Große Haushaltsgeräte verbrauchen rund 50 Prozent des Stroms in privaten Haushalten. Wer auf energieeffiziente Modelle setzt und die Technik bewusster nutzt, kann seine Ausgaben spürbar reduzieren. Das EU-Energielabel und die Angaben der Hersteller zum Energie- oder Wasserverbrauch sind bei der Kaufentscheidung keine zuverlässige Hilfe. Die Technik im Haushalt ist ein Gesamtsystem, das nicht durch Pfennigfuchserei optimiert werden kann, sondern nur durch intelligentes Sparen.
Als Albert Einstein vor 100 Jahren seine „Allgemeine Relativitätstheorie“ veröffentlichte, dachte er nicht an Fernsehgeräte, Waschmaschinen und andere Haushaltsgeräte, sondern an Raum und Zeit, und daran, dass eine Stunde nicht gleich eine Stunde ist, sondern mal schneller und mal langsamer vergeht. Alles ist relativ, auch der Stromverbrauch der kleinen und großen elektrischen und elektronischen Helfer im Haushalt. Wie viele Kilowattstunden Strom sie im Jahr insgesamt verbrauchen und welche Kosten dabei entstehen, zeigt zwar die Jahresabrechnung des Stromanbieters, aber welches Gerät konkret wie viel Strom verbraucht und welchen Anteil es an den jährlichen Gesamtstromkosten hat, ist für viele Verbraucher ebenso undurchschaubar wie Einsteins Relativitätstheorie. Nur wer seinen Stromverbrauch auch im Detail kennt, kann tatsächlich entscheiden, welches Gerät durch ein neues, energiesparendes ersetzt werden sollte und wo es sich wirklich lohnt, Dauer und Häufigkeit der Benutzung zu reduzieren.
Entscheidend ist das Nutzerverhalten
Allgemeine Beispielrechnungen zu den Stromkosten einzelner Geräte machen wenig Sinn, da das Nutzerverhalten der Verbraucher äußerst differenziert ist. Ein Fön mit 2000 Watt, der täglich fünf Minuten genutzt wird, verbraucht zum Beispiel im Jahr rund 58 Kilowattstunden (kWh) Strom. Die Kosten betragen bei einem Verbrauchspreis von 20 Cent pro kWh rund 11 Euro. Zum Vergleich: Ein Flachbild-TV-Gerät mit nur 150 Watt, der täglich aber vier Stunden läuft und im Jahr rund 220 kWh Strom verbraucht, belastet die Haushaltskasse bereits mit rund 42 Euro. Richtig teuer wird ein Herd mit 4000 Watt, der täglich eine halbe Stunde in Betrieb ist und so im Jahr 730 kWh Strom verbraucht, was dann am Jahresende 146 Euro ausmacht.
Bereits diese drei Beispiele zeigen, bei welchen Geräten es sinnvoll ist zu sparen. Was nutzt es zum Beispiel, den Stand-by-Modus eines TV-Geräts auszuschalten, wenn der Elektroherd länger als notwendig in Betrieb ist? Wieviel welches Elektrogerät verbraucht, steht entweder auf den Geräten selbst oder in der Gebrauchsanweisung. Aber Vorsicht: Nicht alle Angaben zum Verbrauch halten einer intensiven Überprüfung stand.
Neben dem Preis ist die Energie-Effizienzklasse ein Hauptargument der Verkäufer: Billig ist gut, und eine hohe Effizienzklasse ist noch besser. Wer da nicht zugreift, schadet seinem Geldbeutel und der Umwelt – behauptet die Werbung. Aber den Herstellern fallen immer neue Tricks ein, um den Energieverbrauch zu schönen. Zum Beispiel Flachbild-Fernsehgeräte. Die Standardeinstellung der Helligkeit beträgt bei diesen Geräten 65 Prozent. In den „Showrooms“ der Fachmärkte werden allerdings die Helligkeitsregler bis zum Anschlag aufgedreht. Das Ergebnis sind Bilder von beeindruckender Brillanz. Um diese Bildqualität zu Hause zu erreichen, muss der Käufer die Helligkeit maximieren. Das Gerät verbraucht dann jedoch wesentlich mehr Strom, als das A+++ auf dem Energielabel suggeriert.
Die Effizienzklassen beruhen auf Messungen nach streng reglementierten Standards und unter genau festgelegten Bedingungen – in der Praxis kann der Verbrauch durchaus höher liegen. Verschwiegen wird in der Werbung auch, dass TV-Geräte mit großem Bildschirm wesentlich mehr Strom verbrauchen als kleine. Nur wer beim Kauf eines neuen Gerätes bei der gleichen Bildschirmgröße bleibt, spart wirklich. Aber die Ersparnis im Jahr ist ohnehin minimal.
Für den Energietest optimiert
Bei Waschmaschinen wird der Energieverbrauch anhand spezieller Öko-Programme gemessen. Eine Untersuchung der Universität Bonn hat jedoch ergeben, dass nur 7 Prozent der Verbraucher mit dem Öko-Programm waschen. Der auf dem Label ausgewiesene Stromverbrauch wird von den Herstellern bei einem 60-Grad-Waschgang ermittelt. Sie haben mittlerweile dieses Waschprogramm für den Energietest optimiert. Die Temperatur ist niedriger, die Waschzeit länger. Die häufig benutzten Schnellwaschprogramme verbrauchen dagegen weit mehr Strom, als das Energielabel ausweist.
Ein Marktcheck der Verbraucherzentrale Bundesverband und des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) in 40 Geschäften und Versandportalen ergab kürzlich, dass Haushaltsgeräte oft nicht oder nicht richtig ausgezeichnet werden. Zurzeit wird das EU-Energielabel überarbeitet. Die Verbraucherverbände fordern, dass das Label endlich tatsächlich transparente Informationen an die Käufer übermittelt.
Dazu gehört auch, dass die Hersteller die voraussichtliche Lebensdauer von Geräten angeben. Viele Geräte haben eine zu kurze Lebensdauer. Dass diese „Obsoleszenz“ durch von den Herstellern bewusst eingebaute Sollbruchstellen bewirkt wird, konnte bisher nicht nachgewiesen werden. Viele Nutzer wechseln ihre Geräte allerdings immer häufiger aus. Eine Studie des Ökoinstituts und der Universität Bonn im Auftrag des Umweltbundesamtes ergab, dass Hersteller mit einer bestimmten Produktlebensdauer kalkulieren, die sich nach Zielgruppen, Einsatzbereichen und Produktzyklen richtet. Viele Geräte werden deshalb nur noch auf bekannte Schwachstellen getestet. Das senkt die Lebensdauer zum Schaden der Verbraucher, die ihre Geräte länger nutzen möchten – und zum Schaden der Umwelt.
Potenzielle Käufer werden zudem oft schlecht beraten, denn neben dem Energieverbrauch spielen auch andere Faktoren eine Rolle beim Kauf eines neuen Elektrogeräts.
Bei Waschmaschinen ist zum Beispiel der dramatisch sinkende Wasserverbrauch ein Problem, was zwar in der Werbung tunlichst verschwiegen wird, aber den Wasserversorgern zunehmend Sorgen bereitet. Denn durch den geringen Wasserverbrauch moderner Spül- und Waschmaschinen kommt es zu Fett- und Schmutzablagerungen in den Abflussrohren. Das Abwasser wird zu einer hochkonzentrierten Brühe, die die Reinigungskapazität der Kläranlagen überfordert. Moderne Waschmaschinen verbrauchen heute weniger als 50 Liter Wasser pro Waschgang, früher waren es 180 Liter. Bei modernen Spülmaschinen sind es bis zu 40 Prozent weniger Wasser als bei zehn Jahre alten Modellen. Die Kosten der Wasser- und Energieeinsparung können schnell wieder durch die Kosten der Rohrreinigung kompensiert werden. Die Wasserbetriebe müssen immer mehr Geld in das Funktionieren der Systeme investieren. Bereits jetzt entfallen 90 Prozent ihrer Kosten auf den Erhalt der Infrastruktur. Höhere Trink- und Abwasserpreise sind die Folge.
Möglich, dass im sogenannten Smart Home der Zukunft auch der Ressourcenverbrauch im Haushalt optimiert wird. Aber bis dahin werden noch einige Jahrzehnte vergehen, in denen noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten ist. Die Hersteller müssen ihren Kunden praktikable Entscheidungshilfen mit transparenten und ehrlichen Angaben zum Ressourcenverbrauch zur Verfügung stellen, die Verbraucher müssen bewusster als bisher mit den Haushaltsgeräten umgehen – beim Kauf und beim Betrieb. Der Klimawandel ist nicht durch Erbsenzählerei zu stoppen, sondern nur durch intelligentes, ganzheitliches Sparen.
Rainer Bratfisch
Stromverbrauch von Haushaltsgeräten (Richtwerte pro Betriebsstunde)
Lampen: 50 Watt
Laptop: 80 Watt
Kühlschrank: 120 Watt
Gefrierschrank: 150 Watt
TV-Flachbildschirm: 150 Watt
PC: 250 Watt
Abzugshaube: 500 Watt
Mikrowelle: 800 Watt
Fön: 2000 Watt
Wasserkocher: 2200 Watt
Waschmaschine: 2300 Watt
Staubsauger: 2400 Watt
Wäschetrockner: 3000 Watt
Geschirrspülmaschine: 3000 Watt
Elektroherd: 4000 Watt
Quelle: 123energie Blog
Berechnung des Stromverbrauchs
Im Internet finden sich zahlreiche Stromrechner, mit denen der Stromverbrauch einzelner Geräte online am konkreten Fall überprüft werden kann, zum Beispiel
http://stromsparcheck.stromeffizienz.de/
oder
http://www.stromverbrauchinfo.de/stromkostenrechner.php.
Stromverbrauch und -kosten eines Gerätes lassen sich auch berechnen nach den Formeln:
Stromverbrauch [in Watt] x Nutzungsdauer [in Stunden] /1000 x 365 Tage = Stromverbrauch des Geräts [in kWh pro Jahr]
kWh pro Jahr x Cent/kWh = durch das Gerät verursachte Stromkosten in Cent pro Jahr
rb
25.04.2022