Eine harmlose Fassadeninstandsetzung entwickelte sich für Mieter aus dem Brunnenviertel zu einer sechsmonatigen Strapaze. Trotz einer langen Liste mit Handwerkerpfusch ist sich die städtische Wohnungsbaugesellschaft Degewo keiner Schuld bewusst.
In einem Beschwerdebrief hatten sich die Mieter der Wolliner Straße 29 an den Vorstand der Degewo gewandt. Die Vorwürfe: die von Juli bis Dezember 2016 durchgeführten Baumaßnahmen an dem 1980er-Jahre-Bau seien schlecht koordiniert und unsachgemäß durchgeführt worden. Von Anfang an, so berichtet ein Mieter, sei es sehr mühsam gewesen, der Degewo konkrete Informationen über Beginn und Umfang der Arbeiten zu entlocken. Dabei mussten die Mieter wissen, bis wann sie die Balkone zu beräumen hatten und wann sie zwecks Montage der neuen Fenster zu Hause sein mussten. Mehrfach seien Termine kurzfristig abgesagt worden, so dass die Mieter umsonst einen Urlaubstag genommen hatten. Dass die diversen Subunternehmen offenbar überfordert waren, machte sich dann bald noch auf ganz andere Weise bemerkbar.
Weil trotz Aufmaßes Teile nicht passten, wurde kurzerhand ein paar Tage lang ein Brett vor die fehlende Balkontür genagelt. Eine alte Dame sollte gar übers Wochenende in einer fensterlosen Wohnung ausharren. Erst nach Intervention der Nachbarn konnte erreicht werden, dass die neuen Fenster zumindest provisorisch eingebaut wurden. In mehreren Wohnungen wurden Fliesen beschädigt, weil versehentlich durch die Wand neben dem Fenster gebohrt wurde. In einer Wohnung wurde beim Verschweißen die fenstertragende Holzkonstruktion in Brand gesetzt. Statt die Feuerwehr zu rufen, unternahm der Handwerker selber einen Löschversuch. Die fassungslosen Mieter fanden eine völlig verrußte Wohnung vor. Eindeutig gesundheitsgefährdend sei jedoch die unsachgemäße Entfernung der Asbestplatten durchgeführt worden, so die Hausbewohner.
Noch Wochen später habe der ungenügend verpackte Sondermüll auf dem Baugerüst vor den Wohnungen herumgelegen. Dafür wurde die ausführende Firma vom Landesamt für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit Berlin verwarnt. Einige Mängel wurden inzwischen in Ordnung gebracht, doch bis heute ärgern sich die Mieter über fehlplatzierte Fensterlüftungen, Risse in der Wand und andere Folgen dieser Sanierung.
Und die Antwort der Degewo? Von einer Verwarnung durch das Landesamt wisse man nichts. Die Asbestzementplatten seien ordnungsgemäß in Folie verpackt und dann in einem Container zwischengelagert worden. Der Einbau der Fenster sei nach DIN-Normen erfolgt, und die Mieter seien über einen Hausaushang rechtzeitig informiert worden.
„Man hat schon den Eindruck, dass unser Leiden zumindest billigend in Kauf genommen wurde“, meint ein Mieter. In dem Sozialen Wohnungsbau leben viele Mieter, die sich nicht so gut wehren können.
Birgit Leiß
Lesen Sie auch:
BMV-Info 39: Mieterrechte bei Baumaßnahmen
23.03.2017