Wohl nirgendwo sonst ist Berlin so jung, hip und teuer wie am Hackeschen Markt. Mitten im Trubel wohnen über 230, zum Teil pflegebedürftige Menschen in einer Seniorenresidenz. Doch der neue Eigentümer will das erst 1998 fertiggestellte Gebäude abreißen. Drei Wohn- und Geschäftshäuser sollen mehr Profit einbringen.
Das Gebäude Rosenthaler Straße 43-45, direkt gegenüber den Hackeschen Höfen, wurde kürzlich an die Hamburger Investmentfirma „DC Values“ verkauft. Die plant anstelle der Seniorenresidenz einen Neubau mit Büros, Boutiquen, Gastronomie und 40 Prozent Wohnungen. Ein entsprechender Bauvorbescheidsantrag wurde beim Bezirksamt Mitte eingereicht. Das bekannte Architekturbüro „nps tchoban voss“ wurde mit den Entwürfen beauftragt.
Der Betreiber der Seniorenresidenz, der von dem geplanten Abriss erst aus der Presse erfuhr, reagiert dennoch gelassen. „Wir machen uns über die Zukunft unseres Hauses keine Sorgen“, so Sprecher Peter Müller von der Pro Seniore Unternehmensgruppe. Man habe ein ungekündigtes, langfristig angelegtes Mietverhältnis. Frank Bertermann von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Mitte sieht die Sache nicht so rosig. Der Abriss muss ohnehin nicht genehmigt werden, und wenn der Bauvorbescheid positiv beschieden wird, kann ein Bauantrag gestellt werden. Die Grünen wollen nun von Baustadtrat Carsten Spallek (CDU) wissen, welche planungsrechtlichen Möglichkeiten es für einen Erhalt des Seniorenheims gibt. Bertermann, der auch Vorsitzender des Stadtplanungsausschusses ist, sieht in dem Vorgang die Vernichtung preiswerten Wohnraums: „Es ist vollkommen unrealistisch, dass dort bezahlbare Wohnungen entstehen, weder für Senioren noch für sonst jemand.“
Birgit Leiß
22.03.2016