Leitsatz:
Die Zusammenlegung von zwei Altbauwohnungen führt bei der daraus entstandenen Wohnung nicht zu einer veränderten Bezugsfertigkeit im Sinne des Berliner Mietspiegels 2017.
LG Berlin vom 23.2.2018 – 63 S 230/17 –
Mitgeteilt von RA Nikolaus Krehnke
Urteilstext
Gründe:
… Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
Der Klägerin steht gegen die Beklagten kein Anspruch auf Zustimmung zur Erhöhung der Nettokaltmiete von 850,00 € auf 977,50 € aus § 558 BGB zu.
Es kann zunächst auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung verwiesen werden.
Die streitgegenständliche Wohnung ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht in das Rasterfeld K8 (Bezugsfertigkeit 2003-2015), sondern in das Rasterfeld K2 (Bezugsfertigkeit 1919-1949) des Berliner Mietspiegels 2017 einzuordnen, dessen Oberwert mit 7,10 €/m² unter der derzeit von den Beklagten gezahlten Miete von 7,37 €/m² liegt.
Bei den unstreitigen Modernisierungsarbeiten handelte es sich nicht um eine neubaugleiche Modernisierung wesentlicher Bereiche der Wohnung i.S.d. Vorbemerkung zu Punkt 6.4 (Beschaffenheit) des Mietspiegels 2017, durch die unter wesentlichem Bauaufwand Wohnraum geschaffen oder verändert wurde.
Das Zusammenlegen von vorhandenen Wohnungen ist jedoch bereits begrifflich nicht vom Mietspiegel erfasst, da es sich lediglich um eine einfache Erweiterung/Änderung von Wohnraum handelt.
Der Berliner Mietspiegel 2015 stellte in Punkt 6.4. der Vorbemerkung darauf ab, ob unter wesentlichem Bauaufwand entsprechend § 16 WohnraumförderungsG Wohnraum geschaffen oder verändert wurde.
Die Neufassung des Mietspiegels 2017 wollte dieses Kriterium nicht in der Sache ändern, bzw. dessen Anwendungsbereich erweitern. Nach wie vor sollen – auch kostenintensive – Modernisierungen und Sanierungen allein nicht geeignet sein, die Einordnung in ein vom Baualter des Hauses abweichendes Rasterfeld zu ermöglichen.
Dies ergibt sich zum einen daraus, dass die Wortlautveränderung lediglich klarstellenden Charakter hat, zum anderen aus dem dem Mietspiegel 2017 zugrundeliegenden Methodenbericht. Nach dem Wortlaut des Punktes 6.4 des Berliner Mietspiegels 2017 definiert sich die Beschaffenheit einer Wohnung durch das Baualter des Gebäudes, da die grundsätzliche Beschaffenheit durch die während bestimmter Zeitperioden übliche Bauweise charakterisiert wird. Hierbei ist grundsätzlich auf das Baualter der Errichtung des Gebäudes abzustellen, wobei modernisierte Wohnungen grundsätzlich in das Jahr der Bezugsfertigkeit des Gebäudes einzuordnen sind.
Hintergrund dessen ist, dass das Baualter des Gebäudes auch maßgeblich für den Standard der Wohnung, z.B. hinsichtlich des vorhandenen Trittschallschutzes und des Schallschutzes generell maßgeblich ist. So variieren die technischen Vorgaben, deren Einhaltung der Vermieter als Beschaffenheit der Wohnung vertraglich schuldet mit den Jahren erheblich.
All diese Beschaffenheitskriterien sind im vorliegenden Fall jedoch nicht verändert worden. Die Klägerin hat vielmehr, neben allgemein üblichen vorwiegend energetischen Modernisierungsarbeiten lediglich zwei Wohnungen zu einer großen zusammengelegt. Dass es im Zuge dessen zu Grundrissveränderungen kam und ein Bad wegfiel, liegt in der Natur der Sache, veränderte jedoch nicht die grundsätzliche Beschaffenheit der nunmehr größeren Wohnung.
Der Methodenbericht der Grundlagendaten für den empirischen Mietspiegel 2017 führt in Punkt 4.3. bezüglich der Beschaffenheit aus, dass die Neufassung allein darauf beruhe, dass „in den Vorgängermietspiegeln bei der Stichprobenkonstruktion lediglich eine Differenzierung nach der Wohnlage vorgenommen wurde,…. dies habe zur Folge gehabt, dass innerhalb einer Wohnlage über alle Baualtersgruppen hinweg große Wohnungsunternehmen stärker vertreten waren. Durch die Stichprobenerhebung gezielt nach Wohnlage und Baualter sei die statistische Aussagesicherheit diesbezüglich erhöht worden“. Auch in Punkt 4.6. (Beschaffenheit) findet sich lediglich die Erläuterung, dass es diesbezüglich aus vorgenannten Gründen beim Mietspiegel 2017 erstmals eine diesbezügliche Zusatzerhebung gab. ln der Zusammenfassung der Arbeitsgruppensitzungen findet sich unter dem Sitzungsprotokoll vom 01. März 2017 der Hinweis, dass diskutiert wurde, ob „eine andere Baualters-Einteilung erforderlich sei und wie die Baualter voneinander abzugrenzen seien. Die Arbeitsgruppe habe sich einheitlich für die Beibehaltung der bisherigen Einteilungen ausgesprochen“.
Insbesondere stellt auch der Mietspiegel 2017 darauf ab, dass die Modernisierung „neubaugleich“ sein muss. Dies ist bei der bloßen Zusammenlegung zweier kleiner Wohnungen zu einer größeren nicht der Fall.
Der wesentliche Teil der umfangreichen Sanierungsarbeiten (wie Wärmedämmung und die Strangsanierung) betrifft gerade nicht eine „neubaugleiche Modernisierung“ von Wohnraum, sondern lediglich die Instandsetzung/Modernisierung des Gebäudes. Der Teil, der auf das Schaffen von neuem Wohnraum entfällt, beschränkt sich auf das Errichten von Zwischenwänden und das Verlegen eines WCs.
Dafür spricht auch, dass weder das Zusammenlegen von zwei vorhandenen Wohnungen zu einer Maisonette-Wohnung noch umfangreiche Modernisierungsarbeiten wie die Wärmedämmung, Strangsanierung, Bädermodernisierung, Elektromodernisierung etc. für sich geeignet sind, eine andere Bezugsfertigkeit der Wohnung zu begründen (LG Berlin, Urteil vom 22.04.2016 – 63 S 269/15 – nicht veröffentlicht).
Vielmehr beruht die Wortlautveränderung gerade auch im Hinblick auf die aus dem engen Wortlaut der Fassung des Mietspiegels 2015 folgenden Rechtsprechung darauf, dass bei einer Sanierung eines Gebäudes, das auch bisher zu Wohnzwecken diente, dergestalt, dass dieses vollständig bis auf die bloßen Grundmauern entkernt wird und anschließend nach dem aktuellen Stand der Technik dort wieder Wohnraum geschaffen wurde, dennoch das ursprüngliche Baualter maßgeblich war, da kein Wohnraum „erstmals geschaffen“ wurde. ln diesem Fällen ist nach dem nunmehrigen Wortlaut, der nicht mehr zusätzlich die erstmalige Schaffung von Wohnraum fordert, grundsätzlich eine Einordnung in ein anderes Baualter als dasjenige der ursprünglichen Errichtung, möglich.
Hinzu kommt ferner, dass nach der Begründung zum Mietspiegel die Einteilung in Baualtersklassen erfolgt, weil „die grundsätzliche Beschaffenheit verschiedener Wohnungen wesentlich durch die während bestimmter Zeitperioden übliche Bauweise charakterisiert wird“. Es ist anhand der Fotos offensichtlich, dass die charakteristische Bauweise des Gebäudes erhalten wurde.
Die charakteristische Bauweise ändert sich aber nicht durch eine bloße Nutzungsänderung, auch wenn diese (umfassende) Modernisierungsarbeiten zur Voraussetzung gehabt haben sollte (LG Berlin, Urteil vom 20. November 2012 – 63 S 130/12 -, Rn. 5, juris).
Eine derartige umfangreiche Kernsanierung hat die Klägerin jedoch unstreitig nicht vorgenommen. Vielmehr hat sie sich auf die nach dem Wortlaut ausdrücklich nicht zu berücksichtigende energetischen Modernisierungsarbeiten (Dämmung, lsolierglasfenster, Einbau neuer Heizanlage und Strangsanierung) sowie auf die mit der Zusammenlegung von Wohnraum notwendigerweise verbundenen Grundrissänderung einhergehenden Modernisierungen, die zu einer Gebrauchswerterhöhung führen (Modernisierung Bad, Malerarbeiten) beschränkt. Dies steht jedenfalls nicht der Errichtung eines Neubaus gleich, wobei es nicht vorrangig auf die jeweiligen Kosten im Vergleich zu den Kosten der Neuerrichtung eines Hauses ankommt, sondern vielmehr darauf, ob durch die Arbeiten, die nicht reine Modernisierungsarbeiten sind, auch die technischen Vorgaben z.B. in Bezug auf den Schallschutz und Trittschallschutz zum Zeitpunkt der Maßnahmen eingehalten werden. Derartige Maßnahmen hat die Klägerin jedoch unstreitig nicht ausgeführt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
Die Entscheidung zur Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
24.06.2018