Wann ist ein Mensch alt? Wann ist eine Straße alt? Wann sind Fotos alt? Der Fotograf Harf Zimmermann wurde zwar nicht in der Hufelandstraße geboren, 1904 so benannt nach dem Berliner Arzt und preußischen Staatsrat Christoph Wilhelm Hufeland, sondern in Dresden. Mitte der 1980er Jahre aber lebte er in Berlin und zog ein Jahr lang von Haus zu Haus, von Laden zu Laden, von Mieter zu Mieter, um die Besonderheiten des Kiezes mit der Postleitzahl NO 55, später 1055 und heute 10407, mit der Kamera zu dokumentieren.
Mitten in der Hauptstadt der DDR entdeckte er kleinbürgerliche Idyllen, Häuser mit Fluren im Jugendstil, Wohnungen mit Stuck, Parkett und Flügeltüren, viele kleine Geschäfte und Werkstätten, aber auch bröckelnde Fassaden, Tristesse und Verfall. Die Außenaufnahmen sind Schwarz-Weiß, die Fotos der Mieter auch in Farbe. Die 95 in der Ausstellung gezeigten Fotos berühren als stimmungsvolle Momentaufnahmen aus einem Land am Vorabend des Zusammenbruchs, als ein Stück Kultur- und Kiezgeschichte und als ein soziokulturelles Dokument einer Straße, die sich inzwischen radikal geändert hat. „Die Straße ist schöner als erwartet, aber auch fremder. Sie liegt im alten Osten – doch der ist aus ihr gewichen“, schreibt Joachim Gauck in seinem Essay zur Ausstellung.
rb
Ausstellung „Harf Zimmermann . Hufelandstraße . 1055 Berlin“
C/O Berlin Foundation, Amerika Haus,
Hardenbergstraße 22–24,10623 Berlin
www.co-berlin.org
29. April bis 2. Juli 2017
Öffnungszeiten: täglich 11 bis 20 Uhr
26.04.2017