Leitsatz:
Der formularmäßige Ausschluss der Kautionsverzinsung in einem Wohnraummietvertrag aus dem Jahr 1966 stellt keine unangemessene Benachteiligung des Mieters dar, weil der Vermieter zu dieser Zeit zu einer Verzinsung der Kaution (noch) nicht verpflichtet war.
BGH vom 21.8.2018 – VIII ZR 92/17 –
Langfassung: www.bundesgerichtshof.de [PDF, 8 Seiten]
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Der im Jahre 1966 geschlossene Mietvertrag enthielt folgende Klausel: „Der Mieter erklärt sich bereit, einen Baukostenzuschuss in Höhe von DM 2000,00 […] und eine Mietkaution in Höhe von DM 500,00 […] bei Vertragsabschluss zu zahlen. Beide Beträge sind unverzinslich […].“
Im Jahr 2015 endete das Mietverhältnis. Der Mieter verlangte nunmehr die Rückzahlung des Kautionsguthabens sowie – von ihm mit 670,02 Euro errechnete – Zinsen aus der Kaution.
Es kam zum Prozess, in dem der Mieter sowohl vor dem Amtsgericht als auch vor dem Landgericht mit seiner Klage unterlag. Der BGH folgte den Instanzen im Ergebnis, indem er darlegte, warum die 1966 vereinbarte Mietvertragsklausel, die den Anspruch auf Verzinsung der Kaution ausschloss, wirksam sei.
Bei der Beurteilung, ob eine Klausel den Vertragspartner des Verwenders – hier also den Mieter – unangemessen benachteiligt, sei im Individualprozess grundsätzlich auf die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen.
Bis 1968 wurde, soweit ersichtlich, die Frage der Verzinslichkeit der Kaution weder im Schrifttum noch in der Rechtsprechung erörtert. Erst ab 1971 mehrten sich sodann nach und nach Stimmen, die dafür eintraten, den Vermieter zu einer Verzinsung zu verpflichten. In Anbetracht dessen hatte der BGH einen im Jahr 1972 geschlossenen Mietvertrag, der keine ausdrückliche Regelung zur Verzinslichkeit der Barkaution enthielt, dahingehend ausgelegt, dass der Vermieter den Kautionsbetrag zu verzinsen habe (BGH vom 8. Juli 1982 – VIII ARZ 3/82 –).
Der Gesetzgeber habe die Verzinslichkeit der Mietkaution erst im Jahr 1980 angeordnet, und auch dies zunächst nur für den Sozialen Wohnungsbau (§ 9 Abs. 5 WoBindG). Für nicht preisgebundenen Wohnraum wurde erstmals eine Verzinsungspflicht für Mietkautionen zum 1. Januar 1983 ins BGB eingefügt (§ 550 b Abs. 2 BGB a.F.).
Da ein Vermieter von Wohnraum demnach im Jahr 1966 rechtlich nicht zur Verzinsung der Mietkaution verpflichtet war, sei ein formularmäßiger Ausschluss der Verzinsung in einer solchen Fallgestaltung nicht zu beanstanden.
Dieses Ergebnis werde auch durch die Übergangsvorschrift des Artikel 229 § 3 Abs. 8 EGBGB bestätigt. Obgleich die Verzinsungspflicht des § 551 BGB mit Wirkung seit dem 1. September 2001 grundsätzlich auch auf zu diesem Zeitpunkt bereits bestehende Mietverhältnisse anzuwenden sei, gelte dies nach der Übergangsvorschrift des Artikel 229 § 3 Abs. 8 EGBGB nicht, wenn die Verzinsung der Kaution vor dem 1. Januar 1983 mietvertraglich ausgeschlossen worden war.
Fazit: Die Kaution muss verzinst werden bei Mietvertragsabschlüssen ab 1983 – egal, was hierzu im Mietvertrag steht. Bei älteren Mietverträgen (vor 1983), in denen die Verzinsung der Kaution vertraglich ausgeschlossen ist, kann der Mieter keine Zinsen fordern. Enthält der ab 1972 geschlossene Mietvertrag keine Regelung, ob die Kaution zu verzinsen ist oder nicht, muss der Vermieter Zinsen zahlen.
19.11.2018