Für Siegfried Kracauer ist Berlin keine Komposition, sondern ein „Geschöpf des Zufalls“, wie er 1931 in seinem Essay „Aus dem Fenster gesehen“ schreibt. Er wohnte damals in der Lietzenburger Straße, später in der Sybelstraße, wo die Typenbauten der Gründerzeit reich an architektonischen Details waren. Für ihn prägten nicht das Brandenburger Tor oder die Gedächtniskirche das Gesicht der Stadt, sondern die zahlreichen Details, die sich zu einem Stadtbild zusammenfügen lassen.
Die Fotografin Nadine Blanke und ihre Kollegen Carsten Horn, Thilo Mokros und Alexander Nicolussi, allesamt Absolventen der Neuen Schule für Fotografie, folgen dieser Philosophie und den Vorschlägen des Architekturjournalisten Frank Peter Jäger und entdecken die „urbane Textur einer Großstadt“, so der Titel des Begleitbuches zur Ausstellung, im Alltäglichen. Die Ausstellung zeigt keine Postkartenmotive, sondern die Schönheit des Alltäglichen, die sich unter anderem im Berliner Mietshaus mit seiner individuellen Ausstattung, in der Gestaltung des Trottoirs und in den Pflastersteinen der Straßen, der Architektur der S- und U-Bahnhöfe, in den Straßenlaternen und unzähligen weiteren Details manifestiert. Die Fotos der Ausstellung, ein Beitrag zum MakeCity-Festival, zeigen besser als jeder Reiseführer die Juwelen der Alltagsarchitektur Berlins.
rb
Ausstellung vom 25. Juni bis 31. August 2018,
Architektenkammer Berlin, Alte Jakobstraße 149, 10969 Berlin,
Montag bis Donnerstag 9 bis 17 Uhr, Freitag 9 bis 15 Uhr
30.06.2018