Nun geraten auch die Sozialbauten nahe des Potsdamer Platzes in die Aufwertungsspirale. Bestes Beispiel: der Gebäudekomplex Hafenplatz 6-7/Köthener Straße 28-32.
Das Haus mit rund 220 Wohnungen ist zum 31. Dezember 2017 aus der Sozialbindung gefallen. Bereits 2016 war es verkauft worden – wovon das Bezirksamt lange Zeit gar nichts wusste. Der neue Eigentümer, die Grundstückgesellschaft Hafenplatz Berlin mbH, hat bereits mit der Entmietung begonnen und dafür eigens einen „Mieterberater“ eingestellt, der seine Unterstützung bei der Suche nach einer neuen Bleibe anbietet. Man plane eine „Neudefinition der Kreuzberger Mischung“, so Pressesprecherin Franziska Scholz: ein „modernes, gemischtes Quartier“, mit Sozialwohnungen, Studentenapartments, Gastronomie und Kultur. Wegen des „schlechten baulichen Zustandes“ des 1970er-Jahre-Baus sei dafür jedoch ein (Teil)-Abriss und Neubau notwendig. Nur so lasse sich eine höhere Ausstattungsqualität erreichen.
Auf einer vom Eigentümer durchgeführten Mieterversammlung erfuhren die geschockten Mieter Ende Januar, dass wegen der veränderten Wohnungsgrößen nur „in Ausnahmefällen“ ein Rückzug möglich sei. Zwar wird die gleiche Fläche an gefördertem Wohnraum geschaffen wie bisher, nämlich 7000 Quadratmeter, und das zu Preisen von 6,50 Euro pro Quadratmeter. Doch weil vor allem familiengerechte Wohnungen entstehen, wird für die Altmieter, darunter viele Migranten und Transferleistungsbezieher, kein Platz mehr sein. Ein weiteres Problem: Etwa 100 Mieter haben lediglich befristete Verträge, die am 31. Januar 2018 ausgelaufen sind. Auch diese Wohnungen werden bereits entmietet. Und von denjenigen mit unbefristeten Verträgen fühlen sich viele unter Druck gesetzt, etliche sind bereits ausgezogen.
Dabei steht das Projekt noch ganz am Anfang, die Abstimmung mit den Bezirksbehörden läuft. Daher gibt es auch für die Entmietung keinerlei rechtliche Grundlage. Der Bezirk hat bereits angekündigt, keinem Konzept zuzustimmen, das eine Verdrängung der Mieter zur Folge hätte. „Wir wollen sicherstellen, dass niemand aus Angst oder Unsicherheit auszieht“, so Florian Schmidt (Grüne), Baustadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg.
Von Seiten des Eigentümers wird in einer Stellungnahme an das MieterMagazin beteuert, man sei an einvernehmlichen Lösungen interessiert: „Wir werden niemanden auf die Straße setzen“, versichert die Sprecherin. Man sei mit mehreren städtischen Wohnungsbaugesellschaften im Gespräch, um die Mieter aus deren Bestand mit preiswerten Ersatzwohnungen zu versorgen. Ob diese in Kreuzberg oder zumindest in der Innenstadt liegen, steht indes auf einem anderen Blatt.
Birgit Leiß
27.02.2018