Zinsland, Bergfürst, Exporo, Mezzany – sogenannte Crowdinvesting-Projekte haben phantasievolle Namen und bieten verlockende Angebote: Auch Kleinanleger, so versprechen die Internetplattformen, können in Immobilien investieren. Gebührenfrei und mit kleinen Beträgen ließen sich gute Renditen erzielen. Dazu könne man das Wachsen eines „eigenen“ Projekts beobachten. Aber das Investment birgt das Risiko des Totalverlustes.
„In unserem Haus warb ein Makler für das Immobilien-Crowdfunding“, schrieb eine Leserin an die Redaktion des MieterMagazins. Schon ab 250 Euro Finanzierungsbeteiligung könne man dabei sein und eine Rendite von 5 Prozent erzielen. „Gelockt wurde mit einem Startguthaben von 50 Euro“, fügte die Mieterin hinzu: „Ist eine solche Anlage sinnvoll?“
Gelockt wird mit kleinen Anlagebeträgen
Ihre Skepsis ist nicht unberechtigt. Obwohl es bei der aktuellen Dauerniedrigzinsphase verführerisch zu sein scheint, in Immobilien zu investieren, sollte man in diesem Fall besonders kritisch hinschauen. Denn das sogenannte Crowdinvesting (englisch für „Schwarm-Finanzierung“) in Immobilien hat seine Tücken. Es wird über Internetplattformen für ganz konkrete Bauvorhaben angeboten, für die Gelder von privaten Anlegern eingesammelt werden. Zur Auswahl stehen dabei so unterschiedliche Projekte wie die Sanierung eines alten Wasserwerks, der Bau eines Einkaufszentrums oder auch die Modernisierung eines Mehrfamilienhauses. Da offensichtlich das Eigenkapital der jeweiligen Projektentwickler nicht ausreicht, um notwendige Kredite von einer Bank zu bekommen, stocken sie ihre Mittel eben auch mit dem Geld von kleinen Anlegern auf. Die Crowdfunding-Plattformen versprechen nicht nur eine unkomplizierte und gebührenfreie Geldanlage für kleine Beträge mit relativ hohen Renditen, sondern auch Transparenz und Informationen: Jeder könnte das Wachsen „seiner“ Immobilie mitverfolgen.
Dirk Eilinghoff von dem gemeinnützigen Verbraucherportal Finanztip warnt allerdings: „Das Risiko einer solchen Geldanlage liegt ganz beim Privatanleger.“ Und der ist in aller Regel kein Immobilienexperte. Das heißt, er kann kaum einschätzen, ob das Projekt kompetent und vorausschauend entwickelt, sachverständig und erfahren realisiert wird, ob sich das Einkaufszentrum in der Lage wirklich rentiert, sich die Büros oder Wohnungen tatsächlich zu dem Preis vermieten lassen.
Gerät aber ein Projekt in finanzielle Schieflage, muss gar Insolvenz angemeldet werden, ziehen die Kleinanleger meist den Kürzeren. Sie haben nämlich mit ihrem Investment ein Nachrangsdarlehen gegeben. Das bedeutet. Erst einmal werden Banken und Handwerker aus der Insolvenzmasse bedient. Der „Schwarm“ geht nicht selten leer aus und verliert sein eingesetztes Geld. Finanztip-Mitarbeiter Eilinghoff: „Wer auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Crowdfunding-Plattformen schaut, wird feststellen: Die Anbieter übernehmen keine Haftung für den Erfolg der Projekte.“
Eilinghoff rät, sich nicht nur auf Informationen der Investmentanbieter zu verlassen, sondern sowohl Bauprojekt als auch Entwickler sorgsam zu prüfen. Dazu sollte man sein Geld nie nur auf ein solches Projekt konzentrieren. Eilinghoff: „Sicherheitsorientierten Anlegern empfehle ich, lieber die Finger von solch einem Investment zu lassen.“
Rosemarie Mieder
Was ist Mezzanine-Kapital?
Das durch Crowdinvesting eingesammelte Geld ist sogenanntes Mezzanine-Kapital. Der Begriff stammt aus dem Italienischen und beschreibt ein niedriges Geschoss, das zwischen zwei Hauptstockwerke geschoben wurde. So ist auch diese Form des Kapitals zwischen das Eigen- und das Fremdkapital (zum Beispiel von Banken) geschoben, um Finanzierungslücken auszugleichen. Wenn das Projekt in die Insolvenz geht, müssen Mezzanine-Kapitalgeber erst einmal hinter allen anderen Gläubigern zurückstehen.
rm
29.11.2016