Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg hält das Berliner Zweckentfremdungsverbot für teilweise grundgesetzwidrig und ruft das Bundesverfassungsgericht an – nichts Gutes für den Kampf gegen die Ferienwohnungsnutzung.
Geklagt hatten 41 Ferienwohnungsvermieter, die schon vor Inkrafttreten des Zweckentfremdungsverbots am 1. Mai 2014 Wohnungen an Kurzzeitgäste vermietet hatten. Weil sie nach einer zweijährigen Übergangszeit die Wohnungen wieder regulär vermieten sollten, fühlten sie sich anderen Betreibern zweckfremder Nutzungen gegenüber benachteiligt, denn Büros und Praxen dürfen bleiben, solange der Mietvertrag läuft. Vor dem Verwaltungsgericht Berlin waren sie noch abgeblitzt.
Die nächste Instanz teilte jedoch ihre Argumentation. Das Gesetz zum Zweckentfremdungsverbot sei zwar nicht zu beanstanden, dass es aber auch Wohnungen erfasst, die schon vorher als Ferienwohnung genutzt wurden, greife „unverhältnismäßig in die Grundrechte der Eigentümer und Vermieter ein“, so das OVG. Die besondere Gefährdung der Wohnraumversorgung rechtfertige es nicht, Eigentümer zu zwingen, gewerblich genutzte Räumlichkeiten in Wohnraum zu verwandeln. Daran ändere auch die Übergangsfrist nichts. Das OVG legt diese Ansicht dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vor und setzt die Gerichtsverfahren so lange aus.
Senat und Bezirke zeigten sich vom OVG-Beschluss überrascht, reagierten aber gelassen. Mittes Bezirksbürgermeister Stephan von Dassel weist darauf hin, dass nur die Ferienwohnungen betroffen sind, für die vor zwei Jahren Bestandsschutz beantragt wurde. Das sind berlinweit 5980 Wohnungen. „Uns schmerzt jede für die Bevölkerung verlorene Wohnung“, erklärt von Dassel, „aber viel wichtiger ist, dass zukünftig weitere tausende Wohnungen dem Wohnungsmarkt erhalten bleiben.“
Unterdessen meldet Airbnb, Marktführer der Ferienwohnungsvermittler, ein Rekordergebnis: Im Jahr 2016 haben 600.000 Menschen über Airbnb in Berlin eine Unterkunft gebucht – gegenüber dem Vorjahr eine Steigerung um 5,6 Prozent. Im Schnitt blieben die Gäste 4,5 Nächte. Rund 22.700 Berliner boten Unterkünfte an, mehr als die Hälfte von ihnen stellte nicht nur einzelne Zimmer, sondern eine ganze Wohnung zur Verfügung. 15 Prozent der Angebote waren für mehr als 120 Tage im Jahr an Gäste vergeben.
Jens Sethmann
28.05.2017