Leitsätze:
Zur formellen Ordnungsgemäßheit einer Betriebskostenabrechnung genügt es hinsichtlich der Angabe der „Gesamtkosten“, wenn der Vermieter bei der jeweiligen Betriebskostenart den Gesamtbetrag angibt, den er auf die Wohnungsmieter der gewählten Abrechnungseinheit umlegt.
Dies gilt auch dann, wenn der Vermieter diesen Gesamtbetrag vorab um nicht auf den Mieter umlagefähige Kostenanteile bereinigt hat; einer Angabe und Erläuterung der zum angesetzten Gesamtbetrag führenden Rechenschritte bedarf es nicht (Aufgabe der Senatsrechtsprechung; vgl. Senatsurteile vom 14.2.2007 – VIII ZR 1/06, NJW 2007, 1059 Rn. 10 und vom 9.10. 2013 – VIII ZR 22/13, WuM 2013, 734 Rn. 14 ff. mwN).
BGH vom 20.1.2016 – VIII ZR 93/15 –
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Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Der Vermieter ist Eigentümer einer aus mehreren Gebäuden bestehenden Wohnanlage. Er rechnete die Nebenkosten gegenüber den Mietern jeweils nach Gebäuden ab. Bei den Nebenkostenpositionen Wasser, Abwasser und Müllabfuhr bestand die Besonderheit, dass die gesamte Anlage über einen zentralen Müllplatz und zwei Heizstationen mit zentraler Warmwasseraufbereitung verfügte, die jeweils die anderen Häuser mitversorgten. Der Vermieter sah sich deshalb veranlasst, bei diesen Positionen zunächst von den Gesamtkosten für die Wohnanlage auszugehen und diese Kosten nach dem Verhältnis der Wohnfläche auf die einzelnen Gebäude zu verteilen. Dieser Rechenschritt war allerdings aus den Nebenkostenabrechnungen, die den Mietern erteilt wurden, nicht ersichtlich. Vielmehr erschien darin nur der vom Vermieter für das jeweilige Gebäude errechnete „Gesamtbetrag“, der dann auf die Mieter des jeweiligen Gebäudes mittels des anzuwendenden Umlageschlüssels verteilt wurde. Aus diesem Grund entsprachen die für das jeweilige Gebäude in den Nebenkostenabrechnungen ausgewiesenen „Gesamtkosten“ nicht den Beträgen, die aus den Gebührenbescheiden der Gemeinde und den jeweiligen Rechnungen der Stadtwerke ersichtlich waren.
Vor Gericht ging es um die Frage, ob eine solchermaßen vorgenommene Betriebskostenabrechnung formal unwirksam ist oder nicht. Der BGH hat hierzu seine bisher vertretene Auffassung aufgegeben und wie aus dem Leitsatz ersichtlich entschieden. Zur Begründung verweist der BGH auf seine jüngere Rechtsprechung, in der er mehrfach betont hat, dass an die Abrechnung von Nebenkosten in formeller Hinsicht keine zu hohen Anforderungen zu stellen sind.
Bei der Frage, welche Mindestanforderungen an eine die Ausschlussfrist des § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB wahrende Betriebskostenabrechnung zu stellen seien, ginge es letztlich entscheidend darum, die insoweit betroffenen berechtigten Interessen von Mieter und Vermieter unter Berücksichtigung des Zwecks einer solchen Abrechnung in einen angemessenen Ausgleich zu bringen.
Mit der Betriebskostenabrechnung würden die für das Abrechnungsjahr vom Mieter zu tragenden Kosten, auf die er bisher nur Vorauszahlungen erbracht habe, mit dem exakten Betrag ermittelt. Aus Sicht des Vermieters sollte die dem Mieter jeweils innerhalb der Jahresfrist zu übermittelnde Abrechnung nicht überfrachtet werden und sich der insoweit zu leistende Verwaltungsaufwand in vertretbaren Grenzen halten. Auch der Mieter habe grundsätzlich ein Interesse daran, dass die ihm erteilte Abrechnung möglichst übersichtlich gestaltet sei und nicht mit Details versehen werde, die für ihn regelmäßig nicht mit einem wesentlichen Erkenntniswert verbunden seien. Hierbei sei auch zu berücksichtigen, dass dem Mieter ein Anspruch auf Einsicht in die Abrechnungsunterlagen und Belege zustünde und er auf diese Weise – sofern im Einzelfall ein entsprechendes Interesse bestehe – weitere Einzelheiten in Erfahrung bringen könne.
Typischerweise ginge es dem Mieter vor allem darum, dass die entstandenen Kosten in übersichtlicher Weise (also getrennt nach unterschiedlichen Kostenarten) zusammengestellt seien und er darüber informiert werde, auf welche Weise (mit welchem Umlageschlüssel) der auf ihn entfallende Kostenanteil ermittelt worden sei und welche Beträge im Abrechnungsjahr auf ihn entfielen. Mit diesen Informationen könne er überprüfen, ob die ihm in Rechnung gestellten Kosten dem Grunde nach umlagefähig seien, ob der richtige Umlageschlüssel verwendet werde und die für die Abrechnungseinheit angesetzten Gesamtkosten der Höhe nach für ihn plausibel seien oder er Anlass sehe, die Richtigkeit der angesetzten Kosten durch eine Einsicht in die Belege zu überprüfen.
Vor dem Hintergrund der beschriebenen Interessenlage von Mieter und Vermieter und der dargestellten Entwicklung der Senatsrechtsprechung halte der 8. Senat des BGH die Auffassung, bei sogenannten „bereinigten“ Kosten bedürfe es für die formelle Ordnungsgemäßheit einer Nebenkostenabrechnung zusätzlicher Angaben zu den Betriebskosten der gesamten Wohnanlage oder zu den Gesamtkosten einschließlich nicht umlagefähiger Kostenanteile und der Erläuterung insoweit angewendeter Rechenschritte, nicht mehr aufrecht. Vielmehr genüge es auch in diesen Fällen, wenn der Vermieter in der Abrechnung bei der jeweiligen Betriebskostenart – beziehungsweise, soweit eine Zusammenfassung mehrerer Betriebskostenarten zulässig sei, bei dieser zusammengefassten Position – den Gesamtbetrag angebe, den er auf die Wohnungsmieter der gewählten Abrechnungseinheit umlege. Ob der Vermieter diesen Gesamtbetrag zutreffend errechnet beziehungsweise ermittelt habe oder dabei Kostenanteile mit angesetzt habe, die nicht umlagefähig seien, sei ausschließlich eine Frage der materiellen Richtigkeit, deren Überprüfung der Mieter ohnehin nicht allein anhand der Abrechnung vornehmen könne, sondern nur mittels einer Einsicht in die Belege. Entsprechendes gelte für einen Vorwegabzug für die gewerbliche Nutzung einzelner Einheiten.
06.05.2018