitige Entlassung aus dem Mietverhältnis verlangen können. Dies ergebe sich schon daraus, dass der Vermieter sich im Anschluss an die Kündigung des Mieters hiermit ausdrücklich einverstanden erklärt habe.
Einen geeigneten Nachmieter hätte der Mieter aber nicht gestellt. Auch falle dem Vermieter insoweit kein rechtsmissbräuchliches Verhalten zur Last. Denn es obliege allein dem Mieter, einen geeigneten Nachfolger zu benennen, wenn er vom Vermieter mit Rücksicht auf Treu und Glauben (§ 242 BGB) eine vorzeitige Entlassung aus dem Mietverhältnis begehre. Es sei deshalb allein seine Sache, einen geeigneten Nachfolger zu suchen, den Vermieter über die Person des Nachfolgers aufzuklären und ihm sämtliche Informationen zu geben, die dieser benötigt, um sich ein hinreichendes Bild über die persönliche Zuverlässigkeit und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Nachmieters machen zu können. Der Vermieter sei demgegenüber nicht gehalten, aktiv an der Suche eines Nachmieters mitzuwirken.
Deshalb hätte sich der Mieter – gegebenenfalls unter Einschaltung eines Maklers oder eines anderen Dritten – um Mietinteressenten zu bemühen, erforderliche Besichtigungstermine durchzuführen sowie – in gleicher Weise wie vom Mieter bei seiner Anmietung verlangt – Unterlagen über die Bonität und Zuverlässigkeit vorzuschlagender Nachmieter anzufordern und dem Vermieter zu übermitteln.
Vor dem Hintergrund der vorgenannten Aufgaben- und Risikoverteilung könne es dem Vermieter nicht als widersprüchliches oder sonst rechtsmissbräuchliches Verhalten angelastet werden, dass er die Durchführung von Besichtigungsterminen, die für ihn mit einer Anreise von 120 Kilometern verbunden gewesen wären, von der Durchführung einer Vorauswahl möglicher Nachmieter abhängig gemacht habe. Denn es habe dem Mieter frei gestanden, vor der Räumung des Mietobjekts auch ohne Vorauswahl selbst Besichtigungstermine durchzuführen oder zu diesem Zweck die Schlüssel für das Anwesen zurückzuverlangen. Dass der Vermieter entsprechende Bemühungen des Mieters behindert hätte, sei weder festgestellt noch sonst ersichtlich.
16.07.2018