Leitsätze:
1. Eine analoge Anwendung der Vorschriften zur sogenannten Mietpreisbremse nach §§ 556 d ff. BGB ist geboten, wenn der Vermieter statt eines Vertragsneuabschlusses ohne sachlichen Grund stattdessen eine Mieteraustauschvereinbarung zwischen ihm, den Vormietern und dem Mietinteressenten durchsetzt.
2. Zumindest liegt in einem solchen Fall ein unzulässiges Umgehungsgeschäft vor mit der Folge, dass die gegen die Regelungen der §§ 556 d ff. BGB verstoßende Mietpreisvereinbarung gemäß §§ 134, 139 BGB nichtig ist.
AG Neukölln vom 11.10.2017 – 20 C 19/17 –
Mitgeteilt von RA Max Werner Althoff
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Das Urteil ist (noch) nicht rechtskräftig.
Urteilstext
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Zulässigkeit der zwischen ihnen vereinbarten Miete und über die Zulässigkeit eines von der Beklagten erhobenen Aufwandentgelts.
Die Beklagte ist Vermieterin, und die Kläger sind Mieter der Wohnung B.-straße xx,1xxxx Berlin, Vorderhaus, 3.. OG links, mit einer Wohnfläche von 58,08 qm. Die Wohnung liegt im Metspiegelfeld D2 des Berliner Metspiegels 2017. Die Wohnung verfügt über ein modernes Bad und überwiegende Isolierverglasung. Die Küche hat in Cerankochfeld. Das Gebäude hat keinen Keller.
Ursprünglich war die Wohnung an Frau M. und Herr M. (im Folgenden „Vormieter“) zu einer Nettokaltmiete in Höhe von 508,00 € vermietet. Herr M. wohnte jedoch nicht in der Wohnung, sondern war auf Verlangen der Beklagten in das Mietverhältnis aufgenommen, um die Forderungen der Beklagten aus dem Mietverhältnis zusätzlich zu sichern. Die Klägerin zu 1) war zunächst Untermieterin der Vormieter und lebte zusammen mit Frau M. in der Wohnung.
Im Sommer 2016 teilte Frau M. der Klägerin zu 1) mit, dass sie aus der Wohnung ausziehen wolle. Die Klägerin meldete sich daraufhin bei der Beklagten und teilte mit, dass sie zusammen mit dem Kläger zu 2) gerne Mieterin der Wohnung werden wolle. Die Beklagte erläuterte der Klägerin zu 1), dass der mit den Vormietern bestehende Mietvertrag erst einmal gekündigt werden müsste, bevor ein neuer Mietvertrag abgeschlossen werden könne. Die Vormieter kündigten das Mietverhältnis zum 30.11.2016 und die Beklagte bot der Klägerin zu 1) an, die Wohnung zu übernehmen und einen neuen Mietvertrag·mit der Beklagten abzuschließen. Mehrere Wochen später änderte die Beklagte jedoch ihre Meinung und wollte nunmehr, dass die Kläger einen Änderungsvertrag mit den Vormietern und der Beklagten unterzeichnen und dass der alte Metvertrag bestehen bleibt.
Nachdem Frau M. von dem Wunsch der Beklagten auf Abschluss eines Änderungsvertrags durch die Klägerin zu 1) informiert wurde, erkundigte sie sich in der zweiten Novemberhälfte 2016 bei der Beklagten wegen des Zugangs und Bearbeitungsstands ihrer Kündigung. Die Beklagte teilte mit, dass die Kündigung eingegangen sei, wegen der Vertragsänderungsgespräche mit den Klägern aber nicht bearbeitet worden sei.
Da die Beklagte nur unter der Bedingung einer Vertragsänderung bereit war, die Kläger als neue Mieter anzunehmen, wollten die Vormieter diese Möglichkeit nicht vereiteln. Am 30.11.2016 unterzeichneten die Kläger, die Beklagte und die Vormieter daher eine von der Beklagten vorgelegte, als „Nachtrag 1“ bezeichnete Vereinbarung. ln der Vereinbarung ist u.a. geregelt, dass die Vormieter aus dem Mietvertrag ausscheiden und die Kläger in den Mietvertrag eintreten. ln Ziffer 3 der Vereinbarung ist geregelt, dass sich die Nettokaltmiete für die Wohnung auf 813,12 € erhöht. ln Ziffer 6 der Vereinbarung ist geregelt, dass die Kläger wegen des Hauptmietvertragspartnerwechsels an die Beklagte ein Aufwandsentgelt in Höhe von 200,00 € zu zahlen haben. …
Mit Schreiben vom 09.12.2016 rügte der Prozessbevollmächtigte der Kläger die Vereinbarung vom 30.11.2016 als Mietpreisüberhöhung gemäß § 556 d Abs. 1 BGB. Zur Begründung führte er an, dass die ortsübliche Vergleichsmiete nur bei 6,08 € nettokalt/m² liege und die vereinbarte Miete gemäß § 556d BGB daher insoweit nichtig sei, als sie die ortsübliche Miete um mehr als 10 % übersteige; wegen des Bestandsschutzes der alten Miete belaufe die zulässige Nettokaltmiete lediglich auf 508,00 €. …
Die Kläger behaupten, die ortsübliche Vergleichsmiete belaufe sich auf Grundlage des Berliner Mietspiegels 2015 auf 6,08 € nettokalt/m². Die vereinbarte Miete in Höhe von 813,12 € nettokalt liege mit 14 € nettokalt/m² erheblich über der ortüblichen Vergleichsmiete. Auf dem streitgegenständlichen Grundstück sei keine Fahrradabstellmöglichkeit vorhanden und die Wohnung befinde sich in einer stark vernachlässigten Umgebung. Die Kläger sind der Ansicht, die mit der Beklagten vereinbarte Monatsmiete verstoße gegen § 556d BGB, die zulässige Monatsmiete belaufe sich auf 508,00 € nettokalt. Weiter sind die Kläger der Ansicht, dass die Regelung in Ziffer 6 der Vereinbarung vom 30.11.2016, wonach die Kläger ein Aufwandsentgelt in Höhe von 200,00 € wegen des Hauptmietvertragspartnerwechsels zu zahlen haben, verstoße gegen § 307 Abs.1 BGB und sei unwirksam.
Die Kläger beantragen,
1. dass festgestellt wird, dass die Kläger aus der Vereinbarung zwischen den Parteien vom 30.11.2016 nicht verpflichtet sind, für die Wohnung B.-Str. xx, 1xxxx Berlin, Vorderhaus, 3. OG links, einen monatlichen Mietzins von mehr als 508,00 € nettokalt zu zahlen
2. die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger 305,12 € zu zahlen,
3. die Beklagte zu verpflichten, 200,00 € an die Kläger zurückzuzahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, es sei sachgerechter gewesen, der Klägerin zu 1) als ehemaliger Untermieterin den Eintritt in das Hauptmietverhältnis zu ermöglichen, da sie bereits mehrere Jahre denselben Regeln des Mietvertrags unterworfen gewesen sei. Die von der Beklagten verlangte Nettokaltmiete von 14,00 €/m² sei ortsüblich. Die Beklagte ist der Ansicht, die Regelungen der §§ 556d ff. BGB seien nicht anwendbar, da kein Neuabschluss eines Mietvertrages vorliege. Weiter ist die Beklagte der Ansicht, die Berliner Mietenbegrenzungsverordnung sei unwirksam. Zur Berechnung der ortsüblichen Vergleichsmiete könne der Berliner Mietspiegel weder als qualifizierter noch als einfacher Metspiegel herangezogen werden.
Die Parteien haben mit Schriftsätzen vom 14.08.2017 und vom 21.08.2017 einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren zugestimmt. Mit Beschluss vom 24.08.2017 hat das Gericht das schriftliche Verfahren angeordnet.
Entscheidungsgründe··
I. Die Klage ist zulässig und begründet.
1. Die mit dem Klageantrag zu 1) erhobene Feststellungsklage ist zulässig. Insbesondere fehlt den Klägern nicht das Feststellungsinteresse. Auch wenn die Kläger ihre Rückforderungsansprüche zum Teil – über die Miete für den Monat Januar 2017 hinaus – bereits hätten beziffern können, greift der Vorrang der Leistungsklage nicht. Denn die Feststellungklage hat weitergehende Wirkung für die weitere Zukunft (AG Neukölln, Urteil vom 8. September 2016 – 11 C 414/15; AG Hamburg-St. Georg, Urteil vom 22. Juni 2017 – 913 C 2/17 -).
Die Feststellungsklage ist begründet. Die·zulässige Miethöhe für die streitbefangene Wohnung beträgt lediglich 508,00 € nettokalt und ist damit um 305,12 € überhöht. Dies ergibt sich aus der entsprechenden Anwendung des § 556 d Abs. 1 BGB i.V.m. der Berliner Mietenbegrenzungsverordnung und dem Berliner Mietspiegel 2017 sowie aus § 556 e Abs. 1 BGB.
Nach Ansicht des Gerichts sind die Regelungen der §§ 556 d ff. BGB verfassungsgemäß; die Berliner Mietenbegrenzungsverordnung ist ebenfalls verfassungskonform und rechtswirksam. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Hinweisbeschlusses der 67. Kammer des Landgerichts Berlin vom·14. September 2017 (Geschäftszeichen 67 S 149/17). Die 65. Kammer des Landgerichts Berlin (Urteil vom 29. März 2017 – 65 S 424/16) und die 11. Abteilung des Amtsgerichts Neukölln (Urteil vom 08. September 2016 –11 C 414/15) haben bereits mit umfassender Begründung, der sich das Gericht anschließt, dargelegt, dass die Regelungen zur sogenannten Metpreisbremse verfassungsgemäß und rechtswirksam sind. Nach Ansicht des Gerichts liegt insbesondere auch kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor. Die in §556 e Abs. 1 BGB vorgenommene Differenzierung ist aus Gründen des Bestandsschutzes gerechtfertigt und stellt sich nicht als sachwidrig dar (LG Berlin, Urteil vom 29. März 2017 – 65 S 424/16; Schuldt, „Mietpreisbremse – Eine juristische und ökonomische Untersuchung der Preisregulierung für preisfreien Wohnraum“, 2017, Seite 230 f.). Auch die Begrenzung der zulässigen Neuvermietungsmiete durch § 556 d Abs. 1 BGB in den von § 556 d Abs. 2 BGB erfassten Gebieten führt zu keinem Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Denn § 556 d Abs. 1 BGB stellt in den von § 556 d Abs. 2 BGB erfassten Gebieten einheitlich auf die ortsübliche Vergleichsmiete ab.
Die unterschiedlichen Grenzen für die zulässige Höhe der Neuvertragsmiete ergeben sich erst aus der Uneinheitlichkeit der lokalen Wohnungsmärkte (Schuldt, Mietpreisbremse- eine juristische und ökonomische Untersuchung der Preisregulierung für preisfreien Wohnraum, 2017, Seite 235).
Zwar scheidet eine unmittelbare Anwendung des § 556 d BGB vorliegend aus. Denn die Vereinbarung vom 30.11.2016 stellt sich aufgrund ihrer rechtlichen Ausgestaltung nicht als Neuabschluss eines Mietvertrages dar. Es handelt sich vielmehr um einen dreiseitigen Vertrag zwischen den Klägern, der Beklagten und den Vormietern, in dem ausdrücklich festgehalten ist, dass die Vormieter aus dem bestehenden Mietverhältnis austreten und die Kläger mit allen Rechten und Pflichten in das bestehende Mietverhältnis unter gleichzeitiger Erhöhung der Nettokaltmiete eintreten.
§ 556 d BGB findet jedoch analoge·Anwendung. Analogie ist die Übertragung eines·gesetzlich geregelten Tatbestands auf einen vom Gesetz nicht geregelten, aber im Wesentlichen ähnlichen Tatbestand. Weiter setzt eine Analogie voraus, dass ein Gesetz nach der gesetzgeberischen Regelungsabsicht eine planwidrige Unvollständigkeit enthält. Bei Gleichheit von Interessenlage und Normzweck werden solche Lücken durch Analogie geschlossen (Staudinger Einl. zum BGB Rn. 156).
Aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls ist die streitgegenständliche Fallkonstellation mit der Konstellation der Neuvermietung einer Wohnung im Wesentlichen vergleichbar. Für die von der Beklagten gewählte Vertragskonstruktion bestand kein sachlicher Grund. Zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung am 30.11.2016 hatten die Vormieter das Mietverhältnis bereits gekündigt. Die Beklagte hätte also ohne Weiteres mit der Klägern einen neuen Mietvertrag abschließen·können. Es macht vorliegend im Ergebnis keinen Unterschied, ob eine·Neuvermietung durch Beendigung des alten Mietvertrages und Abschluss eines neuen Mietvertrages mit einer höheren Miete erfolgt oder ob ein vollständiger Mieterwechsel in einem bestehenden Mietverhältnis unter Ausscheiden der alten Mieter und Eintritt der neuen Mieter bei gleichzeitiger Erhöhung der Miete stattfindet. Es ist offensichtlich, dass die Beklagten die vorliegende Vertragskonstruktion nur gewählt haben, um die Regelungen·der §§ 556 d ff. BGB zu umgehen.
Es liegt eine planwidrige Regelungslücke vor. Der Gesetzgeber wollte mit den §§ 556 d ff. BGB auf Mietsteigerungen bei Neuvermietung in bestimmten Regionen reagieren. Die Regelung soll dazu beitragen, der direkten oder indirekten Verdrängung wirtschaftlich weniger leistungsfähiger Bevölkerungsgruppen aus stark nachgefragten Wohnquartieren entgegenzuwirken (BeckOK BGB/Schüller BGB § 556 d Rn. 1-3). Es ist davon auszugehen, dass der Kläger [? Gesetzgeber] auch den vollständigen Mieteraustausch in einem bestehenden Mietverhältnis unter gleichzeitiger Erhöhung der Miete von den §§ 556 d ff. BGB erfassen wollte, wenn für eine solche Vertragskonstruktion gegenüber einem ebenfalls möglichen Neuabschluss eines Mietvertrages kein sachlicher Grund besteht und sich die gewählte Vertragskonstruktion im Ergebnis·wie eine·Neuvermietung darstellt.
Aufgrund der Umstände des konkreten·Einzelfalls liegt auch·eine Gleichheit der Interessenlage vor. Die Kläger befanden sich gegenüber der Beklagten in einer unterlegenen Position. Die Vormieter hatten die Wohnung·bereits gekündigt. Die Beklagte weigerte sich, mit den Klägern einen neuen Mietvertrag abzuschließen, sondern bestand auf den Abschluss der streitgegenständlichen Vereinbarung. Die Kläger waren gezwungen, der Vereinbarung zuzustimmen, weil sie ansonsten aller Voraussicht nach die Wohnung nicht hätten mieten können. Die Situation der Kläger vor dem Abschluss der Vereinbarung entsprach damit der Situation, wie sie bei Metinteressenten üblich-ist, die sich auf eine Wohnung zur Neuanmietung bewerben.
Die zwischen den Parteien vereinbarte Nettokaltmiete in Höhe von 813,12 € überschreitet die nach § 556 d Abs. 1 BGB zulässige Miethöhe. Danach darf die Miete zu Beginn des Mietverhältnisses die ortsübliche Vergleichsmiete (§ 558 Abs. 2 BGB) höchstens um 10% übersteigen. Die ortsübliche Vergleichsmiete, an der sich gemäß § 556 d Abs. 1 BGB die zulässige Höchstmiete orientiert, kann anhand des Berliner Mietspiegels 2017 bestimmt werden. Dabei kann dahinstehen, ob der Berliner Mietspiegel 2017 qualifiziert im Sinne des § 558 d BGB ist. Er kann zumindest als einfacher Mietspiegel gemäß § 287 ZPO herangezogen werden (LG Berlin, Urteil vom 29. März 2017 – 65 S 424/16 – AG Neukölln, Urteil vom 8. September 2016 – 11 C 414/15). Der Berliner Mietspiegel 2017 ist anstatt des Berliner Mietspiegels 2015 heranzuziehen. Der Abschluss der Vereinbarung erfolgte am 30.11.2016. Stichtag für die Heranziehung des Berliner Mietspiegels 2017 ist der 01.09.2016.
Die Parteien haben die streitbefangene Wohnung unstreitig in das Feld D2 des Berliner Mietspiegels 2017 eingeordnet. Hiervon ausgehend ergibt sich ein Mittelwert von 5,93 €/m². Selbst wenn man zu Gunsten der Beklagten unterstellt, dass die im Berliner Mietspiegel 2017 aufgeführten und zwischen den Parteien streitigen wohnwertmindernden Merkmale der Merkmalgruppe 5 (Wohnumfeld) „Lage in stark vernachlässigter Umgebung in einfacher Wohnlage“ und „keine Fahrradabstellmöglichkeit auf dem Grundstück“ nicht gegeben sind, ergibt sich eine ortsübliche Vergleichsmiete von·nur 6,36 €/m².
Unter Berücksichtigung des gemäß § 556 d Abs. 1 BGB zulässigen Zuschlags von 10% auf die ortsübliche Vergleichsmiete, vorliegend mithin 0,64 €/qm, beträgt die zulässige Miete 7,00 €/qm.
Auf Grundlage der Wohnungsgröße von 58,08 qm ergibt sich hieraus eine zulässige Nettokaltmiete in Höhe von 406,56 €.
Bereits die Nettokaltmiete der Vormieter in Höhe von 508,00 € überstieg damit schon die ortsübliche Vergleichsmiete samt Zuschlag von 10 %, so dass zu Gunsten der Beklagten die Bestandsschutzregelung des § 556 e Abs. 1 BGB eingreift. Die zulässige Nettokaltmiete beträgt damit 508,00 €. Die mit den Klägern in der Vereinbarung vom 30.11.2016 vereinbarte Nettokaltmiete ist monatlich um 305,12 € überhöht.
Selbst wenn man eine analoge Anwendung der § 556 d ff. BGB ablehnte, läge dann jedenfalls ein unzulässiges Umgehungsgeschäft vor mit der Folge, dass die Regelung in Ziffer 3 der Vereinbarung vom 30.11.2016, mit der die Nettokaltmiete von ursprünglich 508,00 € auf 813,12 € erhöht wird, gemäß §§ 134, 139 BGB nichtig wäre. Unter Berücksichtigung der salvatorischen Klauseln Ziffer 9 der Vereinbarung vom 30.11.2016 läge keine Gesamtunwirksamkeit vor,·sondern die Unwirksamkeit wäre auf die Regelung in Ziffer 3 der Vereinbarung vom 30.11.2016 beschränkt. Ein Umgehungsgeschäft liegt vor, wenn durch Umgehung verbotener rechtlicher Gestaltungen ein vom Gesetz verbotener Erfolg herbeigeführt werden soll (BGH, Urteil vom 06. Dezember 1990 – IX ZR 44/90 -, Rn.25). Die Beklagte handelte mit Umgehungsabsicht. Ein sachlicher Grund für den Abschluss der Vereinbarung vom 30.11.2016 anstatt eines Neuabschlusses eines·Mietvertrags bestand nicht. Die Beklagte zielte offensichtlich darauf ab, die Regelungen der §§ 556 d ff. BGB zu umgehen und eine Mietsteigerung über die Zulässigkeitsgrenze der §§ 556 d ff. BGB hinaus herbeizuführen.
2. Die mit dem Klageantrag zu 2 erhobene Leistungsklage ist zulässig und begründet. Die Kläger haben gegen die Beklagte einen Rückzahlungsanspruch für die zu viel gezahlte Nettokaltmiete im Monat Januar 2017 in Höhe von 305,12 € aus §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 556 g Abs. 1 BGB.
Bei dem Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 09.12.2016 handelt es sich um eine qualifizierte Rüge im Sinne des § 556 g·Absatz 2 Satz 2 BGB, so dass·die Kläger die unter Vorbehalt gezahlte Teilnettokaltmiete in Höhe von 305,12 € für den Monat Januar 2017 zurückverlangen können (vgl. LG Berlin, Urteil vom 29. März 2017 – 65 S 424/16; AG Neukölln, Urteil vom 8. September 2016 – 11 C 414/15).
3. Die Mit dem Klageantrag zu 3 erhobene Leistungsklage ist zulässig und begründet. Die Kläger haben einen Anspruch auf Rückzahlung des von ihnen gemäß Ziffer 6 der Vereinbarung vom 30.11.2016 an die Beklagte gezahlten Aufwandsentgelts in Höhe von 200,00 € aus § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB. Die Zahlung des Aufwandentgelts erfolgte rechtsgrundlos. Die Regelung in Ziffer 6 der Vereinbarung vom 30.11.2016 ist gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.
Bei der Regelung handelt es sich um eine von der Beklagten gestellte Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne des § 305 Abs. 1 BGB. Die Vereinbarung vom 30.11.2016 und damit auch die Regelung in Ziffer 6 stammt von der Beklagten. Die Beklagte hat weder vorgetragen noch unter Beweis gestellt, dass sie den Inhalt der Vereinbarung ernsthaft zur Disposition gestellt hat und dass die Kläger die Möglichkeit gehabt haben, konkrete Gegenvorschläge zu unterbreiten. Damit ist davon auszugehen, dass es sich um vorformulierte Vertragsbedingungen der Beklagten für eine Vielzahl von Verträgen handelt, die vom Beklagten bei Abschluss des Vertrages einseitig vorgegeben wurden.
Die Regelung in Ziffer 6 der Vereinbarung vom 30.11.2016 beeinträchtigt die Kläger nach dem Gebot von Treu und Glauben unangemessen. Unangemessenheit liegt vor, sofern der Verwender in nicht hinnehmbarer·eigennütziger Weise seine Interessen auf Kosten des Vertragspartners durchsetzt, ohne die Interessen des Vertragspartners zu beachten. Sachliche Gründe für die Erhebung eines Aufwandentgelts in Höhe von 200,00 € bestehen weder dem Grunde nach noch der Höhe nach. Vielmehr werden durch die Regelung Kosten der Verwaltungstätigkeit auf die Kläger als Mieter abgewälzt, die in den Aufgabenbereich der Beklagten als Vermieter fallen. Aufgrund ihrer unterlegenen Verhandlungsposition mussten die Kläger die Erhebung des Aufwandentgelts akzeptieren, da sie damit rechnen mussten, ansonsten die Wohnung nicht anmieten zu können. Eine Klausel mit einem solchen Inhalt hält damit der AGB-Kontrolle nicht stand und ist unwirksam (vgl. AG Münster, Urteil vom 31. Juli 2015 – 55 C 1325/15 -, Rn. 8).
4. Die Entscheidung über die Kosten und über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.
III. Der Streitwert ergibt sich aus dem dreieinhalbfachen·Wert der Differenz der in der Vereinbarung vom 30.11.2016 vorgesehenen Jahresnettokaltmiete und der als zulässig angesehenen Jahresnettokaltmiete (42 x·305,12 € = 12.815,04 €) zuzüglich der Werte aus den Klageanträgen zu Ziffer 2) und zu Ziffer 3).
21.11.2017