Ein ökologisches, nachhaltiges Leben kann man nur führen, wenn man genügend Geld dafür hat? Weit gefehlt. Einer Studie des Umweltbundesamtes (UBA) zufolge verhalten sich gerade die Menschen mit geringem Einkommen am ressourcen-schonendsten – oft ohne sich dessen bewusst zu sein.
Wer mehr Geld hat, verbraucht meist mehr Energie und Ressourcen, und zwar unabhängig davon, ob er sich als umweltbewusst einschätzt oder nicht. „Mehr Einkommen fließt allzu oft in schwerere Autos, größere Wohnungen und häufigere Flugreisen – auch wenn die Menschen sich ansonsten im Alltag umweltbewusst verhalten“, erklärt UBA-Präsidentin Maria Krautzberger. Gerade diese Punkte beeinflussen die Ökobilanz des Menschen am stärksten. „Der Kauf von Bio-Lebensmitteln oder eine gute Mülltrennung wiegen das nicht auf“, so Krautzberger.
Vor allem Fernflüge, das Auto, die Größe der Wohnung und deren Beheizung sowie der Konsum von Fleisch entscheiden darüber, ob jemand über oder unter dem durchschnittlichen Ressourcenverbrauch liegt. Daher haben Menschen mit hohem Umweltbewusstsein nicht zwangsläufig eine gute persönliche Ökobilanz. Menschen mit kleinem Einkommen, die sich selbst am wenigsten umweltbewusst einschätzen, verursachen hingegen die geringeren Umweltbelastungen. Der Gesamtenergieverbrauch pro Kopf liegt in der untersten Einkommensgruppe bei rund 10.000 Kilowattstunden pro Jahr, bei den Befragten mit hohem Einkommen hingegen fast doppelt so hoch.
Neben der Mobilität ist das Wohnen der größte „blinde Fleck“. Wohlhabende haben meist mehr Wohnfläche pro Person zur Verfügung und leben oft in freistehenden Häusern. Selbst mit einer effizienten Heizungsanlage ist da der Energiebedarf höher als bei kleineren Wohnungen in einem Mehrfamilienwohnhaus. Wer ein höheres Einkommen hat, besitzt häufig auch moderne Haushalts- und Multimediageräte mit der besten Energieeffizienzklasse, neigt aber auch zum Kauf von mehreren Kühlgeräten oder überdimensionierten Fernsehern – was den Vorteil wieder zunichte macht. Haushalte mit weniger Geld haben dagegen vielleicht noch eine stromfressende alte Waschmaschine, nutzen diese aber nur, wenn sie auch voll ist, und trocknen die Wäsche auf der Leine und nicht im Wäschetrockner. Das tun sie nicht, um die Umwelt zu schonen, sondern um Geld zu sparen.
Die Energieberatung für Hartz-IV-Haushalte ist natürlich sinnvoll, um den Geldbeutel zu schonen. Zur Entlastung der Umwelt wäre aber auch an eine Energieberatung für Reiche zu denken.
Jens Sethmann
Studie zum Download:
www.umweltbundesamt.de/publikationen/
repraesentative-erhebung-von-pro-kopf-verbraeuchen
28.10.2016