Klingelschilder sind die Visitenkarte eines Hauses – sowohl im positiven wie im negativen Sinne. Auf der Internetseite „bellplates“ werden Fotos von Klingeltableaus aus aller Welt kommentarlos veröffentlicht, viele davon aus Berlin.
Ein wahres Panoptikum offenbart sich dem staunenden Betrachter: Neben den vereinzelten Fällen von wohlgeordneter Auflistung der Bewohner stechen vor allem die vielen unübersichtlichen Bretter mit den mehrfach überklebten Namensschildern, die oft noch auf den Platz daneben ausweichen, ins Auge. Viele Namen auf ein kleines Schriftfeld gequetscht zeigen: Man rückt wohl in den Wohnungen zusammen. Keine Hausverwaltung vereinheitlicht das äußere Erscheinungsbild, jeder neu Eingezogene nimmt irgendein Stück Papier, schreibt seinen Namen handschriftlich darauf und klebt ihn einfach dazu. Auch die Globalisierung lässt sich ablesen: Manche Häuser beherbergen dem Namen nach Bewohner aus aller Welt. Genauso auffällig ist gleichzeitig die Verwahrlosung der ursprünglich soliden metallenen Klingeltableaus: Mutwillig verdreckt, zerkratzt, beschmiert und angekokelt präsentiert sich hier der erste Eindruck des Hauses. Manchmal wird mit Aufklebern, Sprüchen und Tags der „letzte persönliche Schliff“ verpasst. Rein ästhetisch betrachtet ist das eine interessante Form von Street Art. Aber als Paketbote, der sich mühsam orientieren und Schriften entziffern muss, möchte man hier nicht arbeiten.
js
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25.05.2016