Leitsatz:
Die Klage auf Genehmigung der Hundehaltung ist unbegründet, wenn der Vermieter auf Grundlage einer unwirksamen Tierhaltungsklausel den Mieter abgemahnt hat. Denn die Tierhaltung ist aufgrund der Unwirksamkeit der mietvertraglichen Regelung auch ohne Erlaubnis möglich. Dem Kläger fehlt infolgedessen ein Rechtsschutzinteresse für die von ihm angestrengte Klage, sodass diese aus diesem Grund unbegründet ist.
AG Wedding vom 11.10.2017 – 3 C 176/17 –
Mitgeteilt von RAin Stefanie Mitzkat-Schulz
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Im Mietvertrag heißt es: „Kleintiere, wie Vögel, Zierfische, Schildkröten, Hamster, Zwergkaninchen oder vergleichbare Tiere darf der Mieter ohne Einwilligung des Vermieters im haushaltsüblichen Umfang halten. Andere Tierhaltung des Mieters, insbesondere Hundehaltung, ist nur bei vorheriger Zustimmung des Vermieters gestattet.“
Ein Antrag zur Hundehaltung vom 14.3.2017 wurde mit Schreiben vom 21.3.2017 ausdrücklich abgelehnt, ohne eine nähere Begründung dazu mitzuteilen. Daraufhin erhob der Mieter Klage und beantragte, den Vermieter zu verurteilen, ihm die Haltung des Hundes zu genehmigen.
Das Amtsgericht wies die Klage als unbegründet ab. Der Kläger habe keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Genehmigung der Hundehaltung, da er insoweit kein Rechtsschutzbedürfnis für die von ihm angestrengte Klage habe. Die mietvertragliche Formularklausel sei unwirksam. Denn eine Klausel, nach der Hunde nur nach vorheriger Erlaubniserteilung durch den Vermieter zu halten sind ohne die Voraussetzungen für die Erteilung einer solchen Erlaubnis zu regeln und klarzustellen, an welche überprüfbaren Beurteilungsvoraussetzungen die Erteilung der Erlaubnis gebunden ist, benachteilige den Mieter unangemessen (BGH vom 25.9.2012 – VIII ZR 329/11 –). Bei der hiesigen Regelung stehe es im freien, an keine nachprüfbaren Voraussetzungen gebundenen Ermessen des Vermieters, die Zustimmung zur Hundehaltung zu erteilen oder zu versagen, ohne dass der Mieter demgegenüber einen vertraglichen Anspruch auf gegebenenfalls Gestattung der Hundehaltung hätte.
Aufgrund der Unwirksamkeit dieser vertraglichen Regelung habe der Kläger keinen Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis zur Hundehaltung, denn diese sei aufgrund der Unwirksamkeit der mietvertraglichen Regelung auch ohne Erlaubnis möglich. Ihm fehle infolgedessen ein Rechtsschutzinteresse für die von ihm angestrengte Klage, so dass diese aus diesem Grund unbegründet sei.
Urteilstext
Tatbestand
Der Kläger und Widerbeklagte ist Mieter einer Wohnung im Hause K.-straße xx in 1xxxx Berlin, deren Vermieterin die Beklagte ist.
Die Drittwiderbeklagten zu 2. bis 4. sind die in der Wohnung des Klägers mitwohnenden Familienangehörigen.
Im Mietvertrag über die vorbezeichnete Wohnung vom 19.11.2015 ist im § 12 unter der Überschrift Tierhaltung folgende Regelung enthalten: „Kleintiere, wie Vögel, Zierfische, Schildkröten, Hamster, Zwergkaninchen oder vergleichbare Tiere darf der Mieter ohne Einwilligung des Vermieters im haushaltsüblichen Umfang halten.
Andere Tierhaltung des Mieters, insbesondere Hundehaltung, ist nur bei vorheriger Zustimmung des Vermieters gestattet“.
Der Kläger schaffte sich im Jahr 2016 einen Hund der Rasse Golden Retriever an.
Eine Genehmigung der Hundehaltung holte der Kläger vor Anschaffung des Hundes nicht ein.
Die Beklagte mahnte den Kläger in der Folgezeit mehrmals wegen des Aufenthalts des Hundes in der streitbefangenen Wohnung ab.
Ein Antrag zur Hundehaltung vom 14.03.2017 wurde mit Schreiben vom 21.03.2017 ausdrücklich abgelehnt, ohne eine nähere Begründung dazu mitzuteilen.
Nachdem der Kläger sein Interesse an einer Genehmigung der Hundehaltung, insbesondere durch eine vom Kläger vorgetragene Notwendigkeit wegen der psychischen Erkrankung des 2000 geborenen Sohnes des Klägers darlegte, gleichwohl eine Genehmigung der Hundehaltung nicht erfolgte, erhob der Kläger Klage gegen die Beklagte.
Er trägt vor, die Beklagte sei verpflichtet, die Hundehaltung dem Kläger zu genehmigen. Von der Haltung des Hundes würden keinerlei wie immer geartete Beeinträchtigungen der Mietsache oder Mitmieter ausgehen, sodass auch aufgrund der vorgetragenen Erkrankung des im Jahre 2000 geborenen Sohnes die Haltung des angeschafften Hundes zwingend erforderlich sei und daher vom Vermieter, der Beklagten, zu genehmigen sei.
Er beantragt, die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger die Haltung der Retrieverhündin zu genehmigen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie bezieht sich im Wesentlichen auf den mietvertraglich vereinbarten Genehmigungsvorbehalt für die Haltung eines Hundes und darauf, dass eine solche Genehmigung nicht erteilt wurde. Nachdem der Kläger trotz zweifacher Abmahnungen die Hundehaltung nicht beendete und den Hund nicht abschaffte, kündigte die Beklagte mit anwaltlichem Schriftsatz vom 16.08.2017 im vorliegenden Verfahren das Mietverhältnis mit dem Kläger wegen des Verstoßes gegen mietvertragliche Verpflichtung aus § 12 des Mietvertrages.
Die Beklagte erhob daraufhin Widerklage gegen den Beklagten sowie die in der Wohnung aufhältlichen Familienangehörigen als Drittwiderbeklagte mit dem Antrag,
den Widerbeklagten und die Drittwiderbeklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, die von ihnen innegehaltene Wohnung in dem Wohngebäude K.-straße xx, 1xxxx Berlin, Vorderhaus, 1. OG links, bestehend aus 5 Zim mern, einer Küche mit einer Einbauküche, zwei Fluren, einem Wannenbad mit WC und Dusche mit Duschabtrennung, Wohnfläche ca. 109,82 qm zu räumen und an die Klägerin herauszugeben.
Der Kläger, Widerbeklagte und die Drittwiderbeklagten beantragen, die Widerklage und Drittwiderklage abzuweisen.
Sie beziehen sich zur Begründung im Wesentlichen auf den bisherigen Vortrag sowie darauf, dass eine Genehmigung für die Hundehaltung zu erteilen wäre.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist, wie die gleichfalls zulässige Widerklage und Drittwiderklage unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Genehmigung der Hundehaltung, da er insoweit kein Rechtsschutzbedürfnis für die von ihm angestrengte Klage hat.
Die im Mietvertrag enthaltene Regelung in § 12 hinsichtlich der Tierhaltung ist bzgl. der Einschränkung für die Haltung von Hunden, die nur bei vorheriger Zustimmung des Vermieters gestattet sein soll, im Sinne von § 307 Abs. 2 Satz 1 BGB unwirksam. Bei den Regelungen im § 12 des Mietvertrages handelt es sich um eine für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingung, die die Beklagte dem Kläger gestellt hat und somit um allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB. Die Regelung im § 12 des Mietvertrages ist jedoch zu unbestimmt, da dort nur enthalten ist, dass Hunde nur bei vorheriger Zustimmung des Vermieters gehalten werden dürfen, ohne klarzustellen, unter welchen Voraussetzungen eine solche Erlaubnis erteilt wird. Eine Klausel nach der Hunde nur nach vorheriger Erlaubniserteilung durch den Vermieter zu halten sind ohne die Voraussetzungen für die Erteilung solcher Erlaubnis zu regeln und klarzustellen, an welche überprüfbaren Beurteilungsvoraussetzungen die Erteilung der Erlaubnis gebunden ist, benachteiligt den Mieter jedoch unangemessen (vgl. BGH, WuM 2013, 220 ff., AG Neukölln, Urteil vom 01.04.2015, Az: 20 C 255/14). Bei der vorbezeichneten Regelung steht es im freien, an keine nachprüfbaren Voraussetzungen gebundenen Ermessen des Vermieters, die Zustimmung zur Hundehaltung zu erteilen oder zu versagen, ohne dass der Mieter dem gegenüber ein vertraglichen Anspruch auf ggf. Gestattung der Hundehaltung hätte.
Das Halten eines Hundes gehört jedoch in vielen Fällen, ohne hier näher erklären zu müssen ob dies im vorliegen Fall auch der Fall sein würde, zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache, sodass die Regelung des Erfordernisses einer nichtnachprüfbaren Voraussetzung gebundenen Zustimmung des Vermieters zur Tierhaltung i. S. d. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB gegen den wesentlichen gesetzlichen Grundgedanken der Gebrauchsgewährungspflicht des Vermieters nach § 535 Abs. 1 BGB verstößt.
Es ergibt sich mithin, dass die vertragliche Regelung in § 12 des vorbezeichneten Mietvertrages über die streitbefangene Wohnung unwirksam ist. Aufgrund der Unwirksamkeit dieser vertraglichen Regelung hat der Kläger keinen Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis zur Hundehaltung, denn dies ist aufgrund der Unwirksamkeit der Regelung im § 12 auch ohne Erlaubnis möglich. Ihm fehlt infolge dessen ein Rechtsschutzinteresse für die von ihm angestrengte Klage, sodass diese aus diesem Grund unbegründet ist.
Gleichfalls unbegründet ist die Widerklage und Drittwiderklage aufgrund der im Schriftsatz der Beklagten vom 16.08.2017 erklärten Kündigung des Mietverhältnisses wegen Verstoßes gegen § 12 des Mietvertrages. Wie bereits oben ausgeführt ist die Regelung im § 12 des Mietvertrages unwirksam, sodass ein Verstoß gegen diese Regelung keinen Kündigungsgrund darstellt. Weitergehende Gründe sind in der vorbezeichneten Kündigung nicht als deren Grundlage aufgeführt und daher nicht zu prüfen.
Die Widerklage und Drittwiderklage ist daher unbegründet und gleichfalls abzuweisen.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 708 Nr. 7, 11, 711 ZPO
20.08.2018