Ärger mit den Nachbarn oder Mitbewohnern kann einem das Wohnen ganz schön vergällen. Mit einer Mediation, wie sie der Berliner Mieterverein (BMV) seit vielen Jahren anbietet, erreicht man häufig mehr als mit gerichtlichen Schritten.
Die Nachfrage nach einer Konfliktvermittlung nimmt zu, und das habe auch mit der Wohnungsnot zu tun, sagen die beiden BMV-Mediatorinnen. Man kann eben nicht mehr einfach ausziehen, wenn man Stress mit seinen Nachbarn hat, erklären H. Fenske und Yvonne Vita. In 70 bis 80 Prozent ihrer Fälle geht es um Lärm. Gerade hier schaukeln sich die Emotionen oft hoch. Eine gerichtliche Auseinandersetzung – nachdem man monatelang akribisch Lärmprotokolle geschrieben hat – bringt meist nichts. Zudem werden juristische Auseinandersetzungen zwischen Mietern grundsätzlich nicht vom BMV geführt.
Bei einer Mediation geht es darum, eine gütliche Einigung zu finden – unter Berücksichtigung der Bedürfnisse beider Seiten. Manchmal kann die Lösung verblüffend einfach sein. So war es auch im Fall einer Pizzeria, die eigentlich zugesagt hatte, dass in der Küche ab 23 Uhr Ruhe herrscht. Doch oft wurde die Deadline im Eifer des Gefechts überzogen. Die Mieterin, die oben drüber wohnte, hatte aber keine Lust, jeden Abend nach unten zu gehen, um sich zu beschweren. Die Lösung, die in der Mediation gefunden wurde: ein Wecker, der in der Küche steht und pünktlich um 23 Uhr klingelt.
Das oberste Prinzip einer Mediation: Die Mediatoren sind überparteilich und machen selber keine Vorschläge. „Niemand weiß so gut wie die Betroffenen selbst, welche Lösung für sie die beste ist“, betont Fenske. Vielmehr unterstützen die beiden ausgebildeten Mediatorinnen die Parteien dabei, nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen, die beiden Seiten gerecht werden und ihre Situation verbessern. Yvonne Vita ist Rechtsberaterin, aber die juristische Sicht bleibt bei einem Mediationsverfahren außen vor. „Juristisch ist man gegeneinander, bei der Mediation miteinander“, betont Vita.
Dass es hilfreich ist, eine objektive dritte Partei dabei zu haben, kann Jens Hagen* nur bestätigen. Der Mieter hört morgens gern mal Musik – seiner Meinung nach in Zimmerlautstärke: „Ich hatte zuvor noch nie irgendwelche Probleme im Haus.“
Doch das neu eingezogene Pärchen von oben drüber stand regelmäßig bei ihm auf der Matte, um sich zu beschweren. Nach ein paar unschönen Szenen im Treppenhaus kommunizierte man nur noch schriftlich miteinander. Schließlich regte Jens Hagen eine Mediation an. Dabei stellte sich dann heraus, dass das Pärchen schon zufrieden damit war, dass er die Lautstärke reduzierte. Aber sie befürchteten, dass es nicht auf Dauer so bleiben würde. Die schriftliche Vereinbarung, die am Ende jedes erfolgreichen Mediationsverfahren steht, schafft hier Verbindlichkeit für beide Seiten. Mit dem gefundenen Kompromiss ist der Mieter zufrieden – auch wenn er sich einschränken muss: „Im Gegenzug sagen mir die beiden Bescheid, wenn sie mal in Urlaub fahren.“ Dann kann er mal etwas lauter aufdrehen.
Besser bevor die Fronten verhärtet sind
In etwa der Hälfte aller Fälle ist die Gegenseite nicht zu einer Mediation bereit. „Wir können natürlich niemanden zwingen, eine Mediation beruht immer auf dem Prinzip der Freiwilligkeit“, erklärt Fenske.
Mitunter geht es auch um Konflikte innerhalb einer Wohngemeinschaft, zwischen Hauptmieter und Untermieter oder auch zwischen Vermieter und Mieter. Wenn möglich, ist auch in diesen Fällen die Mediation einer rechtlichen Auseinandersetzung vorzuziehen.
„Eine Mediation ist kein Allheilmittel und nicht immer haben wir Erfolg, aber der Versuch lohnt sich“, meint Yvonne Vita. Oft können auf diesem Weg bessere und vor allem schnellere Lösungen erreicht werden. Am meisten Erfolg verspricht eine frühe Intervention, bevor die Fronten völlig verhärtet sind.
Birgit Leiß
* Namen der Redaktion bekannt
So funktioniert‘s
Wer Interesse an einer Mediation hat, kann sich per E-Mail (mediation@berliner-mieterverein.de) oder telefonisch (Tel. 030 226 26-187) melden. Das Telefon ist donnerstags von 17 bis 18 Uhr besetzt, ansonsten läuft der Anrufbeantworter. Wenn das Vorgespräch ergibt, dass eine Mediation Sinn macht, nehmen die Mediatorinnen Kontakt zur Gegenseite auf. In der Regel finden ein oder zwei Sitzungen statt. Besprechungsort ist die Geschäftsstelle des Mietervereins in der Spichernstraße 1. Das Angebot ist kostenlos, sofern eine der beiden Parteien Mitglied im BMV ist. Bei der Vermieter-Mieter-Mediation sollte vorab die rechtliche Situation in der Rechtsberatung geklärt werden.
bl
20.06.2023